Steinmasse werfen, und machte uns auf den Löwenkörper, die ausgebreiteten
Adlerflügel, die Adlerkrallen an den Füfsen und auf den Hundekopf (!)
aufmerksam, als Reste eines petrefacten Greifes. Ich mufs gestehen, dafs
ich nur eine gespaltene Steinmasse sah, mit Vertiefungen und Erhöhungen,
die sich in der natürlichsten Weise beim Auseinanderklaffen gebildet hatten,
aber auch keine Spur von einem petrefacten Thiere, am allerwenigsten von
einem Greife, entdecken konnte. Die Phantasie war mit dem vortrefflichen
Franzosen durchgegangen, der hoch und theuer versicherte „que désormais
l’existence du griffon ne serait jamais révoquée en doute.“ Wir liefsen un-
sern Freund an Ort und Stelle, um seine begonnenen Studien und Zeichnungen
zu vollenden, und stiegen vorsichtig den Pafs hinunter, um durch
Thalwindungen und über neue Berge hinweg zu einer malerisch unendlich
schönen Stelle am Haras zu gelangen.
Heber Felsblöcke und Steingeröll brauste und toste das Bergwasser in
klarem Glanze dahin, sich zwischen zwei Bergmassen hindurchdrängend,
hinter welchen sich wie eine Coulisse im Hintergründe eine Felswand lang
und breit erhob und die Aussicht nach der Tiefe wie durch eine Riesenmauer
versperrte. Andere Felsen, die dicht zum Ufer des Wassers heranrücken,
schlossen den Haras ein, über welchen eine steinerne Brücke, steil
und hoch, nach dem jenseitigen aufwärtssteigenden Felsenpfad führte. Auf
unserer Seite, am linken Ufer, da, wo ich drei tiefe Felsengrotten bemerkte,
befindet sich ein Haus, wo die Reisenden Thee und Kaliün und
sonstige magere Perserkost gegen Geld erhalten.
Nach einer halbstündigen Rast am Ufer in der erfrischenden Kühle des
schattigen Felsenthaies setzten wir unsere Reise fort. Durch ein nicht endenwollendes
langes, trauriges, wüstes Thal, von Felsenwänden eingeschlossen,
zwischen denen bald spärlich, bald wasserreich ein Bach dahinfliefst, gelangten
wir, an der Karawanserai von Gamutsch vorüberziehend und einen
steilen Engpafs erkletternd, zur Kapelle Imamzadeh Haschern mit einem
grofsen Leichenacker gegenüber, links vom Wege ab. So wie man den
höchsten Punkt der Wanderung hinter dem Imamzadeh erreicht hat, öffnet
sich ein ebenso schönes als grofsartiges Panorama über Berg und Thal bis
zur Stadt Demawend hin. Vor uns in der Tiefe lag zunächst eine lange
und breite Fläche, reich an Feldern und Wasserleitungen, bedeckt mit den
Zelten von Nomaden und deren Viehheerden. Ein Bergzug begrenzte sie
unserem Standpunkte gegenüber. Wir kletterten den steilen Pafs nicht ohne
Gefahr abwärts zur Ebene hernieder, dem Laufe eines abgedämmten Baches
folgend, ritten quer durch die beschriebene Fläche hin, überwanden die
Höhen der Ausläufer des zweiten Bergrückens, hinter welchem sich ein
neues Querthal, wüst und traurigen Anblickes, öffnet, und wendeten uns
nach links, wo in der Ecke am Fufse eines gewaltigen, bogenförmigen
Höhenzuges die Stadt Demawend, von einem üppig, grünen Baumkranz eingeschlossen,
zur Einkehr freundlich einzuladen schien. In den Dörfern,
die wir durchzogen, war alles frisch und grün, an nordischen Vegetationsreichthum
erinnernd. Auf den Feldern waren die Leute mit der Ernte
vollauf beschäftigt, gewannen aber so viel Zeit, um bei unserem Vorüberziehen
herbeizueilen und dem Eltschi nach Landessitte eine Handvoll Aehren
als Pischkeseh darzureichen. Die Luft war drückend, der Himmel mit
dunklen Wolken bedeckt, ein Gewitter schien in Aussicht zu stehen; doch
erreichten wir die Stadt Demawend ohne einen Tropfen Regens.
Neben der Fülle schöner schattiger Gärten fiel uns beim Einrücken in
den Ort der Reichthum an Wasser auf, welches in Kanälen durch die
Strafsen der Stadt geleitet ist und den Wohnungen der Menschen, die theils
aus Erdziegeln, theils aus massiven Steinen aufgeführt sind, und den frucht