Die Morgendämmerung fing bereits an mit mattem Schimmer zu leuchten,
als wir uns dem Ende des langen Wüstenmarsches näherten. Wir
waren die Nacht über nicht aus dem Sattel gekommen, die Augen schlossen
sich unwillkührlieh vor Müdigkeit, selbst die Tscherwadare und Diener
schliefen in der gefährlichsten Stellung oben auf dem Gepäck, welches auf
dem Rücken der schreitenden Maulthiere hin und herschwankte. Ein Rud-
khaneh oder Flufsbett, von dürren Schilfpflanzen eingefafst und mit so wenigem
Wasser gespeist, dafs es den Pferden kaum über die Hufe ging,
schien die Grenze des Wüstenstriches zu bilden. Der von Qazwin hei-
kommende „Salzflufs« verschwindet ein wenig unterhalb dieser Stelle fast
spurlos in der Salzwüste. Die Gegend, vom Frühroth beleuchtet, sah einförmig
und traurig aus, nur die dunkel- und lichtblau gefärbten Höhenzüge
am Horizonte erfreuten das in die Feme schweifende Auge durch den bunten
Farbenwechsel und den Formenreichthum ihrer Conturen.
Eine weite grofse Ebene breitete sich zu unseren Füfsen aus, wir stiegen
langsam in dieselbe hernieder und sahen allenthalben hinfällige oder
zerstörte Dörfer, in ihrer Nähe jene Tepe, die Reste der feuerverehrenden
Parsai, welche hier nur noch dem Namen nach gekannt sind.
Das fruchttragende Land war mit unendlicher Mühe bewässert und bebaut,
vor allen die Melonenfelder, deren reife schöne Früchte in gelbrother
Farbenpracht verlockend genug zum Genufs einluden. Die Melone führt in
der persischen Sprache den Namen Kharbuz, eigentlich E s e l - (khar) Z ie g e
('buz). Die Leute hier zu Lande erzählten mir folgende einfältige Geschichte
über die Entstehung dieses Wortes.
Es war einmal ein König in Iran. Eines schönen Tages kam ein grofser
Drache vor das Thor seines Pallästes und begehrte Einlafs. Da überkam
dem König grofse Angst und Furcht und er versammelte seine Wezire und
die Grofsen seines Reiches, auf dafs sie ihm Rath ertheilten, was zu thun
wäre, um den Drachen zu bewegen dahin zu kriechen, von wo er hergekommen
war. Als die Rathgeber verstummten und sich vergeblich abmühten,
herauszufinden, in welcher Weise sie den Drachen von des Königs
Pallast entfernen könnten, da trat ein weiser Mann vor den König und
sprach mit lauter Stimme: o König, befiehl, dafs "von dem Bazar aus allen
Zunftgenossenschaften je ein Handwerker mit seinem Geräthe sich auf den
Weg mache und vor dem Thore des Pallastes erscheine. Also that der
König. Obgleich die Handwerker in grofser. Furcht vor dem Drachen waren,
so mufsten sie doch dem Befehle des Königs Gehorsam leisten und stellten
sich mit ihrem Handwerkszeug dem Drachen gegenüber. Dieser schien
ganz erfreut zu sein, ging auf den Meister Schreiner los, zupfte ihn an den
Rock und führte ihn mit sich nach seiner Höhle. Obgleich nun der Meister
in dem Glauben stand, sein letztes Stündlein habe geschlagen, so ging
er doch ruhig in die Höhle hinein, sein Tischlerwerkzeug im Arme, und
begrüßte die Frau Drache, welcher gar nicht gut zu Muthe war. Sie hatte
eine Ziege allzu hastig verschluckt, so dafs ihr die Hörner in der Kehle
stecken geblieben waren und der Bissen nicht vor noch rückwärts wollte.
Der Meister Schreiner war nicht faul, ergriff seine Säge, legte sie an die
Hörner der Ziege und fing an lustig los, zu sägen. Mit einem Male rutschte
die Ziege ihren Weg in den Magen hinein und die Frau Drache war wieder
fröhlich und guter Dinge. Aus Dankbarkeit für seinen hülfreichen Beistand
schenkte der Drache dem Schreiner eine Handvoll Saamenkörner,
welche dieser zum König trug. Aber weder der König noch seine Weisen
kannten den Saamen und meinten, es sei wohl das Beste, wenn man ihn
in die Erde legte und zusähe, was aus der Drachengabe zu Tage gefördert
werden möchte. Da wuchsen schöne saftige Melonen aus dem Saamen hervor.
Kaum wagte der König und seine Wezire,; die sonderbare Frucht anzurühren,
denn sie warcjn des Glaubens, was der Drache schenke, das
müsse unfehlbar giftig sein. Endlich aber fafste sich Einer ein Herz, nahm
ein Messer und schnitt die Frucht in zwei Hälften durch, hätte auch gern
davon gegessen, wenn er nicht das Gift gefürchtet hätte. Man gab deshalb
die eine Hälfte einem Esel, die andere einer Ziege, um zu sehen, welch’
eine schreckliche Wirkung das Gift auf die Thiere haben würde. Die
hatten mit grofser Begierde die Melone verzehrt und schienen viel lebendiger
als vorher zu sein, und dachten gar nicht an’s Sterben. Vielleicht,
sagten darauf die Weisen, vielleicht verträgt ein Ziegenmagen und nun gar
der Magen eines Esels die giftige Frucht, nach deren Genufs ein Mensch
sicher sterben müsse.- Nun war zur selbigen Zeit ein Mann zum Tode ver-
urtheilt worden, und man befahl ihm, um ihm die Todesqual zu erleichtern,
eine der grofsen saftigen Giftpillen des Drachen zu verschlucken. Käme er
mit dem Leben davon, so sollte es ihm geschenkt sein. Der Verurtheilte,
welcher von der Verabredung Nichts wufste, nahm,die Melone, afs sie in
Gegenwart des Schah’s und der Wezire vollständig auf, und verlangte als
besondere Gnade vor seiner baldigen Hinrichtung, wie er glaubte, noch