XIV. Kapitel.
In P e r s i e n . — R e is e von D s cK n lfa b is T ä b r iz , -
Am 12. April in der Frühe nahmen wir Abschied von unseren russischen
Freunden und von allem europäischen Leben. Zwei russische und
persische Fähren, welche von der Fluth des Aras in Bewegung gesetzt
werden, führten uns und unser Gepäck nach Persien hinüber. Der ganze
persische Trofs hatte sich an der Landungsstelle versammelt, an ihrer Spitze
zwei Mehmendäre, welche den Abgesandten Preufsens auf iranischem Boden
empfingen.
Der Name Mehmendär, wörtlich so viel als „Gasthalter“, bezeichnet
die vom Schah ernannte offizielle Person, welche Gesandte und Gesandtschaften
auf persischer Erde empfangen und bis zum Ziele der Beise geleiten,
mit Pferden und sonstigem Nothwendigen versehen, für Beschaffung
von Lebensmitteln sorgen und auf alle nach persischen Vorstellungen durchaus
erforderlichen Ehrenbezeugungen Seitens der Städte und Dörfer, welche
die Gesandten auf ihrem Wege berühren,. ihr Augenmerk richten müssen.
Der offizielle Mehmendär, der die preufsische Mission empfing, war ein
persischer Oberst oder Serh&nk aus Täbriz. Als zweiter Mehmendär hatte
sich ihm der Gouverneur des Distriktes-von Mar and, den wir zunächst bereisen
mufsten, zugesellt. Das war ein Schahsadeh oder Prinz von der Familie
des Kaisers, also vom Stamme der Kadscharen.
Hr. Baron v. Minutpli mufste dicht am Ufer des Flusses das reich geschirrte
Ehrenpferd turkomanischer Rasse besteigen, die Mehmbndäre ritten
ihm zur Seite, wir ändern folgten hinterher mit dem gesammten berittenen
Persertrofs. Vor dem Hause der Tschaparkhaneh wurde abgeStiegen, eine
kleine Treppe mit fufshohen wackligen Stufen führte zu einem kleinen
"schmutzigen Gemach mit glaslosen, nur mit Papier verklebten Fenstergittern.
Der einzige Schmuck darin war ein persischer Reiseteppich.
Reden folgten auf Reden. Bei meiner damaligen geringen Kenntnifs
vom Persischen verstand ich anfangs wenig mehr als die häufig wiederholten
Worte dustl „Freundschaft“, memleket-i-Prus „Königreich Preufsen“,
memleket-i-Iran „Königreich Persien“ und kheili khub „sehr schön“. Alles
übrige konnten wir indefs aus der Uebersetzung des Dragomanen bald ergründen.
Es waren blumenreiche, höfliche Reden, wie sie dem Perser so
sehr geläufig sind,-deren Schätzung jedoch bei genauerer Kenntnifs des
Volkes auf ihr richtiges Maafs zurückgeführt werden mufs. Die Perser
haben eine form- und gedankenreiche Art zu sprechen, die bei den ersten
Begegnissen mit ihnen unbedingt für sie einnimmt. Freilich ist die Kunst
des harf. zedtai, wörtlich des Buchstaben-Schlagens,, d. h. Redens bei ihnen
eine so allgemeine und so gewöhnliche Erscheinung, dafs man sich wundert,
wenn , einer nicht viel redet. Wahrscheinlich gehört der dann zu den
gescheuten Leuten, die den Mund nicht, viel öffnen, und wenn sie es thun,
ihren praktischen Gebrauch von den drei .wichtigsten Worten des persischen
Lexjcons machen, nämlich von bäli „ j a tseheschm „augenblicklich“ und
ferda „morgen“.. Mit bäli gewinnt man die Grofsen, mit Ischeschm erscheint
man gefällig, mit ferda spart man Mühe und Geld-, nicht etwa Zeit, denn
Zeitersparnifs ist in Persien, wie im ganzen lieben Oriente ein vollständig
unbekannter Begriff.
Die persische Lebenssitte erfordert beim Empfange eines Gastes gewisse
streng Beobachtete Gebräuche.' Ob man beim Eintritt desselben sitzen
bleibt, oder sich ein wenig erhebt, oder ihm entgegengeht, ob man die
Wasserpfeife (den Katian, gewöhnlich nach Teheraner Aussprache Kahün)
ihm zuerst anbietet, ob man ihm Thee bringen läfst — das alles erfordert
eine gewisse Erwägung, deren Inhalt die Rangabstufung ist. Dafs man
-gegen unsere Mission von der zuvorkommendsten Artigkeit in dieser Beziehung
war, darf als keine leere Versicherung- gelten.
Um neun Uhr setzte sich der Zug in Bewegung, um in vier Tagemärschen
die Hauptstadt der Provinz Azerbeidschan Täbriz zu erreichen.
Auf Courierpferden reitet man den etwa 16 deutsche Meilen langen Weg
bequem in einem Tage.
Die Anordnung des aus 40 Menschen und etwa 50 Pferden bestehenden
Zuges war wiederum der persischen Etiquette. entsprechend. Den Zug
eröffneten die berittenen Dschelaudare oder Stallmeister (d e r That nach
Stallknechte), welche an der Hand die Jedäk oder Luxuspferde führen.
Der vornehme Perser wechselt auf der Reise sein -Reitthier gern, mufs also
Reservepferde haben, die in prunkhafter Weise, mit schönen gestickten
Decken, den sogenannten Ziwpmch behängen, voranmarschiren. Hierauf
in zwei Reihen acht Serbas oder Soldaten, die den ganzen Weg zu Fufs