zur Abreise fertig gemacht. Wir waren in diesem Jahre die ersten Passagiere,
welche die Reise nach dem Kaukasus unternahmen. Die sämmt-
lichen Consulate hatten ein jedes seine National-Flagge aufgezogen, auf
dem Hauptmaste des russischen Schiffes flatterte die preufsische Flagge,
auf den Masten daneben die russische. Ein russischer Offizier erwartete
uns mit seinem Boote am Quai in der Nähe der Douane. Der preufsische
Consul nebst seiner Dame, so wie der an dem Tage unserer Abfahrt erst
angekommene russische Consul Maschnini hatten die Höflichkeit, den Reisenden
das Geleit bis aufs Schiff zu geben.
Das Boot, nur wenig von dem bewegten Meere geschaukelt, trug uns
bald zum Grand - Duc hinüber. Als es vom Ufer abstiefs, wurde auf dem
Dampfer die preufsische Flagge herabgelassen, in dem Augenblicke, wo der
K. Gesandte die Schiffstreppe bestieg, von neuem aufgehifst und von uns
allen begriffst.
In keinem Salon kann es eleganter sein als in dem grofsen Saalzimmer
des Schraubendampfers. Von dem feinen Holz-Getäfel an der Wand an
bis zum Silberspinde und zum Marmorkamin hin ist alles mit beinahe verschwenderischer
Pracht eingerichtet. Das Schiff gehört zu den vier in
Frankreich gebauten Dampfern der russisischen Kauffarthei-Flotte; es soll
vorzugsweise der beste sein, da die übrigen elegant, aber weniger solid
sind und die Maschinen alle Augenblicke schadhaft werden.
Der Abend brach inzwischen heran. Die Stadt mit ihren herrlichen
Trümmern entzog sich immer mehr und mehr unseren Blicken, welche
ihr den letzten Scheidegrufs zuriefen. Lange noch schimmerte die Schneekette
in der vor uns liegenden Bergschlucht in die werdende Dunkelheit
hinein, bis auch sie das Gewand der Nacht verhüllte.
Die Schiffsuhr schlug eben sieben Uhr. Es war die Stunde unserer
Abfahrt. Plötzlich blendete ein heller Lichtschein das auf solches Schauspiel
nicht vorbereitete Auge. Bengalische Feuer verbreiten über Schiff
und Meer einen, weithinleuchtenden Glanz. Prasselnd stiegen Raketen in
die Luft, einen langen feurigen Bogen beschreibend, dessen flammender
Kopf sich zuletzt in rothe Funken auflöste und sich langsam in das bläulich
schimmernde Meer senkte. Auch die Trapezunter Freunde hielten zu
alter Sitte. Ein Wald von Raketen stieg von allen Punkten der Stadt aus
in die Luft empor; eine jede sagte uns: lebet wohl, reiset glücklich und
kehret wieder zur lieben Heimath.
Selbst der Himmel schien an der rührenden Bewegung so vieler Menschenherzen
unter ihm sein Th eil haben zu wollen. Während die feurigen
Linien himmelwärts stiegen, fielen im Glanze meteorischen Lichtes Sternschnuppen
erdwärts nieder, als wollten sie ein gutes Augurium für unsere
bevorstehende Reise anzeigen. 'So deuteten wir es in stiller Brust.
Die Anker wurden gelichtet, die Schraube setzte sich in Bewegung
und pfeilschnell zog das Schiff, kaum merklich erschüttert, seine nasse
Strafse dahin.
Schreiber dieses schlief wie ein Prinz in der sauber und nett eingerichteten,
Cabine. Am Morgen, gegen 5 Uhr, ankerte das Schiff in dem
Hafen von Batum, der letzten Stadt auf türkischem Gebiete nach der
russischen Grenze zu. Wie Alexander Dumas behaupten kann: le premier
porte russe eommence ä Batoum, vermag ich nicht zu ergründen.
Diu Passagiere letzter Klasse, welche sich mit uns zugleich auf dem
Schiffe befanden, konnten jetzt genauer durchgemustert wrerden. Das
waten Gestalten und Gesichter, zu denen allein der Waffenschmuck: Ya-
tagans, Pistolen und Gewehre, den passendsten Commentar abgab. Die
gröfsere. Zahl der wilden Gesellen gehört den Bergvölkern an. Wie in
einer Menagerie die feindlichsten Thiere ruhig nebeneinander leben, so
sitzen hier wie alte gute Freunde Türken, Lasen, Ladscharen, Tscher-
kessen, Russen friedlich nebeneinander , rauchen den Tschibuk und schauen
gleichgültig hin auf die herrliche Landschaft an dem langen Küstensaume
des Pontus.
Batum ist ein guter Hafen; der kleine Ort besteht aus vereinzelt liegenden
Gebäuden mit einer Umhegung von starkem Flechtwerk, worüber
mäfsig hohes Buschwerk hinwegragt. Die Bucht, an deren einem Ende
Batum liegt, ein sehr sicherer, natürlicher Hafen, zieht einen grofsen
Halbkreis. Malerisch gruppirte Berge, die Gipfel mit blendend weifsem
Schnee bedeckt, der zu den frischgrünen Matten und Wiesen am Fufse
gar wundersam absticht, bilden die Einfassung des grofsen Bogens. Ganz
im Hintergründe, nach Mitternacht zu, steigen am fernen nebligen Horizonte
dunkelfarbige zackige Bergkuppen aus dem Meere; da liegt die
nördliche Grenze des türkischen Reiches in Asien; dahinter, mächtig wie
der grofse allgewaltige russische Kolofs, ragen in blitzender Weifse die
hohen riesigen Gipfel der kaukasischen Bergzüge über den winzigen türkischen
Grenznachbar hinweg.