der russischen Soldaten gegen die Bergvölker mit Pinsel und Säbel anschliefst
und im Lager eine allgemein bekannte Persönlichkeit ist. Hr.
Ho r s c h e l t , aus München, den wir später auf unserer Rückreise über Tiflis
kennen zu lernen das Glück hatten, eine ächte Künstlernatur, weilt bereits
mehrere Jahre hier, unter Eingebornen und Russen im Kaukasus gleich
beliebt. Seine Arbeiten, vor allen seine vortrefflichen Aquarellen, sind von
einem besonderen historischen Interesse und tragen neben der klaren Ausführung
eine Charakter-Wahrheit der Personen, Rassen, Trachten und des
landschaftlichen Lebens an sich, die dem Beschauer mit der höchsten
Achtung vor dem so reich begabten Talent erfüllen mufs.
Das grofse Oelbild an der Wand stellt Tiflis dar. Der Standpunkt ist
unten am Fufse der Davidsburg genommen. Das Bild ist eine schöne, fast
dichterische Composition von unendlicher Wirkung.
An der Wand gegenüber hängen zwei kleinere Bilder, das eine einen
Tscherkessen zu Pferd, das andere eine Scene aus dem Kriege mit den
tapferen Bergvölkern darstellend.
Unter diesen Bildern liegt in einem Sammt-Etui, unter Glas, der silberne,
reich gearbeitete, mit funkelnden Diamanten besetzte Marschallstab
des Fürsten.
Die Fahnen des Statthalters als Gebieters des schwarzen und des
kaspischen Meeres decoriren schweigend-beredt eine reiche Sammlung
orientalischer Waffen an der Wand dem Fenster gegenüber.
Eine reiche Auswahl silberner und goldener Gefäfse, meist von historischer
Bedeutung (auch das Trinkhorn Ernst August’s ist darunter), über
und nebeneinander aufgestellt, vervollständigen die Ausschmückung des
persischen Zimmers in der vornehmsten Weise.
Die Anwesenheit reich geschmückter georgischer Damen und russischer
Offiziere in glänzenden Uniformen mit schimmernder Ordenspracht in dem
kleinen orientalischen Salon, worin jeder Gegenstand ein geschichtliches
oder künstlerisches Interesse hatte, erhielt durch die geistreichen Unterhaltungen
des fürstlichen Wirthes, oft mit einem Anfluge feiner Ironie
ihre eigentliche Bedeutung. Ich glaube, dafs den Damen gegenüber
liebenswürdige Laune und angeborenes feines Benehmen dem Statthalter
ebensoviel glänzende Siege sichern, als auf dem Schlachtgefilde unter Kriegern
dein Muth, seine persönliche Tapferkeit und sein unbestreitbares Feld-
berrntalent.
Um 8 Uhr verabschiedete sich der K. Gesandte vom Fürsten, der ihm
für sich und uns die Statthalter-Loge im Theater zu Tiflis zur Disposition
gestellt hatte. Obgleich während der russischen Fastenzeit, in der wir
augenblicklich lebten, der Besuch des Theaters verpönt ist, durfte heute ein
Concert eine Ausnahme von der Regel machen.
Das Theater, gegenüber von unserem Hötel in dem grofsen Bazar am
Boulevard gelegen, überrascht den fremden Besucher in der angenehmsten
Weise. Nicht grofs, — es enthält aufser dem Parquet und den zugehörigen
Logen einen Rang und darüber ein Amphitheater, — ist es nach den
Zeichnungen seines Erbauers, des Fürsten Gagarin, in arabischem Ge-
schmacke, zum Theile Nachahmungen der berühmten Alhambra, ausgeführt.
Alexander Dumas, der sich auf solche Dinge gewifs gut versteht und
vieles ähnliche gesehen hat, spendet dem kleinen Theater in Tiflis kein
geringes Lob. Hier setze ich in der deutschen Uebersetzung seine eigenen
Worte her:
„Der Saal ist ein Feenschlofs, nicht durch Reichthum, sondern durch
Geschmack. Vielleicht kosten die Vergoldungen nicht hundert Rubel, aber
ich zögere dennoch nicht zu behaupten, dafs der Saal in Tiflis zu den reizendsten
Sehauspielräumen gehört, die ich in meinem Leben gesehen habe.“
„Freilich geben hübsche Frauen einem hübschen Saale ein Schöneres
Aussehen, und in dieser Beziehung, wie in seinem Baustil und seiner Ausschmückung
läfst der Tifliser Saal, Gott sei Dank, nichts zu wünschen übrig.“
„Der Vorhang ist wunderhübsch; in der Mitte erhebt sich ein Fufs-
gestell, auf welchem der Maler eine Gruppe abgebildet hat, die zur linken
Hand des Zuschauers Rufsland, zur rechten Georgien darstellt.“
„Auf der Seite Rufslands verlieren sich in den sogenannten Mantel
Harlekins Petersburg und die Newa, Moskau und sein Kreml, die Brücken,
die Eisenbahnen, die Dampfschiffe, die Civilisation.“
„Auf georgischer Seite treten gleicherweise in den Hintergrund zurück:
Tiflis mit seinen alten Festungstrümmern, seinen Bazaren, seinen jähen
Felsenabdachungen, seiner tobenden und unbezwungenen Kura, seiner Himmelsreine,
kurz mit seiner Poesie.“
„Am Fufse des Gestelles, nach russischer Seite hin: Das Kreuz Con-
stantin’s, das Kästchen St. Wladimir’s, die Pelze Sibiriens, die Fische der
Wolga, die Aehrenfelder der Ukräne, das Obst der Krim, d. h. die Religion,
der Ackerbau, der Handel, die reiche Fülle.“