Die glatten Wände der Moschee, unter den Kuppeln, sind mit eingebrannten
hervortretenden Arabesken-Malereien auf Porzellantafeln bedeckt,
eine Kunst, die jetzt in Konstantinopel gänzlich verloren gegangen ist.
Die Moschee, damit wir so vollständig als möglich in der Beschreibung
seien, hat sechs Minarets.
Yon der Moschee aus lenkten wir die Schritte unserer Pferde nach
dem alten Serai- humajun, der türkischen Hofburg, mit einer Reihe von
Gärten, Höfen und Gebäuden, räumlich so grofs etwa als die innere Stadt
Wien, zuletzt von Mahmud II., dem Vater des jetzt regierenden Sultans
bewohnt, seitdem unbenutzt und leer stehend. Der in persischem Stile
erbaute sogenannte persische Kiosk, eine Art von Gartenhaus mit Veranda
davor, enthält ein ganz eigenthümliches Museum alttürkischer Kostümpuppen,
die Trachten veranschaulichend, welche man vor der Einführung
des Tansimats trug. Da stehen wie stumme Gespenster aus jenen Zeiten
nebeneinander in friedlichster Ruhe geistliche, militärische, höfische und
andere Würdenträger, und die Leute gewöhnlichen Schlages bis hinab zum
Henker und Lastträger, die sich vor allen durch die Farbe, den Stoff und
die drollige Form ihrer Turbane von einander unterscheiden und altszeichnen.
Jede Figur trägt ein Etiquett am Halse' mit entsprechender Aufschrift
in türkischen Schriftzügen. Die schönen Pagen der früheren Sultane
, mit wächsernen Portrait-Masken stehen in Spinden unter Glas. Ihre
Geschichte gehört den Geheimnissen orientalischer Liebhaberei an.
Wir verliefsen die von vielen Tauben bewohnten unheimlichen Räume
mit dem stillen Wunsche, dafs auch das geistige Alttürkenthum recht
bald in eine ähnliche Rumpelkammer gesteckt werden möchte, um dort
der ewigen Vergessenheit schleunigst anheimzufallen.
Reizend ist der Weg durch einen wahren Wald dunkler Gypressen
nach dem Sommer-Serail am heiteren Gestade des Meeres. Die Brust
athmete hoch auf in der frischen freien Luft; es war uns, als. seien wir
aus einem dumpfen Grabe mit alttürkischeu Leichen zum'sonnigen Tage
hinaufgestiegen. Ein Rudel zahmer Rehe jagte auf dem grünen Rasenteppich
in lustigen Sprüngen an uns vorüber.'
Der Sommer - Serail ist geschmacklos, dabei überladen decorirt. Die
herrliche Aussicht, welche man von den Fenstern aus nach dem Bosporus
und nach Scutari hinüber h at, ist jedenfalls das Beste an ihm. In einem
zu Promenaden für den Harem eingerichteten langen Gange mit vergitterten
Fenstern nach der Hofseite hinaus, hingen ohne Auswahl viele europäische
Kupferstiche und Holzschnitte unter Glas und Rahmen in langer
Reihe nebeneinander. Scenen aus dem Kriegsleben des grofsen Napoléon,
Seestücke,, Landschaften, Fçuersbrünste u. s. w. In einem kleinen, halb
finstern Nebengemache wurden uns prachtvolle, mit Edelsteinen und Perlen
reich besetzte Waffenstücke, Schmuckgegenstände und sonstige Reliquien
Sultan Mahmud’s II. gezeigt. Ein orientalisches Kalemdan oder Schreibzeug
strotzte vor lauter Glanz und Herrlichkeit.
Nach dem nahegelegenen Winterpalast hinaufreitend, der sich an derselben
Stelle be finde t,' wo früher der Palast der byzantinischen Kaiser
stand (erst neulich sind dessen letzte Ueberreste gänzlich zerstört wurden
und liegen nun als aufgethürmte Schutthaufen da), begegneten wir der sogenannten
Säule des Theodosius. Es ist dies eine Kolonne jonischer Ordnung
mit Kapitäl, die zum Andenken eines Sieges über die Gothen hier-
selbst aufgerichtet wurde.
Man wird mir vergeben, wenn ich den.Versuch aufgebe, den Léser
im Geiste durch die geschmacklosen Räume des Winterpalastes zu führen.
Alles ist leer, öde, unheimlich. An die Zeiten schneller orientalischer
Gericbtspflege erinnert der grofse Vorhof. Dort, in jener offenen Halle,
safsen die Richter, welche ihre Todesurtheile fällten, die sofort in der
Halle des Thores ausgeführt wurden.
Könnten die Beile und Schlachtmesser reden, welche in der Nische
symmetrisch aufgestellt sind, sie würden von mancher blutigen That erzählen,
deren Schauplatz der Friede bringende Eingang zum Palast des
Grofsherrn gewesen ist. Personen geistlichen Standes, deren Blut nach
einer Vorschrift des Korans nicht vergossen werden darf,, wurden nie von
der Schärfe des Beiles berührt, sondern in einem grofsen eisernen Mörser
zu Brei gestampft, um den Buchstaben des Gesetzes zu umgehen. Noch
vor einigen Jahren war dieser fatale orthodoxe Mörser den Blicken der
Oeffentlichkeit ausgestellt.
In der nahe gelegenen Kirche der heiligen Irene haben die practischen
Türken eine eigenthiimliche Umänderung getroffen. Dieselbe ist nicht
etwa, wie die Aja Sophia, zu einem mohamedanischen Gottestempel verwandelt,
sondern zu einem — Zeughause umgeschaffen. Von oben bis
i unten ist sie mit Flinten, Pistolen, Säbeln und anderen Waffenstücken
gespickt. Alte Rüstungen, Helme, Schwerter, Kettenpanzer, Hellebarden,