den steinigen Höhen in der Umgebung des Ortes kaum zu ertragen. Die
Besuche, welche wir den benachbarten Missionen zu machen pflegten, und
selbst kleinere Ausflüge mufsten deshalb stets- zu Pferde gemacht werden.
Als wir eines Tages (9. Juni) den Engländern, welche in Sergendeh unter
prachtvollen indischen Zelten campirten, einen Besuch abstatteten, bemerkten
wir, dafs sich am Elburs entlang finstere Wolken ansammelten, welche
mit Gewitter oder Regen zu drohen schienen. Wir bestiegen unsere Pferde
und ritten gegen 6 'Uhr Nachmittags eiligst zurück. Kaum hatten wir eine
Viertelmeile hinter uns gelassen, als die drückende Schwüle durch schwere
herabfallende Regentropfen unterbrochen wurde, denen ein heftiger orkanartiger
Wind folgte. Gleich darauf brach eines jener furchtbaren Gewitter
mit Hagelschlag und Regengüssen los, welche bisweilen über den Elburs
herüberziehen und sich nun am Abhang mit aller Gewalt -entladen. Die
Blitze schlugen unter Begleitung eines entsetzlich rollenden Donners bald
vor uns, bald neben uns, bald hinter uns ein; die Pferde, zitternd und
schäumend vor Angst, suchten in schnellstem Trabe das Dorf Rustem-abad
zu erreichen. Wir kamen bis auf die Haut durchnäfst an, der Regen gofs
in Strömen, die Blitze und der rollende Donner folgten in regelmäfsigen
Pausen. Die kleinen Zelte in unserem Garten waren vollständig eingeweicht,
Bücher und Sachen schwammen,, selbst das Haus hatte nicht Widerstand
leisten können, indem die Decken sich über unsern Köpfen loslösten und
mit Gekrach auf den Fufsboden stürzten. Die Wassermasse wälzte sich
mit solcher Gewalt von den Abhängen des Elburs in die Ebene hernieder,
dafs sie grofse Felsblöcke mit sich fortrifs, Bäume und Häuser entwurzelte,
ein ganzes Dorf losspülte und selbst Menschenleben zum Opfer forderte.
Bereits einige Tage vorher hatten sich schwache Gewitter mit kurz andauerndem
Regen am Elburs gezeigt. Auch am folgenden Tage entlud sich
ein mäfsig starkes Unwetter. Leider kam aber der Regen für das Getreide
zu spat und konnte keine Hoffnung zur Abhülfe der Theuerung gewähren.
Der Bathman Brot, welcher im Jahre 1859- fünf Schahi gekostet hatte,
wurde gegenwärtig bereits mit zwölf Schahi bezahlt. Die Theuerung ward
hauptsächlich durch die Speculation einzelner vornehmer Perser, welche
den teuflischen Vortheil des Getreide Wuchers von Europa her kennen gelernt
hatten, in künstlicher Weise herbeigeführt. 'Sie füllten ihre Embars
oder Speicher mit Korn und warteten den Moment ab, um es theuer zu
verkaufen. Dieser Moment wurde aber von einer Woche auf die andere
verschoben. Zum Glück hatte das. Volk für den Sommer hinreichend Mittel
sich zu nähren. Gemüse und Obst war in grofser Fülle vorhanden, so dafs
wenigstens für den Augenblick der Gefahr der Hungersnoth vorgebeugt
werden konnte. Jedermann zerbrach sich aber den Kopf, wie es im bevorstehenden
Winter werden würde, und der Erfolg hat später gelehrt, wie
Recht man hatte, grofse Besorgnisse in dieser Beziehüng zu hegen.
Die persischen Diener unseres Hauses, nicht weniger als die Soldaten der
Ehrenwache, welche von einer Gesandtschaft unzertrennlich ist, hatten natürlich
unser Lager in Rustem-abad getheilt und thaten ihr Möglichstes, um unser
Geld und unsere Langmuth in bester Weise auszubeuten. Die Spitzbübereien
und Betrügereien nahmen kein Ende und wir konnten in der That sehr
zufrieden sein, wenn wir schliefslich bei den Geldangelegenheiten n u r.25
bis 30 % verloren. Wir ständen als Betrogene auch so wenig vereinzelt da,
dafs mancher in Persien bereits einheimische Europäer uns offen gestand,
er käme nicht so billigen Kaufes weg. Ein vornehmer Perser, der lange
in. Europa gewesen war und neben unseren Sitten und Gewohnheiten manche
europäischen Anschauungen kennen und schätzen gelernt hatte, pflegte uns
mit folgenden offenen Worten zu trösten. „Wie können sie sich darüber
wundern oder gar ärgerlich werden, dafs man sie als Leute betrachtet, die
zu belügen, zu betrügen und zu bestehlen man ein Recht zu haben glaubt.
Hier zu Lande empfindet man eine gewisse Scheu vor der teuflischen Intelligenz
der Leute in Frengistan, verspottet aber jeden einzelnen Frengi,
sich selber sagend: wie kann man ein vernünftiger Mensch sein, wenn man
die Kopfbedeckung, zumal keine persische Pelzmütze, abnimmt, wenn man
bei einem Besuche mit den Schuhen ins Zimmer tritt, sonderbar gestaltete
Kleidungsstücke u. s. w. trägt.“ Wir haben im Laufe der Zeiten immer
mehr erkannt, wie sehr unser persische Freund Recht hatte.
Derselbe gab uns einst bei einer gelegentlichen Unterhaltung über die
zerrütteten persischen Zustände folgende Auskunft in Bezug auf die Geduld
des Volkes, das sich nicht wie e in Mann erhebt, um dem Possenspiele
mit einem Schlage ein Ende zu machen.
„Das persische Volk begreift so gut wie die Leute in Frengistan, dafs
es geplagt, geschunden, beraubt und bestohlen wird. Es empfindet so gut
wie der Europäer, dafs ihm der Segen einer europäischen Regierung in
kurzer Zeit Wohlstand und Blüthe verschaffen würde; aber es ist apathisch,
schweigt und erträgt aus folgenden drei Gründen. Einmal aus der Furcht