Thürrne mit Zinnen laufen die steilen Felskanten entlang. Der innere
Raum war mit Gras bewachsen, ein verfallener Steinbau in der Mitte wies
allein auf Spuren menschlicher Wohnungen hin. Die ganze Feste führt
heutzutage den Namen K a l'a -i- äukhtar „das Juugfernschlofs“, gerade so
wie die steinerne Brücke, am Fufse derselben über den KyzyEdi.zen-- den
Namen Pul-i-dukhtar „die Jungfernbrücke^ trägt. Der Sage nach, die
übrigens den Nanien des Erbauers oder vielmehr der Erbauerin verschweigt,
. soll die Feste .von einer schönen Prinzessin angelegt worden sein , noch
ehe die Brüclce, das diesseitige Ufer des Kyzyl-üzen mit dem jenseitigen
verband, auf welchem ein schöner junger Schäfer Seine Heerde zu weiden
pflegte. Es entspann sich zwischen der Prinzessin hier und dem Schäfer
drüben sehr bald ein Liebesverkältnifs, Täglich -stürzte, sich der Schäferjüngling
m das Wasser und mit starkem Arme zertheilte der persische
Leander die Wellen des Kyzyl-üzen, um zu seiner geliebten Prinzessin Hero
zu gelangen. .Um ihm die- tägliche nasse Reise zu ersparen, liefs die Prinzessin
die Brücke aufführen, und nun wanderte der. Schäfer trockenen
Fufses den Weg zur theuren Prinzessin. Da, so fügen die malitiösen
Erzähler der Sage hinzu, habe leider die Liebe des Schäfers nachgelassen
und zuletzt ganz aufgehört, seitdem der Jüngling nicht mehr in
Berührung, mit dem kalten Wasser kam. Ueber die Brücke hinweg führt
die Strafse durch zerklüftetes Gestein .(darunter bedeutende Felsmassen mit
Kreide und Gypslagern) in das Gebiet der grofsen Provinz Irak -adschämj
als deren Hauptstadt heutzutage Teheran angesehen wird, die Residenz der
Kadscharen-Dynastie. Während noch in Micmih, die Bevölkerung türkisch
spricht, wie im ganzen Azerbeidschdn, kommen wir jetzt zu den rein persich
redenden Iraniern. Vormittag gegen 11 Uhr rasteten wir in dem
elenden, aus wenigen Hütten bestehenden Dorfe Dschemdl-abäd, mit einem
alten schönen Khan. Nach.einer Tagesreise von 6 Fersach erreichten wir
einen sehr jämmerlich aussehenden Ort, Serdschdm, in dem wir die Nacht
über blieben. Wie gewöhnlich empfing ein Ausschufs ärmlich gekleideter
Dorfbewohner am Eingang des Dorfes die fremden Ankömmlinge. An
ihrer Spitze befand sich der glückliehe Hausbesitzer, welcher uns beherbergen
sollte und einen violetten Kaftan-Sonntagsrock Zum äufserlichen
Ausdruck seiner Freude’ übergeworfen hatte. Die fensterlose Putzstube
seiner Besitzung war-so finster, schmutzig und verräuchert,- dafs wir es
vorzogen, auf dem Misthofe das Zelt des Mehmendärs aufsehlagen zu lassen,
um darunter die Nacht über'zuzubringen. Serdschem hat nach der Dörfler
Angaben ungefähr 80 Khanewar oder Familien, die als Maliat oderSteuer
jährlich 600 Tomdn oder etwa 1850 Thaler preufs. zahlen müssen. Das
Dorf kann demnach nicht so arm sein, als es den ersten Anschein hat.
■Unser Herr Wirth, der zwei Gehöfte besitzt, zahlt jährlich 15 Tomdn Steuer.
Das nächste Menzil liegt sechs Fersach weiter. Zur linken Seite unserer
Strafse dehnte -sich ein Hügelland mit grünen Triften aus. Eine Menge
weifser und rother Tulpen auf dem grünen Wiesenteppich erregten billigerweise
Heimathsgedanken.- Derweil man bei uns zu Hause in dem
Glauben lebte, als sei blauer Himmel, Frühlingslüfte, Nachtigallenschlag
und Rosenduft die ordinärste Unterlage unseres beneidenswerthen Daseins
im glücklichen Lande Persien,' drückten wir uns in scheufslichen Sehmutz-
löchern herum, mit allen Entbehrungen kämpfend, hocherfreut und von
heimathlichen Sehnsuchtstrieben erfüllt bei dem Anblick einer — bunten
Wiesentulpe. Rechts von unserer. Strafse wirbelte der schmutzig gelbe
Zendschdn-tschai in seinem breiten steinigen Flufsbette dahin, am ändern
Ufer-stiegen niedrige Hügel in die Höhe, ganz in der Ferne dahinter zeigten
sich sehwarze Berge, mit langen Schneestreifen bedeckt. Wo es grün
war an unserem Wege, da sahen wir heute, wie gestern bereits, die dun-
kelen Zelte der wandernden I ld t, die mit ihren Heerden Station gemacht
hatten. Auf halbem Wege nach Nikkebeg, so hiefs das Menzil, hatten wir
eben am hohen Flufsufer des Zendschdn-tschai unsere Raststätte aufgeschlagen,
als sich zur Begrüfsung des Iv. Abgesandten ein Perser, schlecht französisch
sprechend, 'vorstellte, der im Namen des persischen Unterrichte-
Ministers, des Schahzadeli AK-quli Mirza, in einer angemessenen Rede den
Gefühlen des Prinzen Ausdruck lieh. Der Wezir-i-u’lum oder Wezir der
Wissenschaften lagerte in Nikkebeg, damit beschäftigt, den .elektrischen
Telegraphen zwischen Zendschdn und Tdbriz zu vollenden.
In Nikkebeg wurden wir nach persischen Begriffen sehr vornehm untergebracht.
Kaum war das Geschäft der Hauseinrichtung vollendet, so beeilte
sich unser Eltschi, dem Schahzädeh seinen Besuch zu machen, und so wunderten
wir unter Leitung eines Eingeborenen dem Lager des Prinzen zu.
Der Königssohn hatte auf einer grünen Wiese zwischen dünnen Baumgruppen
seine zahlreichen Zelte aufsehlagen lassen und den ganzen Raum
mit einem Wassergraben umzogen, dessen Bedeutung mir unbekannt geblieben
ist. Als wir der persischen Zumuthung, über den breiten Graben