fang auf den See auszufahren. Die Bewohner des flüssigen Elementes haben
einen gepriesenen Ruf und die Forellen, Karpfen und Schleien des
Goktscha wandern bis nach Tiflis und Eriwan.
Trotz der Besorgnifs vor Eieberanfällen, die sich sehr häufig nach dem
Genüsse von Fischen einstellen, konnten wir der Verführung nicht widerstehen
und die ganze Mission labte sich an dem Genüsse der -vortrefflichen
Lachsforellen des Goktscha-Sees.
Der Weg von Ellenmvka bis Eriwan ist unbeschreiblich traurig, besonders
in der Jahreszeit, die wir zur Reise durch den Kaukasus zu wählen
genöthigt waren. Die Natur hat hier die Spuren vulkanischer Thätigkeit
ohne Unterbrechung so massenhaft hinterlassen, dafs man keinen Schritt
thun kann, ohne auf die Zeugen ehemaliger Umwälzungen durch das Feuer
im Innern des Erdkörpers zu stofsen.
D ieS tra fse , welche vom Goktscha-See aus in das Innere vom russischen
Armenien führt, läfst den armenischen Flecken Neu-Bajaset linker
Hand liegen. Dies ist wohl der bewohnteste Platz unter den 60 bis 65 Ortschaften
an den Seeufern, welche heute zu Tage von Armeniern, Tataren
und russischen Kolonisten bewohnt sind. Früher soll die Bevölkerung bei
weitem stärker gewesen sein. „Aus der Menge von Ruinen, auf welche
man an den Ufern des Sees überall stöfst, zu urtheilen, mufs die ganze
Gegend in früheren Zeiten in der That stark bewohnt gewesen sein. Ueberall
findet man Ueberbleibsel von alten Abdämmungen und Wasserleitungen
('Hauptzeugnisse alter Cultur!); eine Menge von Plätzen, auf denen man
vierkantige Löcher mit einem verfallenen Steinwall umgeben, als die Rudera
menschlicher Wohnungen erkennt; viele zerstörte. Kirchen, oft von mühsamer
Arbeit, und, was mir besonders interessant war, mit einer in Stein
gehauenen verticalen Sonnenuhr, deren Stundentheile aber gleich grofs
schienen; endlich verödete Kirchhöfe, auf welchen man bisweilen sehr verz
ierte, aus vulkanischem Gestein ausgearbeitete Denkmäler in die Erde
versunken sieht.“ (N ö s c h e l, 1. 1. S. 7.)■
Nach einstündiger Fahrt bergauf und bergab auf dem vulkanischen
Boden, dessen Spur die weite. Schneedecke und winterliche Sümpfe kaum
zu verbergen vermochten, erreichten wir um drei Uhr die Station Aktha
( Achty). Die Berglandschaft hier erinnert in manchen Beziehungen an den
Anblick des steinigen, wilden Kataraktenlandes Schelal, an der ägyptisch-
nubischen Grenze. Die Hütten des Tatarendorfes sind roh aus Steinen aufgeführt,
mit Erde bedeckt und von seltsamen Strohpyramiden überragt.
Hier und da begegnet man einem aus Thierdünger gebauten sonderbaren
konischen Hügel mit Eingang. Die Alten des Dorfes begriifsten wie in
Ellenovjka den fremden Gesandten. Auch hier wohnen neben den Tataren
Malakanen. Ein bedeutendes Ereignifs hatte in der letztver'gangenen Zeit
ihre kirchlichen Zustände erschüttert. Ein junger, hübscher Mann von
dreifsig Jahren galt als der Heiland der Secte. Die russische Regierung
hatte den Heiland nach Sibirien transportiren »lassen. Die Malakaneü, besonders
die Malakaninnen, getrosten sich seiner Wiederkunft mit der erbaulichen
Vorstellung, dafs es für ihn ein leichtes ist, sich von Sibirien
aus plötzlich nach dem geliebten Dorfe Aktha zu versetzen, wenn anders
es ihm in Sibirien nicht besser gefallen sollte, als bei ihnen.' Ich glaube,
die guten Malakanen warten noch heute.
Zwei Stunden später safsen wir in dem abgelegenen Posthause von
Fohtanka. Der Weg bis dahin ist ungemein steinig, und es is t'e in Wunder,
wenn schwache Wagenachsen ihn überwinden. Glänzende Stücke
schwarzer und rotber Lava (Obsidian) bekunden aufs neue den vulkanischen
Charakter der traurigen Gegend.
In der Station lagerte eine kleine Schaar donischer Kosaken und tatarischer
und armenischer Reiter , die uns den Nachmittag und Abend auf
das angenehmste zu unterhalten wufsten. Es gab Schauspiel über Schauspiel;
der unermüdliche junge Graf Simonitsch dirigirte alles mit unverwüstlichem
Humor.
Ein kräftig gebauter, junger Armenier gab zunächst seine Reiterkünste
zum Besten. In langem Galopp sprengte er auf seinem erst dreijährigen Rosse
vorwärts1, warf seine Pelzmütze auf die Erde und langte sie, den Körper
und den rechten Arm vom Sattel abwärts zur Erde niederbeugend, behend
auf. Er schofs das Gewehr ab, söhwang sich unter den Bauch seines dahineilenden
Thieres und lud die Schufswaffe von neuem. In voller Carriere
war es ihm ein leichtes, vom Pferde hinabzuspringen, eine Strecke nebenher
zu laufen und sich mit gleicher Geschicklichkeit wieder aufs Rofs zu
schwingen. In derartigen Fertigkeiten sind die Armenier und Tataren
gleich ausgezeichnet.
Ein Ringkampf folgte den Exercitien zu Pferde. Der Wettkampf, von
mehreren Paaren armenischer und tatarischer Bewohner ausgeführt, hat viel
Aehnlichkeit mit den bekannten schweizerischen Ringspielen. Niemand war