offenen Talar des Schlosses aufrecht stand, fand die allgemeine Schuhaus-
ziehung Statt; man verneigte sich in üblicher Weise, und trat durch eine
kleine Thür in den Raum, in welchem sich S. M. befand! Das. diplomatische
Corps hatte die E h re , unmittelbar vor dem Schaff zu stehen; der
persische Ober-Ceremonienmeister und der Minister des Auswärtigen hatten
hinter den Europäern. Stellung genommen und lehnten sich auf ihre grofsen,
reich mit Steinen besetzten Amtsstäbe.
Der Schah sah heiterer und wohler als je aus. Er trug einen schwarzen
Nizam-Rock, der bis zu den Knöpfen hin mit blitzenden, Diamanten
besetzt und durch einen nicht minder kostbaren Gürtel um den Leib
befestigt war. Ein goldbrokatener Ueberwurf fiel von den Schultern bis
zur Erde hernieder, die schwarze persische Mütze schmückte als königliches
Abzeichen eine reichbesetzte Diamantagraffe, Der Schah,- der sich
mit den einzelnen Ministern der europäischen Gesandtschaften längere Zeit
unterhielt, wünschte vor allem unserem Chef Glück, zu der bevorstehenden
längeren Reise, „obwohl es ihm schmerze, Hrn. Baron v. Minutöli in der
ungünstigsten Zeit die Reise nach dem Süden antreten zu sehen.“
Die Audienz hatte bald ihr-Ende erreicht. Wir durchschritten dieselben
Höfe, Wachen, Thüren und Zeltgassen, um die draufsen harrenden
Pferde zu besteigen und nach unserem Menzile zurückzukehren.
Der Schah selber wünschte seinen Geburtstag durch einen besonderen
Akt der Gnade zu bezeichnen, und hatte deshalb den Befehl ertheilt, dafs
jed e r, welcher eine Klage hätte, Sonntags dieselbe ihm persönlich vertragen
dürfe. Der öffentliche Zutritt zu ihm oder der sogenannte Selam
hatte lange vorher schon bestanden, war jedoch seit den stürmischen Geschichten
mit den Babi’s (s. oben S. 187) aufgehoben worden. Jedermann
darf somit wiederum an dem erwähnten Wochentage den Pallast betreten,
seine Beschwerde überreichen, welche alsdann von einem Gerichtshof ab-
geurtelt wird, bei welchem S. M. der Schah den Vorsitz führt. Es ist zu
hoffen, dafs diese Einrichtung, welche dem Wohlwollen und dem Gerechtigkeitssinn
S. M. zum gröfsten Ruhme gereicht, kein Hindernifs in der
Schwierigkeit finden möge, durch die Hofwelt zu dringen, welche den
Mittelpunkt des Weltalls wie eine- lebendige Mauer umgiebt, nur zu spalten
und zu öffnen durch die magische Kraft des Goldes. •
Die grofse Reise nach dem Süden, welche der würdige Chef unserer
Gesandtschaft für die bevorstehenden Monate September, October und November
1860 angesetzt hatte und die uns Gelegenheit gewähren sollte, Land
und Leute im Innern des Landes näher kennen zu lernen, konnte erst angetreten
werden, sobald wir ein in Teheran gemiethetes Haus bezogen und
unsere Habseligkeiten darin sicher untergebracht hatten. Die Bemühungen
unseres Eltschi, eine passende Wohnung in der Stadt zu finden, waren
erst nach langem Suchen durch Erfolg gekrönt worden, wenn auch die
Bedingungen des Wirthes ziemlich unverschämter Natur waren. Wie in
allen sonstigen geschäftlichen Beziehungen der Perser dem Europäer gegenüber
ungemessene Forderungen stellt, so mufs. der fremde Frengi vor allen
beim Mietheü einer Wohnung die ganze Last persischer Zumuthungen
schwer! empfinden. Entsprechend der Sitte im ganzen übrigen Morgenlande,
so wird auch in Teheran ein Haus nur von Einer Familie (Kkanewär) bewohnt;
d e r. Europäer, um so mehr wenn er eine hervorragende offizielle
Stellung einnimmt, mufs sich dieser Gewohnheit anbequemen und je nach
seinen Mitteln ein gröfseres oder kleineres Haus miethen. Schlechte, zerfallene
Häuser stehen in beliebiger Auswahl für billige Miethe zu Gebote;
der Europäer scheut aber mit Recht die Ausgahen für die Herstellung
wohnlicher Räume, und sieht sich deshalb lieber nach einem gut erhaltenen
Hause um. Neue Schwierigkeit! Ein gut Th eil der persischen Bevölkerung
hält ein Haus, in welchem ein Europäer gewohnt h a t, für entweiht und
unrein, und würde fü r alles in der Welt nicht nach dem Europäer hineinziehen,
Wehn nicht die Wände der Zimmer in Fufsdicke losgesehlagen und
von neuem mit Kalk und Gips überzogen, omamentirt und bemalt wären.
Der persische Besitzer, welcher sein Haus dem Frengi vermiethet, mufs
also im Voraus darauf Rücksicht nehmen und fordert nun einen Mieths-
preis, wie er kaum in europäischen Städten vorkommt.
Hr. Baron v. Minutoli konnte somit seinem Schicksale in dieser Beziehung
so wenig als irgend eip anderer Europäer entgehen und durfte sich
billigerweise glücklich schätzen, ein .passendes Haus gefunden zu haben,
das eben erst neugebaut und auf -das geschmackvollste in seinen inneren
Räumen decörirt und bemalt war. Es lag an der südlichen Seite des kleinen
Tischler-Bazares „des Khan’s von Meru>u, ganz in der Nähe der Ark,
an deren südöstlicher Ecke die genannte Marktstrafse in den grofsen Bazar
der Stadt mündete. Da das Haus in keiner Weise für den Aufenthalt eines
Europäers berechnet und angelegt oder auch nur selbst unwesentlich verändert
war, so geben wir eine Beschreibung desselben, um eine genaue