Ich sah nun vor mir einen mächtig grofsen Bau (imaret) aus Holz und
buntem Steinwerk mit offener Vorder- und Hinterwand, sowie eine kleine
Thür und mehrere Stufen, die zu einem grofsen, mir noch halb unsichtbaren
Saale (taldr) führten. Der Ober-Ceremonienmeister sprach nun mit
lauter Stimme auf Persisch einige Worte, die sich auf die Ankunft des
preußischen Abgesandten bezogen. Wie es mir vorkam, erfolgte eine bejahende
Antwort von dem Imaret her. Weiter vorschreitend, dem Hause
zu, mufsten wir die Heberschuhe ausziehen und uns wiederum verneigen.
Da sahen wir plötzlich in dem offenen Saale den Padischah vor seinem
Throne stehen. Zum. dritten Male tiefe Verneigungen. Nun heiraten wir
die Stufen, gingen in die Thüre hinein und befanden uns endlich vor dem
Schah. Ein schöner Mann, anfangender Dreifsiger, mit klugen durchdringenden
Zügen und grofsem schwarzem Schnurrbart. E r trug einen hellleuchtenden
goldbrokatenen Kaftan, den auf der Brust eine grofse Agraffe
von ächten Perlen und blauen Edelsteinen zusammenhielt. Sein Haupt bedeckte
die persische hohe schwarze Pelzmütze, welche ein Büschel von
Glasfedern und eine kostbare Diamantagraffe zierte. Im Uebrigen war der
Schah europäisch gekleidet, in weifsen Strümpfen vor seinem von Diamanten
und Steinen blitzenden Thron stehend.
Der offene Saal, welcher nach der einen Seite die Aussicht auf ein
grofses Bassin gewährte, mit Wasserrinnen aus hellblauen gebrannten Ziegeln
eonstruirt, war ganz mit Spiegelwerk bedeckt. An der einen Seite,
sehr hoch, waren einige Oelbilder älterer europäischer Meister und ziemlich
verschossene Gobelins angebracht, von der Decke hingen drei grofse
Glaskronen hernieder, im Saale standen zum gröfsesten Theil feine europäische
Möbel und Schmucksachen. Im Hintergründe öffnete, sich ein kleines
Arbeitszimmer.
Das Bild unseres königlichen Herrn stand an eine Säule gelehnt, gegenüber
die Porzellanvasen mit Ansichten von Babelsberg, Sanssouci und des
Berliner Schlosses. Hinter diesen letztgenannten Geschenken hielten vier
persische Grofswürdenträger mit Diamanten besetzte Säbel über die Brust hin.
Hr. Baron von Minutoli hielt seine Antrittsrede, die der uns begleitende
persische Dolmetscher aus dem Französischen in das Persische übersetzte.
Der Schah war in seiner Antwort äufserst lebhaft und drückte seine
Freude über die Ankunft der ersten preufsischen Gesandtschaft in Persien
aus. Als ihm der Minister den Schwarzen Adler-Orden überreichte, öffnete
er das Etui, betrachtete eine Zeit lang den Orden und übergab ihn alsdann
nebst dein Anschreiben dem Ober-Ceremonienmeister. Er Iragte nach dem
Befinden unseres Königs, auch nach Sanssouci, und schien mit der Geschichte
unseres grofsen Königs Friedrich vertraut zu sein.
Wir zogen uns endlich rückwärts schreitend mit angemessenen Verbeugungen
zurück, machten noch dem Minister der auswärtigen Angelegen
heiten im Palast einen Besuch und kehrten dann unter demselben Geleite,
wie wir gekommen, nach unserem Garten 7 Uhr Abends heim.
XVII. Kapitel.
T e h e r a n u n d die n ä c h s t e Umg e b u n g .
Da wir in der Stadt keine passende Wohnung gefunden hatten,, so
olieben wir bis Ende Mai in dem gästfreundschaftlich angebotenen Hause
mitten im schönen Rosengarten, und schienen beinahe entschädigt für so
manche Enttäuschung geträumter Hoffnungen auf unsern voraussichtlich
längeren Aufenthalt in Persien und unter den Persern. Die Anlage, wie
alle Rosengärten des Schah, an der Strafse gelegen, die von Teheran nach
den Dörfern am Fufse des Elburs in nördlicher Richtung führt, war'tagtäglich,'
besonders nach dem Nachmittagsgebet, von Persern, nie von Perserinnen,
besucht. Wir hatten somit die beste Gelegenheit, den Charakter
der Teheräner nach manchen theilweise drolligem Seiten hin kennen zu
lernen.. Mit den buntfarbigsten Gewändern bekleidet, meist in hellgrünen
Röcken und purpurrothen Beinkleidern, die schwarze Pelzmütze nach hinten
über gesetzt, nachlässig mit; einem Spazierstöckchen spielend, wieires
die Stutzer bei uns zu thun pflegen, Rosensträufse in den Händen tragend,
den Blick alle Augenblick nach der silbernen oder, goldenen Uhr gerichtet,
lustwandelten die schwatzenden und lachenden Söhne Teherans in den
Gängen des Gulütdn einher, — gewöhnlich paarweise sich an der Hand
haltend, — rissen die vollblättrigen Rosen von den Sträuchen herunter,
oder schlugen sie mit ihrem Stöckchen ab, dafs die Blätter der persischen
Lieblingsblume nach allen Seiten hin zerstreut auf den Wegen umherlagen.