zu springen, nicht Folge leisten wollten und Miene zum Umkehren machten,
legten die Diener des Prinzen etliche Stangen über den Wassergraben
und so zogen wir in das prinzliche Gebiet ein. Das gröfste Zelt', auswendig
weifs, inwendig roth, mit vielen Abtheilungen, diente-als Empfangssalon.
Se. Hoheit hatten eben geschlafen, hatten aber dennoch die Giite,
den Eltschi zu bewillkommnen und unter Tbee- und AaüÄbegleitungein
lehrreiches Gespräch über den Fortschritt der Civilisation in Persien zum
Besten zu geben. Der Telegraph, den der Prinz zu vollenden im Begriff
stand, nachdem die Strecke zwischen Teheran und Zendschan bereits zu
Stande gebracht worden war, gab der Unterhaltung die erwähnte Richtung.
¡»Ihr seht, Eltschi, begann der Schahzadeh, dafs wir immer Schritt halten
mit den neuesten Entdeckungen und Erfindungen in Frengistdn. Wir
werden bald die langweilige Post zwischen Teheran und Täbriz ganz entbehren
können, sobald , der Telegraph vollendet sein wird, und das wird ■—
so Gott will — gar nicht mehr lange dauern ! “
„„Aber gute Landstrafsen und regelmäfsige Postverbindungen, fiel der
Eltschi ein, bilden ja die Grundlage allen Verkehres.;, wie in aller Welt
will man die Post durch den Telegraphen ersetzen, da, von sonstigen
Schwierigkeiten abgesehen, die Beförderung von Nachrichten durch den
Telegraphen viel Geld kostet.““
„Geld!? r— -Versetzte Ali-guM Mirza -—- elhamdulUllah j pu l 'dccrim
„Allah sei Lob 'und Preis,. Geld haben w ir!“ und -lachte, dafs ihm der
Bauch wackelte und das Gesicht blutroth wurde.
Neben der überflüssigen Post nahm die fernere Unterhaltung Physik
und Mineralogie in so starken Angriff, dafs mir noch schwindelt, wenn
ich an die Fortschritte der Wissenschaften in Persien denke.
Unsere kleine Karawane befand.-sich am 28.. April, Morgens 5 Uhr,
bereits auf der Strafse nach Zendschan. Einige persische Kavalleristen
dienten als Bedeckung, da Raubgesindel den Wreg seit'einiger Zeit unsicher
gemacht haben soll. Die Bergzüge auf der linken Seite verschwanden
immer mehr und mehr und erschienen zuletzt am fernen Horizonte in Gestalt
niedriger Hügel. Stärker und massenhafter trat dagegen die Gebirgslandschaft
auf der fechten Seite hervor. Sonderbar gestaltete Hügel fallen
in das fruchtbare Thal des Zendschan-tschai ab,- dessen Ufer hellgrüne:
Pappelbaumschulen in nb. wechseln der Fülle schmücken. Nach zweistündigem
Marsche in der angenehmsten Morgenkühle hielten wir in einer wasserreichen,
mit Baumgruppen bepflanzten Senkung Rast, in der sich unter den
vom Wasser bespülten Steinen eine Unzahl wie Krabben aussehender-Krebse
vorfanden. Der nahe dabeiliegende, aus etwa 50 Hütten bestehende Ort
führt den Namen Jmgidscheh *). Wir hatten bereits etwas über die Hälfte
Weges'von Täbriz nach Teheran zurückgelegt.
Auf unserer Weiterreise nach Zendschan (von da bis Teheran zählt
man 42 Fersach) wurde die Hitze äufserst drückend. Nach dreistündigem
Marsche,, immer auf dem rechten Ufer des Flusses entlang, der nach
Westen zu sich in den Kyzyl-v,zen ergiefst, sahen wir die Stadt auf einer
bedeutenden Hochfläche (5600 Fufs) lang ausgestreekt vor uns liegen, Kurz
vor unserer Ankunft sprengte* der Sohn des Hakim oder Gouverneurs mit
einer ansehnlichen Kavallerie-Begleitung unserem Eltschi zur Bewillkommung
entgegen, so dafs unser Zug aus mehr als hundert Pferden bestand.
Je näher man der Stadt kommt, je mehr schwindet in gewohnter Weise
däs. malerische Bild, welchessich aus der Ferne den Augen darbietet. Die
hohen Mauern und Thürme schrumpfen zu verfallenen Erdklumpen mit
Rissen und breiten Oeffnungen zusammen, die Häuser und Moscheen zu
elenden Ruinen. Die hübsche Moschee mit der grünen Kuppel scheint jeden
Augenblick einzustürzen, wie ein gebrechlicher.Alter, den Elend, Krankheit
und die Zeit gebeugt h a t, und der mit Sehnsucht der baldigen Auflösung
harrt.-
- Nach ihrer, gegenwärtigen Ausdehnung und dem Reichthüm an Trümmern
zu schliefsen, mufs Zendschan (ältere persische Schreibung Zengdn)
eine' bedeutende Bevölkerung gehabt haben. Gegründet von Ardeschir
Babegan (226 nach Chr. Geb.) und in einem Umfange von beinahe einer
deutschen Meile angelegt, hatte sie das Unglück, wie die meisten persischen
Städte, von den Mongolen zerstört zu werden. In der neuesten Geschichte
spielte Zendschan bei dem Aufstande der Bäbi eine traurige Rolle. Von
einem Schüler des Schirazer Heiligen entflammt, hatte die Bevölkerung von
Zendschan, an 15,000 Köpfen sta rk , die Waffen gegen die Truppen Nasr-
ed-äin's ergriffen. Von der Mauerbrüstung gedeckt, hatten sie acht Monate
lang den anstürmenden Serbäzen Widerstand geleistet und manche Lücke
in den Linien des Nizam hervorgerufen, bis endlich die Kugeln der persischen
Artillerie die Mauern der Stadt öffneten und ein allgemeines Blutbad
*) Auf meiner Rückkehr bezeichnete man mir denselben Ort unter dem Namen Jenkieh,