([Ru-bend). Die Männer, nur wenige in der schwarzen Traüerkleidung,
safsen links davon und vor der Bühne, nach unserem Standpunkte zu. Da,
wo auf den Dächern der Nachbarschaft ein Plätzchen offen war, hatten
sich Weiber und Kinder dicht am Rande niedergekaueft. Der Mehrzahl
gehörten sie, nach ihrer Tracht zu urtheilen, der niederen Bevölkerung
unseres Stadtviertels an. Polizeileute, mit langen Stöcken bewaffnet, hielten
die Ordnung unter dem beweglichen lustigen "V olke' aufrecht, während
die Diener des Schahzadeh in thönerneu Gefäfsen den durstigen Männern
und Weibern Trinkwasser spendeten. Auf kleinen Pauken und auf den
langen persischen Trompeten wurde in üblicher Weise das Zeichen zur Eröffnung
des Schauspieles gegeben, die Strafsen wurden abgesperrt und es
traten nun die Schauspieler auf, um ihre Recitatjonen zu beginnen.
Das Spiel dauerte eine gute Stunde, die Schauspieler thäten dabei ihr
Möglichstes, um den Augen der Zuschauenden währe Thränenströme hervorzulocken
und das dankbare Publikum, Kopf und Brust schlagend und
laut jammernd, schien ganz aufgelöst von dem Schmerze, , die frommen
Imame sterben zu sehen. Nach den Schilderungen," welche wir bereits oben
von der Art und Weise dieser religiösen Schauspiele: gegeben haben, wird
man uns eine weitere Beschreibung'dieser Tazieh, welche den Tod des
Imam Hussein als Gegenstand behandelte, gern erlassen.
Die Zeit, welche uns sonst in Teheran zur Mufse übrig'blieb , wurde
in gewissenhafter Weise zur weiteren Kenntnifs der Stadt benutzt. Wir
machten in Begleitung der Diener kürzere und längere Spaziergäüge, besuchten
die Bazare, mischten uns in das dichte Gedränge der bunten Bevölkerung
und kehrten bei den wenigen Persern und Europäern unserer
Bekanntschaft ein, deren Beruf selbst in der gröfsten Hitze die Entfernung
aus Teheran und eine Uebersiedelung nach Schimran nicht gestattete. Nahmen
wir des Abends unseren Rückweg nach unserem Hause, so mufsten,
den Polizeigesetzen orientalischer Städte entsprechend, grofsmäöhtige Laternen
angezündet werden, welche heimwärts leuchteten und von den Dienern
vorangetragen wurden. Je gröfser eine Person ihrem Range nach
dasteht, je gröfser mufs, ein ächt persischer Zug, die Laterne' sein, so dafs
man im Stande ist, des Abends an den Laternen ,die vornehme Welt von
der ärmeren Klasse sehr genau zu unterscheiden.
In den Bazaren waren es vorzüglich die schönen Karawansereien,
welche unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich zogen, unter ihnen wiederum
am meisten die „Karawanserei des Emir“*, so genannt nach dem früheren
Premier-Minister, dem Emir-i-Nizdm Mirza-Taghi-Iihan, einem persischen
Mentschikof, welcher sich um das öffentliche Wohl des Landes in der ausgedehntesten
Weise verdient gemacht hat.
Sohn eines ärmen Koches aus KirmanscWh, hatte Mirza Taghi das
Glück, in die Dienste des damaligen Kronprinzen Nasr'eddin-Mirza zu treten
und sich so ausschliefslich das Wohlwollen desselben zu erwerben, dafs
ihm sehr bald die Oberleitung des ganzen prinzlichen Hauses übertragen
wurde. Kaum hatte der junge Fürst, nach dem Tode seines Yaters den
Thron Pör-siens bestiegen, als auch Mirza. Taghi mit einer Würde bedacht
ward, die ihm eine Stelle in der unmittelbarsten Nähe seines Schah verschaffte;
er wurde' Premier - Minister und erlangte zuletzt in dieser Eigenschaft
den höchsten Titel eines Atabek (Major-domus).
Er begann damit,- sein Amt durch eine Reihe nothwendiger Handlungen
einzuweihen, welche den Zweck hatten,, die nach dem Tode Mohammed-
Schahs hervorgerufenen Unordnungen und Gesetzwidrigkeiten jeder Art in
der energischsten Weise zu beseitigen. Mord und Plünderung waren auf
dem flachen Lande wie in den Städten an der Tagesordnung und selbst in
Teheran übten die bekannten Luti die brutalsten Streiche a u s ., Die Gouverneure
in den Provinzen hatten gleichfalls den Thronwechsel als eine
günstige: Gelegenheit gewaltsamer Bereicherungen benutzt, und die Hat hörten
auf, die regelmäfsigen Steuern zu zahlen. Mit einem Worte, der junge
Schah und sein Minister fanden beim Antritt der Regierung die Ordnung
der Dinge in einer vollständigen Auflösung vor.
Das Wort F u r c h t hat in Persien einen zu gewichtigen Sinn, um nicht
auf die Gemüthbr derjenigen, welchen Unordnung- und Gesetzlosigkeit wün-
schenswerthe Mittel zu ihren Handlungen sind, nachhaltig zu wirken. Als
äuf den Befehl ^ E m r - i^N iz d i^ S Y .oder.-wie er in Persien gewöhnlich ganz
kurz bezeichnet wird, des Emir’s die Köpfe von den Hälsen flogen, da fing
man an einzusehen, dafs mit dem gestrengen Wezir. nicht zu scherzen war
und man bequemte sich i auf das. Schnellste zur Ordnung zurückzukehren.
Kaum war die Sicherheit ; der Personen und; des Eigenthnms wiederhergestellt
worden, so unternahm der Emir reformatorische Anläufe, deren
segensreiche Erfolge bis auf den heutigen .Tag in einzelnen Spuren zurückgeblieben
sind, und das Erstaunen, aber auch anfänglich die Bewunderung
der Bewohner Persiens erregten.