Geschäft des Betteins in keiner Weise. Eine andere Strafe, viel härter
und grausamer als das eben beschriebene sendschir kerden „Anketten“ wird
in folgender Weise vollzogen. Der Uebelthäter wird an ein hölzernes Kreuz
gebunden, dasselbe an einem Strick durch einen Ring in der Mitte der bemalten
Bazarkuppel in die Höhe gezogen und so mufs der Unglückliche
in dieser Lage mehrere Stunden hintereinander hängen bleiben. Die Besucher
des Bazars reiten und gehen unter ihm hinweg und scheinen von
keiner Theilnahme berührt zu werden.
Die Polizeiverwaltung der Stadt Teheran ist einem Polizeichef übergeben,
welcher als solcher den Titel Keldnter führt (Jtelän ist ein altes,
dialektisch noch heute gebrauchtes Wort mit der Bedeutung g r o f s ; keldnter
„Major“ ist die Comparativform). Zur Zeit unseres Aufenthaltes in Teheran
bekleidete ein gewisser Mahmud-Khan diese Stellung, der bereits
unter dem Emir mit diesem Posten betraut wai , und wie wir hörten der
einzige höhere Beamte im Dienste des Schah war, dem man nach dem
Sturze des Emir sein Amt gelassen hatte. Alle Arten von Polizeivergehen
in der Stadt stehen unter dem Kelanter, der seine Beamten (nauker) hat,
welche in den verschiedenen Theilen Teherans bei Tage und bei Nacht aufpassen
und auflauern, wobei Luti und leichtfertige Frauenzimmer das
Hauptziel ihrer Nachforschungen bilden. Bei grofsen Diebstählen entwickeln
sie einen ungewöhnlichen Scharfsinn in der Ermittelung der Diebe, und
manche Aneedote wird von ihrer Schlauheit erzählt. So wurde z. B. während
unserer Anwesenheit in Teheran einem Kaufmann, welcher in einer
Karawanserai sein Menzil genommen hatte, eine bedeutende Summe in
Golde gestohlen. Die Polizei, welche sofort herbeigerufen war, liefs die
Karawanserai absperren, so dafs Niemand hinaus- und hineingehen durfte.
Sie drohte mit einer strengen Strafe, wenn der Dieb nicht bis zum Morgen
des nächsten Tages das gestohlene Gut herausgegeben haben würde und
erleichterte die Möglichkeit, dies unerkannt zu thun, in folgender Weise:
Es wurde ein grofses Loch in die Erde gegraben; jeder, welcher in der
Karawanserai anwesend war, mufste einen Sack von der ausgegrabenen
Erde füllen, mit der Weisung, denselben in der Nacht nach dem Loche zurücktragen
und den Inhalt hinein zu schütten. Als man am ändern Morgen
das Loch öffnete, fand sich in der Erde das Gold vor. Der Dieb, welcher
freilich unbestraft ausging, hatte die gestohlene Summe in den Sack gethan
und dieselbe sammt der Erde in das Loch geschüttet. Er blieb un-
entdeckt und zog es vor, das gestohlene Geld zurückzugeben, als sich einer
harten Bestrafung zu unterziehen.
XXIII. Kapitel.
R e is e v o n T e h e r a n n a ch H am ad a n .
Der Morgen unserer Abreise nach dem Süden war endlich herangerückt,
und ein herrlicher Septembertag schien uns ein günstiges Omen
für die Dauer der grofsen Reise zu sein. Schon in aller Frühe waren die
Tscherwadäre mit ihren Pferden und Maulthieren vor der Thüre unseres
Hauses erschienen, die Thiere wurden mit dem nothwendigsten Reisegepäck
belastet und die europäischen Koffer hingen in friedlichster Eintracht neben
den rohgearbeiteten persischen Kisten, Säcken und Zelten. Ein Theil der
Diener, welche uns auf der Reise begleiten sollten, bestieg die Pferde, ein
anderer Theil nahm mit vier Mann Soldaten unserer Ehrenwache oben auf
dem Gepäcke/Platz. Ein schwer bepacktes Mäulthier und ein Mann oben
darauf ist kein beneidenswerther Anblick.
Wir selbst setzten uns in dem Sattel unserer Pferde zurecht, schärften
dem zurückbleibenden Mirza und den Dienern der Gesandtschaft zum Abschied
eine ordentliche Aufführung während unserer Abwesenheit ein, und
hinaus gings durch die engen Bazare der Stadt durch das „Neue Thor“
in’s Freie, in der Richtung, welche nach der Stadt Hamadan führt.
Unser Zug, aus etwa dreifsig Thieren und zwanzig Personen bestehend,
bewegte sich in ächt persischer Weise auf der breiten Karawanenstrafse
einher. An der Spitze desselben marschirte ein berittener Dschelaudar und
ein Mehter, welche zwei ledige Reservepferde an der Hand führten; ihnen
folgten wir Europäer mit Einschlufs der Diener und daran schlofs sich die
eigentliche Qafatth oder Karawane, geführt von dem leitenden Saumrofs
oder dem Peschhenk, das mit Glocken und Troddeln und buntem Trödel behängt
war und, stolz auf seine Stellung als Leitpferd, in grader Linie und