in der Hauptrichtung dem Flusse zugekehrt. Yor einer Holzbaracke wird
Halt gemacht Der Kommandant von P o ti, der brave russische Oberst
K und der Chef der Douane kommen zur Begrüfsung des Gesandten.
Die Einladung des Obersten, seine Gastfreundschaft anzunehmen, is t.z u
herzlich ausgedrückt, um sie zu verschmähen.
Da sitzen wir im alten Kolchis an dem Fenster des gut möblirten
hölzernen Blockhauses, dessen Sauberkeit musterhaft zu nennen ist. Lustig
flackert das Feuer im Kamin, die grofse Wanduhr bewegt ihr Pendel in
lautem Tact langsam hin und her. Ganz oben in der Ecke des Zimmers,
nahe am Fenster, brennt ein Oellämpchen vor dem Bilde der Maria mit
dem Kinde. Der eintretende Kusse, selbst wenn Niemand im Zimmer ist,
wird nicht ermangeln sein Haupt zu entblöfsen. Die Anwesenheit des Heiligenbildes
ist für ihn hinlänglich Grund, als Zeichen der Verehrung die
Kopfbedeckung abzunehmen.
Werfen wir einen Blick aus dem Fenster. Planlos und vereinzelt stehen
die Blockhäuser d a , etwa 100 an der Zahl (vor zwei Jahren gab es hur
e in Hans). Wie eine Mühle ruhen die Holzbaraeken auf einem Gestell von
Pfählen. In dem Raume darunter wälzen sieh Schaaren grofser und kleiner
Schweine behaglich im Koth.., Poti — wie überhaupt der ganze Kaukasus
— kann in der That das Paradies der Schweine genannt werden.
Die Baracken der Bewohner von Poti, meist von russischen Soldaten
und -wenigen Juden bewohnt, haben keine Fenster. Die Thür geht dagegen
bis zum niedrigen Giebel des Schindeldaches hinauf. — Die gröfseren
Häuser haben einen balkonartigen, vom Dache mitbedeckten V orbau mit
niedriger Holztreppe. Holzstämme vertreten die stützenden Säulen. Unter
dem unsrigen hält ein russischer Soldat Schildwacht. Wasserstiefeln, ein
grauer Mantel, ein riesiger Papach (die tscherkessische Pelzmütze) bilden
das einfache Kostüm.
Trotz des strömenden Regens wagen wir einen Ausgang ins Freie.
Alexander Dumas hat Poti zu lustig beschrieben, als dafs die Expedition
nicht versucht werden sollte.
Ungeheurer Koth, unterbrochen von grofsen Teichen, bildet die Breiunterlage
der Strafse. Wie aus Inseln so ragen die erhöhten Rasenstellen
aus den Pfützen hervor, auf denen kahle, entlaubte Baumstämme vom
Westwinde hin und her geschüttelt werden, der die Segelbarken 200 Schritt
vor uns in raschem Fluge flufsaufwärts treibt. Der Versuch, auch nur
zwanzig Schritte in dem kolossalen Kothe vorwärts zu kommen, mifs-
glückte vollständig. Im Angesicht der Schwierigkeiten, "welche selbst den
Angesiedelten in Poti das Vordringen im fetten Schlamm nur äufserst
langsam gestattet, gaben wir bald die Hoffnung auf, ein Stück von Poti
zu durchwandern.
Ein Ereignifs war nach unserem Eintritt in das Haus die Nachricht
vom Fange eines grofsen Störes', des ersten, der in diesem Jahre Poti
besuchte. Ein paar Stunden später liefsen wir uns den etwas süfslich
schmeckenden Ikra (Caviar) trefflich munden.
VIII. Kapitel.
Re i s e von P o t i na ch T if lis .
Am Sonnabend in der Frühe erhoben wdr uns lange vor Tagesanbruch
von unserem Lager im Blockhause zu Poti , um uns bei Zeiten auf dem
„Täubchen“ einzuschiffen. Das Vöglein war aber bereits den Flufs aufwärts
gezogen, und so mufsten wdr ihm, der gute Oberst an der Spitze,
durch tiefsten Koth eine gute Strecke Weges nachziehen.
Der Regen hatte aufgehört, die Sonne schaute in Zwischenräumen
durch das zerrissene, schnell dahinziehende Wolkenmeer auf Poti nieder.
Wir wanderten das Ufer entlang. Blockhäuser waren eben im Bau begriffen,
andere standen vollendet da. Mächtige Balken des. schönsten
Nutzholzes vom Nufsbaum, einen Fufs im Quadratdurchmesser, 12 bis
15 Fufs in der Länge, die hier an Ort und Stelle etwa e in e n Silberrubel
kosten, versperrten uns oft den Weg. Russische Soldaten und Eingeborene
des Landes mit dem dicken Papach auf dem lockigen Haupte grüfsten von
allen Seiten. Zwei sehr ärmliche Gurier, die unserem Zuge begegneten,
verneigten sich demuthsvoll und nahmen voller Respect die Pelzmütze vom
Kopfe. „Voila deux princes du pays!“ rief uns lächelnd der Platz-Kommandant
zu, auf beide hinweisend.
Endlich erreichten wir das „Täubchen“. Man war eben noch damit
beschäftigt, eine Menge Holzkloben auf Deck zum Heizen aufzuspeichern,
da das Holz so gut wie umsonst zu haben ist.