nun die Stellung mit dem Angesichte in die Richtung nach Mekka gewandt
ein. Dann holte er tiefe Stofsseufzer und begann mit grofser Gewissenhaftigkeit
das Gebet in den vorschriftsmäfsigen Stellungen durchzuführen.
Bald erhob er die Arme und Hände gen Himmel, bald kniete er nieder,
bald schlug er mit der Stirn die heilige Erde vor ihm, bald stand er wieder
auf und legte die Arme in verschiedenen Richtungen an den Vorderkörper.
.Nachdem er sein Gebet beendigt hatte,' schnallte er sich die. gefährlichen
Waffen wieder um, ergriff den langen Sohiefsprtigel,. warf sich
die Dschubeh über die Schulter und eilte was er konnte, die Karawane
wieder zu erreichen. Der Tscherwadar war übrigens die einzige Person
mohamedanischer Religion unseres Zuges, Welche betete; und er selber,
scheinheilig wie er war, that dies mehr um unseretwillen als seines eigenen
Seelenheiles wegen.
Das Beten ist nicht die Sache der, gewöhnlichen Perser, -und so,rührend
für mich der häufige* Anblick betender Araber am Nil oder in der Wüste
Sahara war, so selten hatte-ich Gelegenheit, Perser beten zu sehen, und
so kalt liefs mich der Anblick der wenigen Gläubigen auf dem iranischen
Boden. Unter den persischen Dienern unseres Hauses, deren Zahl beinahe
zwei Dutzend betrug, war'-nur ein einziger, welcher regelmäfsig betete, und
Muha.mmed.-Ali, so hiefs e r, pflegte dies so vernehmbar zu thun, däfs die
einzelnen Worte des. Gebetes, -vorzüglich tönt mir sein allahu akber „Gott
ist sehr grofs!“ noch in den Ohren, von einem Endendes Hauses bis zum
ändern sehr deutlich gehört werden konnten. Der fromme -Diener hatte
aber durchaus nicht die Eigenschaften eines .gottesfürchtigen Mannes, viel.-,
mehr zeichnete er sich als Weiberknecht, Qpiumesser und Heuchler aus,
der es nicht verschmähte, -Mohamedaner, und.Christen in der schamlosesten
Weise zu prellen und zu betrügen.
Die Perser pflegen einen kleinen silbernen Kompafs mit Glasdeckel bei
sich zu tragen, der ihnen genau die Richtung- nach der Qibleh in Mekka
angiebt und welchen sie mit dem Worte Qibleh-nemd d. h. Qibleh-Zeiger
benennen. Sie bedienen sich desselben, wenn sie in geschlossenen Räumen
beten wollen und die Richtung nicht genau anzugeben wissen. Auch wenn
sie sich einander Besuche machen, und nicht etwa auf einem sehr vertrauten
Fufse miteinander stehen, um über Förmlichkeiten erhaben zu sein,
brechen sie plötzlich jede Art derünterhaltung ab und fangen an zu beten,
sobald der Muezzin das Gebet von der Moschee ausruft. Ein Europäer
meiner Bekanntschaft, "der lange Zeit in Persien gelebt hat und mit den
Persern vielfachen Umgang pflog, erzählte mir als Beispiel ihrer Stimmung
beim Gebete folgende Anecdote, bei welcher er Augenzeuge war, und die
eben kein glänzendes Zeugnifs von persischer Gewissenhaftigkeit nicht einmal
auf dem Gebiete der Religion' abgiebt. In einer Gesellschaft unterhielten
sich die eingeladenen Gäste, wie es gewöhnlich unter den Eingeborenen
geschieht, theils mit dem Anhören von Musik und dem Zuschauen
von Täüzen, theils mit den vielbeliebten Hazard- und anderen unschuldigeren
Spielen. Mein Gewährsmann spielte mit einem Perser Triktrak, ein
Lieblingsspiel der Iranier; es dauerte nicht lange, als derselbe mitten vom
Spiel mit der Bitte aufstand, sein Gebet halten zu dürfen, und seine Stelle
durch -eine andere/minder gewissenhafte Person seines Glaubens vertreten
zu lassen. Der 'erste Spieler begann sein Gebet in der vorgeschriebenen
Weise, schielte aber fortwährend mit dem einen Auge nach dem Spiele,
das von dem Stellvertreter wenig geschickt durchgeführt wurde. Man stelle
sich nun einen Betenden vor, der unter anderen mit folgenden Bemerkungen
die frommen Worte unterbricht. „Gött ist der einzige und ewige Gott.“SK;
„Schieb nach links hin!“ '—-'„Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt“
„Päfs doch auf!“ — „und kein Wesen ist ihm gleich.“ — „Sechs mufst du
ja nehmen!“jlp f „Gott ist sehr grofs!“ —• „Du mufst zahlen, wenn ich verliere!“
u, & w,
Unsere Marschroute ging in ziemlich directer Richtung nach Westen
zu und bewegte sich auf breiten steppenartigen Hochflächen, die niedriger
zu liegen schienen als die Plateaus, welche wir an den vergangenen Tagen
durchmessen hatten. Der gefallene Regen hatte auf der Karawanenstrafse
breite Rinnen geschaffen, die Luft war ungemein erfrischend, und damit
auch das Auge nicht leer ausgehen sollte, prangte ein herrlich blutrother
Sonnenaufgang am östlichen Himmel. Die geschichteten Regenwolken,
welche sich nach und nach zertheilten und auseinander schoben, waren von
einem glanzvollen Pürpurrande eingefafst. Wie sehr wünschte ich mir grade
in dieser Stunde das herrliche Talent poetischer Landschaftsmalerei meines
hochgeschätzten Freundes Eduard Hildebrandt! Die Dörfer mit-ihren hohen
Tepe’s lagen von nun an beinahe dicht an unserer Strafse, und allenthalben
schien sich eine besondere Lust an Bodencultur durch tausend kleine
Anzeichen hervorzuthun. Das ganze Land, ein schöner Ackerboden, war
von grofsen und kleinen Kanälen mit Rinnsalen durchfurcht und die ein