
 
		Hamadan,  von  aufsen,  hat  das  Ansehen,  als  sei  es  gestern  in  aller  
 Eile  aus  getrocknetem Erdschlamm  roh  aufgeführt,  heute  bereits  geborsten  
 und  baufällig  geworden,  um  vielleicht  morgen  in  Sehutt  zu  zerfallen. 
 Agbatana’s  Reste',  so  viel  davon  der  Strom  der  Zeit  weder  aufgelöst  
 noch  weggeschwemmt  hat,  liegen  tief  im  Boden  begraben.  Armenier  und  
 Juden  suchen  seit  langen Jahren  nach  den  goldenen und. silbernen  Schätzen  
 der  medischen  Königsstadt.-  Was  das  Glück  des  Zufalls  ihnen  spendet,  
 wandert,  meist  unerkannten  Ursprunges,  in  die  Glaskasten  der  Kabinette  
 europäisc hen  G elehrtenthum es. 
 Vor Hamadan,  etwa  eine  halbe  Stunde  ehe  man  das Gebiet  der  eigentlichen  
 Stadt  betritt;  befindet  sich  rechts  von.der  Strafse  ein  isolirter  Felsen  
 von  etwa  150  bis  200 Fufs  Höhe,  in  dessen  Nähe  sich  wie-ein  künstliches  
 Werk  von  Menschenhand  niedrige  Hügel  wie  eine  Mauer  in  einem  
 grofsen  Viereck  herumziehen.  Sie  schliefsen  einen  leeren  Platz,  r e i c h l 
 i c h   mit   S c h e r b e n   b e d e c k t ,   ein,  auf  dem  sich  hier  uiid  da  maulwurfsartige  
 Erhebungen  vorfinden.  Um  die  Täuschung  zu  vermehren,  hier  
 an  dieser  Stätte  den  Standort  einer  alten  Citadelle  zu  vermuthen,  'kommt  
 hinzu,  dafs  an  zwei  Stellen,  da  wo  die  Karawanenstrafse  einmündet  und  
 ausmündet,  Oeffhungen  wie  Thore  erscheinen,  die  sicher  nicht  das  blöfse  
 Ungefähr  geschaffen  hat. 
 Die  alten  Meder  werden  besser  gewufst  haben  als  w ir,  was  mit  diesem  
 seltsamen  Terrain  anzufangen  war,  und  welche Bedeutung  es  für  ihre  
 Hauptstadt  hatte. 
 Schweigend  zogen  wir  endlich  in  die  Gartenstrafsen  von  Hamadan  
 ein.  AnStelfe  der  alten  medischen Lanzenträger,  auserlesenen Volkes,  das  
 den  König  umgab,  begegneten  uns  acht  mattherzige  Hamadaner  in  zerrissenen  
 Feiertagskleidern  mit  langen  Rohrstöcken  in  den  Händen,  deren  
 Geschäft  es  war,  den  europäischen  Eltschi  bis'zum  Quartier  inmitten  der  
 Stadt  als  Führer  zu  dienen.  Bald  erschienen  auch  vier Reiter,  von  denen  
 zwei,  auf  herrlichen  Pferden  reitend,  zur  Noblesse  von  Hamadan  gehören  
 mufsten.  Sie  grüfsten  höflich,  nahmen  ihren  Platz  zur  Seite  des  Eltschi  
 ein  und  erbaten  sich  die  Auszeichnung,  den  „geehrten  Wezir“  bis  zum  
 Menzil  begleiten  zu  dürfen. 
 XXIV.  Kapitel. 
 H ä jn  a d a li. * 
 So  zogen  wir  denn  heiteren  Mutheg  in  die  Stadt  ein,  nahmen  unsere  
 Richtung  durch  den-südöstlichen Theil  derselben  und  liefsen  links  von  unserem  
 Wege  einen  bergartigen,  sehr  regelmäfsig  geformten  Hügel  liegen,  
 den  man  uns'  vorläufig  als  die  ehemalige Ark  oder Akropolis  von Hamadan  
 bezeichnete,  die,  wie  gewöhnlich,  vqn  den  Afghanen  im  vergangenen Jahrhundert  
 zerstört  sein  sollte.  In-der  That  mufs  dieser  Hügel,  gegenwärtig  
 Musella  d.  h.  „der  Gebetsplatz-“  geheifsen,  schon  in ..den  ältesten  Zeiten  
 der  medisch-persisc.hen Geschichte , eine  besondere Bedeutung  gehabt haben,  
 und  es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  er  der  Mittelpunkt  der  buntlackir-  
 ten Mauerringe war,  durch welche  sich  dag Urbild asiatischer Schahynschahe,  
 Sultan  Dejokes,  wie.  eine  Spinne  in  ihrem  Gewebe  von  der  profanen  Welt  
 absperrte,  freilich unbegreiflich  genug,  da  er,  ein durch  allgemeine Volksabstimmung  
 auf  den  Thron  erhobener  Herrscher,  keine Befugnifs  dazu  hatte,  
 das  bekannte  odi profänum  vulgus  et  arceo  in  so  praktischer,  mit  allen Regenbogenfarben  
 verbrämter  Schiefsscheiben-Manier  auszuführen. 
 Bereits  die  persisch-arabische Gelehrtenwelt  ergeht sich  in  hundert Ver-  
 muthungen  über  das  Alter  der  Stadt,  und  läfst  sogar,  in  ihrer  bekannten  
 SuChL  das  Gewand  der  ganzen  Urgeschichte  in  genealogische  Flicken  zu  
 ze’rreifsen,  die  Stadt  von  einem Herrn Hamadan,  welcher  da  war  ein Sohn  
 FelewdsfiWs,  des  Sohnes  .SV«,s,  deS' Sohnes Noah's  erbaut  sein.  Nun beweise  
 Einer  das  Gegentheil!  Andere,  weniger  urgenealogisch  gestimmt,  lassen  
 den  Pischdadier  Dschemschid  -den  Erbauer  der  Stadt  sein,  die  erst, von  
 Behmen,, dem  Sohne  IsfendiaBs  befestigt  worden  sein  soll. 
 Fafslicher  wird  schon  die  Angabe  derselben  Gelehrten,  dafs  Bokht-en-  
 nasr  d.  h.  Nebukadnezar  schlimmen  Angedenkens  die  alte  Stadt  Hamadan  
 zum  erste.imale  zerstört,  eigentlich  ersäuft  habe,  denn  sein  Lieutenant  
 Saqlab  liefs  die  Dämme  der  Flüsse  und  Kanäle  durchstechen,  und  noch  
 mehr  historisches  Licht  dämmert  in  ihren Angaben  über  König  Dara  d.  h.  
 Darius  und  den  grofsen  Alexander,  die  beide  in  Hamadan  Freuden-  und  
 Trauertage  durchlebt  haben.  Vom  Alexander  gehetzt  und  verfolgt,  habe