Söhnen heraussuchen und ihn mitten durchhauen, und wenn sie ihn durchgehauen,
sollten sie die beiden Hälften, die eine zur rechten, die andere
zur linken des Weges hinlegen, und da sollte das Heer zwischen durch
gehen. Als nun diese Leute dasselbe gethan, ging nach diesem das Heer
zwischen durch (VII, 39—40).“
Gebräunte Männer, verschleierte Weiber, nackte Kinder lagen auf den
Dächern der Hütten und sahen uns Fremdlinge in die Gassen ihres Ortes
neugierigen Blickes einziehen. Eine Hütte, so hoch, dafs man in stehender
Stellung die Hand bequem aufs Dach legen konnte, empfing uns in
ihrem einzigen Raume., Persische buntbedruckte Filzdecken, ein eigener,
nicht zu verachtender Artikel der persischen Industrie, und wollene Teppiche
stachen von den braunen Erdwänden, der inneren Behausung grell genug ab.
In dem engen Hofe vor dem-Hause lagerte, unsere persische Ehrenwache,
die männliche Bevölkerung steckte den Kopf über die niedrige
Erdmauer und schien höchlichst erbaut vom nordischen Europäerthum unter
Irans brennender Sonne.
Beim Eintritt in die Hütte überraschte uns zum erstenmale das übliche
persische PhckkescA oder Gastgeschenk, das wir während der'ganzen Zeit
unseres Aufenthaltes in Persien in unendlichen Auflagen empfangen haben.
Der Geber desselben, der prinzliche Vetter des Kaisers, hatte den Gebräuchen
seines Landes entsprochen, indem er auf zwei hölzernen Plateaus
(muedschemijeh) , bei deren Anblick mir sonderbarer Weise stets, das Bild
umgekehrter Sargdeckel vorschwebte, zehn grofse Zuckerhüte {schäker oder
kencl), mit blauem Papier umwickelt, mit einem englischem Etiquet aus
Bombay, vier Packete Tschads oder Thees, zwölf Kästchen mit acht persischem
Schirm oder Zuckerwerk, und vier grüne Glasflaschen mit Baumwollenstöpsel,
deren Inhalt die milchweifse Flüssigkeit von ab-i-linmne
oder ausgeprefstem Citronensaft war, zum Zeichen freundschaftlichster Gesinnungen
darbot. Den wartenden Dienern, welche derartige symbolische
Gaben zuckersüfser Freundschaft mit besonderer Eile;, der guten Aussichten
halber, herbeitragen, mufs natürlicher weise nach Landessitte ein goldenes
Enüm oder der Dank des Empfängers gespendet werden.
Wählend unseres Aufenthaltes in Eirandebil bekamen wir einep.eigentümlichen
Begriff von persischer S.oldatenehre. Ein Paar Katirtschi oder
Packknechte unserer kleinen Karawane hatten mit dem Sergeanten und der
Schildwache unserer militärischen Bedeckung, Gott weifs warum, einen Streit
bekommen, der mit den allgemein üblichen Schimpfreden päcler sukhteh
„du, dessen Vater verbrannt ist!“ — püser-isek „du Sohn des Hundes!“ —
„wessen Hund war dein Vater?“ — „Grofsvater der Dummheit!“ — „Natterngift!“
und ähnlichen lieblichen Bildern reichlich gespickt war, und
schliefslich mit einem Ohrfeigenconcert endete, das von den Packknechten
auf den Backen der Soldaten in schnellstem Tacte ausgeführt wurde. Die
Soldaten verhielten sich dazu ganz passiv und beklagten sich kaum über
die erniedrigende Behandlung, der ein europäischer Soldat guter Zucht
wahrscheinlich mit dem blanken 'Säbel sehr bald Einhalt gethan haben
würde. Es bestätigt dieses kleine Reiseintermezzo, was ich später in Persien
so oft Gelegenheit gehabt habe zu bemerken, dafs nämlich der Serbas
oder Soldat der ruhigste, friedlichste, bescheidenste, dabei willigste und
nüchternste Mensch von der Welt ist, sonst wäre er eben nicht freiwillig
Soldat geworden. Der Perser von Rasse, vor allen der wilde Sohn der Zelte,
läfst sich nicht so leicht in den Nizdmrock stecken und ist dann unbändig
und übermüthig, wie wir an einzelnen Beispielen die Erfahrung während
unseres Sommeraufenthaltes in Schemirdn, am Fufse des Elburs, gemacht
haben. Im Gegensatz dazu zeichnen sich ganze Landschaften und Städte
durch eine so grofse Feigheit und Furchtsamkeit aus, wie z. B. die Gileken
oder die Bewohner der Provinz des Gilän am kaspischen Meere, ferner
die Bewohner der durch ihre industrielle Thätigkeit berühmten Stadt
Kaschdn und anderer, dafs sie schlechterdings für den Soldatenstand ganz
untauglich sind.
Unsere Weiterreise am folgenden Tage (d. 13. April) war im Grunde
genommen ebenso langweilig als am vorhergehenden. Verwöhnt durch die
malerischen wechselvollen Gestaltungen der imponirenden Gebirgslandschaft
wendeten wir selten das Auge nach den riesigen natürlichen Mauern, welche
uns auf der Hochfläche Reisende von allen Seiten einschlossen. Eher noch
interessirten uns Neulinge in Persien die Sitten und Gewohnheiten der iranischen
Begleitung, von den Mehmendären an bis zum geringsten Mehter oder
Stallknecht hin. Hat man von Eirandebil aus über vulkanisches Eruptionsgestein
hinweg die Strafse nach rechts eingeschlagen, so zeigt sich auf einer
malerisch gelegenen, oben abgeflachten Felswand in breiter Ausdehnung und
in terrassenförmiger Lage das grofse, halb in Trümmern Regende Dorf des
kl - Härzän, gegenwärtig noch aus 600 Khanewdr bestehend. Die Perser
schätzen nämlich, und ich mufs diese Bemerkung ein- für allemal vorausli