lang in ceremonieller Haltung reiten, sitzen, reden müssen, ohne dafs man
eigentlich so recht begreift, wozu so viel Aufwand menschlicher Geduld
und Spannkraft nützt, ist wahrlich keine kleine Aufgabe.
Für die erhaltenen Pischkesch der Bewohner des Ortes Safian mufste
ein goldenes • Enäm unsererseits gespendet werden, ehe wir frei ausreiten
konnten. Unter den Gastgeschenken stand eine Flasche armenischen Weines
(scharab) obenan, den ein mohamedanischer. Perser hochachtungsvoll vor
die Füfse unseres Ministers auf den Boden niedergesetzt hatte. So ausgezeichnet
fast-durchweg die persische Traube ist, so wenig bemühen sich
die Eingeborenen, und zwar nicht Mohamedaner, sondern nur Christen und
Juden, für eine ordentliche Bereitung des „Vaters des Verderbens“ oder
des Weines Sorge zu tragen. Sie keltern die Trauben nach unserer Art,
bewahren den Most in grofsen thönernen Gefäfsen und ziehen den abgeklärten
Wein auf Flaschen, die bei dem Mangel von Korkpfropfen mit
Baumwolle (p'embeh) zugestopft werden. Da im Lande Holz ein sehr seltener
Artikel ist, so ist den Leuten selbstverständlich die. Aufbewahrung
des Weines in Fässern -etwas Unbekanntes. Der so bereitete Wein, von
dunkelrother oder braungelber, kandisartiger Farbe, ist meistens sehr scharf
und dem europäischen Magen wenig zuträglich. Trotz des Verbotes im
Koran trinken die Perser den Wein in ebenso grofsen Massen als den Arak
oder Branntwein, nur vermeiden sie die Oeffentlichkeit. Täbriz, die Umgegend
des Urmieh-Sees, Hamadan, Jsfahan und einige Dörfer in der Nähe
von Schiraz haben einen besonderen Ruf wegen ihrer Weine. Als die beste
Sorte kann ich in der That den von Juden zubereiteten Schirazer Wein
empfehlen. Versendet werden alle diese Weine nur in höchst seltenen Fällen,
dagegen um so reichlicher an Ort und Stelle getrunken.
Unser Zug setzte sich endlich in persisch geordneter Weise in Bewegung.
Unsere rothgekleidete militärische Ehrenwache marschirte vorauf,
dann folgten die Luxus- oder ./edeA-Pferde. Ihnen schlossen sich etwa acht
oder zehn Mann irregulärer Kavallerie an. So lange wir uns auf dem Gebiete
des Ortes ßafidn befanden, behaupteten zehn mit Rohrstöcken bewaffnete
Safianer ihren Ehrenplatz vor dem Gesandten und gingen so stolz
vor ihm einher, wie einst die Lictoren in Rom vor ihrem Magistrate. Nun
kam erst der Gesandte mit den persischen Mehmendären, dann wir übrigen
und zuletzt als Pes-khaneh oder „Hinterhaus“ der Dienertrofs, welcher
nichts mit Küche und Zelt zuthun hatte. Diejenigen nämlich, welchen die
Sorge dafür oblag, oder das Pisch-khan.eh „Vorderhaus“ war lange vor uns
voraufgeritten, um in geeigneter Entfernung von Täbriz ein Zelt aufzuschlagen,
in welchem wir uns in die europäischen Uniformen zu werfen
hatten.
Linker Hand von der Strafse hatten wir die Aussicht nach einer dunklen
Berglandschaft mit jenen eigenthümlich gezackten Kämmen, die den bleibenden
Charakter der persischen Höhenzüge bilden. Nach rechts hin öffnete
sich eine weite, von Rinnsalen durchschnittene Ebene, welche am äufser-
sten Horizonte durch den Anblick des konisch gestalteten Bergkegels auf
der Urumiehhalbinsel den einzigen Ruhepunkt gewann. Die Ebene, welche
sich bis zu den Ufern des genannten Sees ausdehnt, war an einzelnen
Stellen mit den Zelten von Nomadenstämmen bedeckt, die, wie es schien,
auf der Wanderung zu ihren Jelak oder Sommerstationen begriffen waren.
Vor uns erhob sich am südlichen Himmel eine steile Bergkette, hoch
überragt vom gewaltigen 8000 Fufs hohen Sehänd-Berge. Am Fufse der
mit Schnee bedeckten Gebirgsmasse, jedoch in dichte Nebelstreifen eingehüllt,
lag die Stadt Täbriz.
XV. Kapitel.
In T ä b r iz (T a u r is ) .
Hat man sich der Stadt auf anderthalb Fersach genähert, so tritt immer
deutlicher das Bild derselben entgegen. Wenn auch nicht so malerisch
gelegen, als manche andere Stadt, die wir bis jetzt auf unserer Reise kennen
gelernt hatten, ist doch die grofse, weitausgedehnte, dunkelbraune
Häusermasse, die sich zum Theil terrassenförmig erhebt, von angenehmer
Wirkung für das Auge. Nach einer, wenn auch nur kurz dauernden Reise
durch öde Landschaften hat das Bewufstsein, sieh den Wohnstätten zahlreicher
Menschen zu nähern, etwas Erheiterndes, Aufmunterndes.
In nördlicher Richtung vor der Stadt, deren Namen die modernen
persischen Etymologen von täb „Fieber“ und rikhten, riz „zerstreuen, vertreiben“,
also gleichsam „Fiebervertreibend“ ableiten, fiiefst ein tschai oder