Die zweite Moschee war, so hatte es den Anschein, im Bau begriffen.
Sie bestand einfach aus einem niedrigen Thurme, der aus unbehauenen
grofsen Feldsteinen mit Hülfe von Mörtel zusammengefügt war. An dem
oberen Rande des unvollendeten Thurmes safsen noch die Holzpflöcke,
dessen sich die Maurer zur Stütze von Bretterlagen bedient hatten. Eine
Mauer ähnlicher cyklopischer Bauart umschliefst im Viereck das Gebäude.
Alt und verräuchert ist die dritte Moschee mit ihrem Thurme. Sie
scheint ausgedient zu haben, da es uns gestattet wurde, in das Innere, noch
dazu beschuht, einzutreten. In der offenen Halle sahen wir viele Grabsteine
aufgestellt, meist aus schwarzem Granit mit prachtvollen eingeschnittenen
arabischen und persischen Inschriften. Nie habe ich wieder, in ganz Persien,
so schön gearbeitete Schriftwerke in Stein gesehen.
Auch der Schornstein ähnliche Thurm gehört einer Moschee an. Eine
holprige Treppe führt auf den obersten Rand, doch wagte ich nicht hinaufzusteigen,
da mir das geborstene Gebäude einen entschiedenen Hang zur
baldigen Vereinigung mit dem Erdboden durch seine Pisaner Stellung au's-
zodlücken schien.
Bei unserer Rückkehr nach dem Garten hofften wir die Karawane bereits
marschfertig äufgestellt zu sehen. Leider hatten wir nicht in Rücksicht
gezogen, dafs die persischen Karawanenführer (die Tscherwadare) zu
den grimmigsten Feinden pünktlichen und frühzeitigen Aufbrechens gehören
und eben so viel Schwierigkeiten als Aerger bereiten', bevor das hemeh
hazir „alles ist fertig“ von ihren Lippen ertönt. Diesmal lag die Schwierigkeit
in der Einfangung der Maulthiere, die den Aussagen der Tseher-
wadares zufolge sämmtlich weggelaufen waren, um die grüne Hingebung
von Demawend zu ihren gastronomischen Studien zu verwenden. Ein ganzer
Tag und eine ganze Nacht verstrich so in nutzlosester Weise; sobald
ein Maulthier eingefangen war, hatten zwei andere von Neuem das Weite
gesucht.
Endlich wurde das Zeichen zum Aufbruch am nächsten Morgen um
neun Uhr gegeben. Unser Wirth, der Landessitte entsprechend,, lief bis
zum Weichbild der Stadt neben dem reitenden Eltschi einher; ich selber
war erstaunt über zerstreut liegende alte Werkstücke mit Resten schöner
kufischer Inschriften. Dieselben weisen auf eine glänzendere Vergangenheit
der Stadt zurück, als sich aus den gegenwärtigen architektonischen Zuständen
der Moscheen errathen läfst. Nach den persischen Geographen
wurde die Gegend von Demawend unter dem Khalifat Osman’s im Jahre 29
oder 30 der Hidschret von Sa'id, dem Sohne von El-Ass, erobert. Sonst
vermelden sie nichts weder über die Geschichte noch über die Merkwürdigkeiten
des Ortes.
Unsere Reise, bewegte sich in der Richtung nach Teheran zu in dem
oben beschriebenen wüsten, Steinigen Thale, das in endloser Länge und
steter Eintönigkeit der Umgebung von niedrigen Höhen rechts und links
eingeschlossen ist. Nach einem Ritte-von acht Stunden erreichten wir das
wilde Thal des Dschadscherud. Auch an dieser Stelle verläugnete sich der
Charakter dieses Flufsdurchbruches nicht. Rechts und links steile Felswände;
zum Theil mit Höhlen, in welchen Arbeiter ihr Menzil aufgeschlagen
hatten, die so eben eine schöne Steinbrüeke über den Flufs vollendet
hatten. Der ungewohnte Anblick eines solchen modernen Baues erregte
um so mehr unsere Neugierde, als’ viel belebtere Karawanenstrafsen der
Wohlthat guter Brücken entbehren. Wir hörten, dafs die Brücke für den
Schah erbaut worden sei, der in dem Thale des Dschadscherud sehr häufig
auf -die Jagd (besonders auf Rebhühner ) mit seinem ganzen Trosse
auSzieht.
Wir müssen noch bemerken, dafs etwa halbweges zwischen diesem
Thale und der Stadt Demawend zwei Dörfer an der Strafse liegen, Iludehtn
und Bumehin, in der Nähe magerer Wässerstreifen, besonders merkwürdig
ihrer Bewohner wegen, welche der Secte der AliallaM angehören.
Unter den Schiiten ist das Sectenwesen eine so verbreitete Erscheinung
wie unter den russischen Katholiken. Die erwähnten AliallaM halten
den Imam Ali gradezu für Gott; ihr negatives Glaubensbekenntnifs ist in
den folgenden Worten enthalten:
Ali-ra khuda ne-nvi-danem
Welli äz khuda dscheddeh ne-nvi-danem
d. h. „ob Ali Gott sei weifs ich nicht, aber auch ob er von Gott unterschieden
sei, weifs ich nicht“. Unsere Diener, darunter ein AliallaM, in
dem ich nie eine Spur religiöser Gesinnungen zu entdecken vermochte, erzählten,
dafs diese Sectirer weder' den Koran läsen, noch eine Moschee
besuchten, sondern Männer und Frauen gemeinschaftliche Versammlungen
des Abends bei Licht hielten, wobei ihnen uin Moliah etwas vorpredigte.
Nach der Predigt würde das Licht ausgelöscht und — nach Sitte der Mormonen
verfahren. Ueber diesen letzten Punkt, slauben wir. haben uns die