Ich bin ein Kurdistane,
Die Lippe küss’ ich dir.
Knack lustig Tact, komm her zu mir,
Die Seele mein gehört .ja d ir!
Das Herze mein, das Herze dein
Soll wie ein Paar Citronen sein,
Dein eigen! •
Wir haben kaum nöthig, zu bemerken , dafs dieses und ähnliche Lieder
keine „Sonne der Dichter“, vfte die Perser ihre S c h i l l e r und Göthe
zu bezeichnen belieben, zum Verfasser haben, sondern lediglich aus unbekannten,
dunklen Quellen des Volkswitzes hervorsprudeln, ohne irgend
ein Zeichen ihres Ursprunges an ,der Stirn zu tragen. Aber sie gefallen
aus denselben Ursachen, wie ein neu aufgekqmmenes Spiel den Kindern
gefällt, und die Töne eines ■ solchen Liedes ■ würden einen Perser in der
Fremde mit denselben wehmüthigen Heimäthsgedanken erfüllen, wie den
Schweizer der älper Kuhreigen oder den Berliner Landwehrmann das sentimentale
„0 Dannebohm, o Dannebohm!“ auf französischer Erde.
Im ganzen Morgenlande, und Persien ist trotz indogermanischer Muttermilch
davon nicht ausgeschlossen, gilt das Tanzen für Männer als unanständig
und entehrend. In. den persischen Gesellschaften unterhalten nur
Tänzerinnen die anwesenden Gäste durch ihre Künste. Die Tänzer, welche
darum stets in weiblicher Maske Auftreten , wie das Hamadaner Pärchen,
gehören deshalb zu dem verachtetsten Theile der gesammten Bevölkerung
und werden, da freier EntsChlufs den erwachsenen Perser niemals dazu
veranlassen dürfte, meist im zartesten Knabenalter zu dem schnöden Gewerbe
auferzogen und herangebildet. Ihre Gesellschaft wird nur vön den-
jenigen gesucht und geschätzt, welchen der eigene Säckel die Unterhaltung
von und mit den sogenannten Kudscheh-sefari nicht gestattet und die es
beklagen, nicht nach der verblümten Regel: ^im-Winter zu Thal, itn Sommer
zu Berg“ leben zu können, sondern die Gelegenheit beim Schopf fassen.
Die Tänzer hatten sich, reichlich belohnt, längst-verabschiedet, die
Lichter waren verlöscht, die ..Schaubühne unseres Talars öde und still geworden,
wir selber lagen ausgestreckt auf unseren Feldbetten und hätten
die müden Augen längst geschlossen, als ein entsetzlicher Lärmen uns aus
dem Schlafe störte, ohne auch nur eine Minute nachlassen zu wollen. Von
dem Seitenflügel des Hofes h e r, woselbst die persischen Diener unseres
Eltschi in den Gemächern des oberen Stockwerkes ihr Lager aufgeschlagen
hatten, hallten wilde- Töne menschlicher Stimmen zu uns herüber, in ruhi-
gen Zwischenpausen von der Musik der persischen Geige, von dem Gerassel
des Tambourins und von dem Händeklatschen unterbrochen. Die
Diener hatten es für gut befunden, die ganze Nacht über die Theatervorstellung
fortsetzen zu lassen, und Tänzer und Zuschauer hatten sich zuletzt
dem landesüblichen Vergnügen ergeben, sich nach Herzenslust durch den
Genufs vön Opium zu. berauschen. Mir ward der Auftrag, die erregte Gesellschaft
aufzulösen und ich that dies mit aller der Vorsicht, welche so
berauschten Personen gegenüber immer, rathsam genug erscheint. Das
Frühroth begann bereits^am Himmel zu tagen, als die persischen Tänzer
und Musikanten wankend und taumelnd den Hof unseres Menziles ver-
liefsen.
Am letzten Tage unseres Aufenthaltes in Hamadan — in trauriger
Weise bezeichnet durch das Auftreten der rothen Ruhr, welche mich und
den deutschen Koch befiel — hatte der Eltschi die Ehre, den Gouverneur
der modernen Ekbatana mit seinem zahlreichen Gefolge zu empfangen. Der
ganze Hof unseres Hauses war von Dienern aller Gattungen überfüllt, von
denen durch ihre, schmucke ^Erscheinung und ihre gute Bewaffnung die
Tufmgtschi oder „Schützen“ und die Tufeng dar oder „Büchsenspanner“ des
Gouverneurs am meisten in die Augen fielen. Der letztere erschien in
allem Glanze seines Standes und seines Ranges und erwies sich in dem
Verlaufe der Unterhaltung als ebenso gesprächig und witzig, wie gemüth-
lich und angenehm. Herr v. M. verfehlte nicht, ihm am Abend mit der
ganzen preufsischen Mission seinen,Besuch abzustatten, um der Pflicht des
Bäz-did in angemessenster Weise nachzukommen, und man trennte sich
erst bei hereinbrechender Nacht mit den besten Eindrücken, welche man
gegenseitig zurückgelassen hatte. Die Diener des Prinzen hatten ihre
grofsen Standeslaternen angeziindet, andere trugen hellbrennendes Holz in
sogenannten Mosch’al d. h. eisernen Feuerbecken, die sich an dem oberen
Ende einer langen Stange befinden und im Morgenlande die Stelle der
Fackeln vertreten. Sie liefen vor und neben unseren Pferden einher; die
rothe Flamme des brennenden Holzes erleuchtete in blutigem Wiederschein
die kahlen, schmucklosen Hauswände der engen Strafsen und Gassen, und
der schwelende Rauch, mit glimmenden Funken untermischt, stieg, weithin