Solche Ortschaften wie Paskaleh am und auf dem Elburs sind es vorzüglich,
welche der Schah als Terrain für die Jagd auswählt. Die letztere
liebt er mit Leidenschaft und Winter und Sommer zieht er nach dem Kuh
oder Gebirge, um als ausgezeichneter Schütze und Jägersmann zum grofsen
Verdrusse des ihn begleitenden Trosses seiner Neigung nachzuhängen. Er
erklettert oft mit Lebensgefahr die höchsten und steilsten Gipfel der Berge
und trifft ebenso geschickt die behende Gazelle oder das flüchtige Bergschaf,
als er kühn und verwegen dem Bären entgegengeht, um ihm das
blanke Messer in den Leib zu tauchen. Bei einer Jagd in Scheristanek,
einem Dorfe am Elburs, tödtete der Schah aufser mehreren Gazellen mit
eigener Hand zwei grofse Bären. Ein Paar hundert Mann Soldaten und
Ferrasche hatten ihm die Thiere zugetrieben. Nach Landessitte legten
die zufällig anwesenden Minister des Auswärtigen, des Innern und des
Krieges Sr. Majestät zum Ausdruck ihrer Bewunderung ein jeder fünfzig
Tomän zu Füfsen, welche Allergnädigst acceptiret wurden. So erfreut die
Dörfer sein mögen, in deren Nähe die Jagdzelte aufgeschlagen werden,
das Angesicht des Schah zu sehen, so eingenommen sind sie gegen die
Vampyr-Begleitung, welcher sie allen nöthigen Lebensbedarf liefern müssen.
Wie es dabei hergehen mag, wird am besten beurtheilt werden können,
wenn wir nach Hörensagen erzählen, dafs ein armes Dorf jenseits des
Elburs unter der Hand 4000 Tomän offerirte, wenn die Wiege der Glückseligkeit
es mit seiner heiligen Nähe und Gegenwart verschonen wollte!
XX. Kapitel.
P e r s i s c h e F r e u d e n - u n d T r a u e r f e s t e .
Die Hitze gegen Ende des Monats Juni wurde immer drückender. In
Teheran hatte sie am 22. Juni im Zimmer das Maximum von 4- 85 0 Reaum.
erreicht, am 24. Juni stand das Quecksilber im Thermometer um 3 Uhr Nachmittags
in meinem Zelte auf -j- 28,5 0 R. Sie kam wie gelbe Gluth vom südlichen
Himmel her gezogen, und selbst der Wind, der indefs selten wehte,
blies uns Backofenwärme ins Gesicht. Wir vermochten nur bis 10 Uhr
Morgens zu arbeiten, quälten uns von Schweifs triefend in der übrigen Tageshitze
mit dem Verjagen zahlloser stechenden Fliegen und Moskitos ab, und
fanden unsere einzige Erholung in dem kurzen Vergnügen, den Körper eine
Viertelstunde lang in dem Bassin unseres kleinen Hofes hinter dem Hause
im warmgewordenen Quellwasser bis an den Hals unterzutauchen. Das
Wasser darin wurde nur zweimal in der Woche erneut, da die Bäche, .welche
unser Dorf berieselten, kaum hinreichten, um dem Garten die nothwen-
digste Feuchtigkeit zu spenden, und schnupfenartig zii dünnen Streifen versiegten.
Däfs übér das Wasser-mein und dein stets “Streit im Dorfe entstand,
gehört zu sehr zu den Gewohnheiten des persischen Landlebens, um
ausführlicher hervorgehoben zu werden. . Die Früchte. waren mit Ausnahme
der Aepfel, Birnen, Quitten und des Weines bereits gereift; Pfirsiche, Aprikosen,
weifse lind schwarze Maulbeeren, die man mit Eis-Beilage anzubieten
pflegte, Kirschen und Pflaumen luden verführerisch zum Genufs ein. Leider
ist dem Europäer dabei grofse Vorsicht nöthig, da Dyssenterien und Fieber
nicht selten eine Folge genossenen Obstes sind." Selbst die unschuldigsten
Freuden des Daseins werden so von dem Klima vergällt.
" Am 30. Juni (d. 10. Zi-l-hedscTieK) feierten die Perser ela großes Freudenfest,
dem in dem Kalender der Namö ä’td azha „Fest des Opferlammes^“ gegeben
ist, das aber vom Volke als Kurban Beiram bezeichnet wurde. Ich kannte
dasselbe bereits von Aegypten her, woselbst es die ärabisch-mohamedanische
Bevölkerung (z. B. zu Kairo d. 13. September 1854) unter dem Namen El-
ficta („die Auslösung“) oder a’id-el-kebir („das grofse Fest“ ) oder auch
did-ed-dahhijeh vier'Tage lang feiert, dabei, neue Kleider anlegt, sich gegenseitig
beglückwünscht und ein Thier, gewöhnlich einen Hammel, schlachtet.
Das Hauptfest findet gleichzeitig in Mekkeh Statt, wo die Pilger
einen Hammel schlachten, die Reicheren, um das aufgeschnittene Thier für
die Beduinen liegen zu lassen, die Armen, um es selber zu verspeisen.
Die ganze Festlichkeit soll zur Erinnerung an das Opfer Ismaels durch
Abraham eingesetzt sein (s. oben S. 209). Die Perser fingen die Vorbereitungen
dazu bereits am Tage des 29. Juni an. Am Nachmittage desselben
wurde durch das ganze Dorf ein Kameel, mit Decken {einpusch) und Troddeln
behängen und aufgeputzt, unter quäkender Musik herumgeführt, wobei
man in den Gehöften der reicheren Leute Halt machte. Auch wir, obschon
Christen,, hätten die Ehre, das Opferkameel längere Zeit anschauen zu
dürfen, wofür ein Geschenk in Gelde an die Führer verabreicht wurde.