überwältigen. Zuerst bewegte er im Tact, doch kaum merklich die Fiifse,
dann die Beine, dann die Hände, dann die Arme, zuletzt ging die kleine
Gestalt, dem die Freude aus den Augen glänzte, in einen vollständigen
Kosaken tanz über.
Seine Leute standen kerzengrade, keiner verzog eine Miene. Die Entzückungen
des kleinen Vorgesetzten durften ihnen keinen Grund zu einer
ähnlichen Begeisterung abgeben, und wenn Orpheus mit der Leier selber
leibhaftig erschienen wäre.
11 ir fragten nach dem Inhalte des Liedes. Es war politischer Natur.
Der Dichter iing mit dem unglücklichen Krimkriege a n , und ersucht den
Kaiser Napulian, gefälligst wiederzukommen. Gott habe die Russen strafen
w-ollen, sein Wille sei erfüllt, die Belohnung könne ja nun nicht ausbleiben
und der Sieg sei gewifs.
Die Leute wurden beschenkt. Die Kosaken hatten bald eine Quantität
asiatischen Wodka an Ort und Stelle geschafft, bestiegen das Dach des
Hauses und sangen aus Dankbarkeit die ganze Nacht in stehender Stellung
ihre Kosakenlieder durch, so dafs wir kaum die Augen zu schliefsen vermochten.
Und wenn dies geschah, drang uns' ein Hurrah in die Ohren,
das einen Siebenschläfer erwecken mufste.
In aller Frühe wurde die Station verlassen und der Weg nach Eriwan
eingeschlagen. Die vulkanische Natur der Gegend verläugnete sich nirgends.
Grofse, wie Pech glänzende Stücke schwarzen und rothen Obsi-
dianes lagen auf der ganzen steinigen Strafse umher.
Um 7 Uhr Morgens sahen wir den Ararat in majestätischer Gröfse vor
uns liegen. Wenig Berge, mögen sie selbst höher- als der'Gipfel des Siind-
fluthberges (16,070 Par. Fufs) sein, wirken durch ihren Anblick so mächtig
auf die Anschauung, als der hohe armenische Wetterprophet, eine Folge
seiner isolirten Stellung auf dem armenischen Hochlande.
In der Nähe eines armenischen Dorfes hatten wir eine Höhe überwunden,
die uns eine freie, unbehinderte Aussicht gestattete. Eine grofse
Ebene dehnte sich lang vor unseren Blicken aus. In einer Entfernung von
etwa zehn deutschen Meilen erhob sich unserem Standpunkte gegenüber,
auf der anderen Seite der Ebene, die gigantische Pyramide des Ararat,
mit dem sogenannten kleinen Ararat, einem niedrigen fast regelrechten
Kegel, an seinem Fufs. Die Luft war so klar und durchsichtig, dafs der
Gipfel des Ararat wolkenfrei dalag und dafs wir, selbst ohne Gläser, sehr
deutlich die drei Spitzen, zwischen welchen der Volkssage nach die Arche
Noah’s geruht haben soll, zu unterscheiden im Stande waren. Nach rechts
zu fällt der Kolofs zu niedrigen Höhenzügen ab, die sich wie eine lange
Mauer bis zum fernen Horizonte hinziehen. Der gröfste Theil des grofsen
und kleinen Ararat, so wie der anstofsende Gebirgsrücken war mit Schnee
bedeckt. Ein dunkler, in matte Nebel gehüllter Streifen zeigte die Grenze
des schneelosen Theiles an, der sich in sanftem Abfall zur Ebene herabsenkte.
Dem Ararat nahe schlängelte sich der gewundene Araxes wie ein
dünner Silberfaden durch die Ebene. Deutlich war in der Mitte derselben
die Stadt Eriwan, und in einiger Entfernung davon Etschmmdzin, das armenische
Rom, zu erkennen.
Wir rücken Persien immer näher. Seit dem Jahre 1827 ist der Ararat
der riesige politische Markstein geworden, an welchem das russische, türkische
und persische Reich zusammenstofsen.
Der Weg niederwärts zur Ebene, die immer noch beinahe 3000 P. F.
über dem Meeresspiegel liegt, ist abschüssig, steinig wie ein Wüstenplateau.
In der Nähe eines mit Wasser gefüllten Kanals, hart an der Strafse, welche
sieh durch die Ebene hinzieht, begegneten wir einer bedeutenden Kameel-
karawane. Graf Simonitsch, von Jung und Alt hier zu Lande gekannt und
wertbgesehätzt, forderte die Leute des grofsen Zuges auf, einen Kameel-
kampf zur Schau zu geben.
Die Wagen hielten, wir stiegen aus, um das seltene Schauspiel zu ge-
niefsen. Zwei männliche Thiere wurden vorgeführt und von den Karawanenführern
nahe aneinander gebracht und in jeder Weise gereizt Man
schob und stiefs sie aneinander, kniff und zwackte sie in den Leib, und
ermunterte sie. mit lauter Stimme so lange, bis eines der Thiere aus seinem
Phlegma herausfuhr und zornig wurde. Meiner Meinung nach hätten
die Kameeltreiber das Ziel des Angriffes sein müssen. Beide Thiere aufseiten
nun nach Kameelweise ihre .Wuth auf das Thatsächlichste. Schnaubend
und grunzend drückten und schoben sie die ungeschlachteneu Leiber aneinander
und drängten sich in langsamen Bewegungen von dem Platze, den
sie grade einnahmen. Diesem ziemlich ungefährlichen Manoeuvre folgte
nun der eigentliche Zweck des Drängens und Schiebens ^ beide suchten die
günstige Gelegenheit, sich, wie man's nennt, ein Bein zu stellen. Lange
quälten sich beide ab, ihr Ziel zu erreichen, bis dann endlich das eine
Thier mit den Vorderbeinen niederstürzte und von dem ändern au der