begleiter, die ihre persische Reise „betauerten“, in die Stammbücher ein-
schrieben:
„Was suchen wir doch viel die alten Herrlichkeiten?
Die unterworfen sind den frefshaftigen Zeiten.
, Ich habe Persien in Persien gesucht,
Und durch das meinen Weg wohl hundertmal verfluch t.“
Ich weifs nicht, woher es kömmt, dafs die Bewohner mancher Städte
sich durch Dummheit oder Witz oder, was am Schlimmsten ist, durch
Flegelei und Grobheit ahszeichnen, und dafs diese Anlagen sich wie Erbkrankheiten
von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzen. Auch Hamadan
hat in dieser Beziehung durch ganz Persien, hin einen besondern Ruf, und
wie bereits im dreizehnten Jahrhundert der mohamedanische Geograph Jaqut
den Bewohnern dieser Stadt das Zeugnifs, verschrieene Grobiane zu sein,
giebt, so hat auch bis auf die Gegenwart hin weder wechselvolles Schicksal
noch der fortschreitende Geist der Zeit althamadanische böse Gewohnheit
abzuschleifen vermocht. Wir haben schon früher von groben bamadani-
schen Regimentern gesprochen und können versichern, dafs wir an Ort und
Stelle die Nachrichten durch eigene Erfahrung bestätigt fanden. Ich denke
m ir, jener Seidenweber in Isfahan, von dem mir ein Derwisch folgende
Geschichte erzählte, mufs ein hamadaner Kind gewesen sein.
„Schah Abbas, hub mein Derwisch an, war ein grofser König und
machte es oft wie S H. der Khalif Harun-er-raschid. Des Abends nämlich
legte er sein königliches Gewand ab, zog das Kleid eines schlichten
Bürgers an, und wanderte mit seinem Wezir durch cüe Bazare und Gassen
seiner Residenz. So kamen sie einst auf ihrer abendlichen Wanderung von
ungefähr bei einem Hause vorüber, worin ein sehr geschickter Seidenweber,
welcher herrliche Goldstoffe {seri) anfertigte, bei dem Schein einer
Lampe noch emsig mit seiner Arbeit beschäftigt war. Eben als die Beide
vorübergingen, ruhte er ein wenig von seinem Werke, trocknete sich den
Schweifs von seinem Angesichte und brach seufzend in die Worte aus : „Bèi
Gott dem Grofsen, du bist der beste Seidenwirker im ganzen Lande, wie
Schade, dafs deine Zunge verdirbt, was deine Hände gut machen !“ — Der
Schah hörte diese Worte und befahl seinem Wezir, hineinzugehen und dem
Manne zu sagen, er solle am nächsten Tage mit einem Stücke schönen
Goldstoffes an der Thüre des königlichen Pallastes warten. Kaum war die
Sonne aufgegangen, da stand schon unser Meister mit einem prachtvollen
Gewebe vor der hohen Pforte, und ward zum Schah geführt, der seine
Arbeit nicht genug loben konnte. Und in der That war sein Gewebe schöner
und kunstvoller als alle Stoffe, welche von Indien herzukommen pflegte
n , so dafs ihm der König voller Huld ein reiches Gnadengeschenk zu
Theil werden liefs. In Gegenwart des Webers berieth man, was mit einem
so herrlichen Zeuge anzufangen wäre. Die Einen meinten, Seine erhabene
Majestät sollten sich eine Dsehubeh daraus machen lassen, die Ändern,
man solle es in den Harem hineintragen u. s. w. Als man zuletzt zu keiner
Entscheidung kommen konnte, bat Meister Seidenweber, dem die Zunge
im Munde brannte, um die Erlaubnifs, seinen Rath vortragen zu dürfen.
Der König winkte ihm freundlich zu, und der glückliche Meister platzte
mit den Worten los: 0 König der Könige, wenn Euer Knecht der heiligen
Person einen vernünftigen Rath ertheilen darf, so scheint es mir am Besten,
dafs Eure Majestät sobald als möglich einen Sargkasten machen lasse und
selbigen mit dem Goldstoff, dem Werke meiner Hände, auszuschlagen befehle.
Schah Abbas, welcher an nichts weniger als an baldiges Sterben
dachte, legte seine Stirn in Falten, schnitt ein grimmiges Gesicht und befahl
seinen Ferraschen, den Seidenweber mit Schimpf und Schande zum
Thore seines Serai hinauszustofsen. Als er sich aus dem Staube erhob
und seine ¿erschundenen Gliedmafsen dehnte und reckte, seufzte er tief
auf: Wie Schade, dafs meine Zunge verdirbt, was meine Hände gut machen.“
Wenn die Frage immer noch nicht genügend entschieden ist, ob Bodengestaltung
und Klima eines Landes auf die sittlichen Zustände und den
Charakter seiner Bewohner von entschiedenem Einflufs sind, so scheint
Hamadan als der Mittelpunkt der verrufenen Dschebdl-Gebirgslandschaft
diese Frage zu bejahen. So angenehm und milde die Sommerzeit hier ist,
einen so lieblichen Anblick die blumenreichen ^Auen Hamadans gewähren,
so grimmig und rauh ist die winterliche Jahreszeit, in welcher Regen,
Schnee, Eis, Frost, Koth miteinander abwechseln, so dafs dadurch der Aufenthalt
daselbst gradezu verleidet wird. . Die übrigen Perser, besonders
die Bewohner des Mittags, hassen deshalb ebenso sehr den fufshohen Schnee
und den bittern Frost der Dschebäl, als die Dummheit, Grobheit und Herzenskälte
der Hamadaner, von denen einer ihrer ausgezeichnetsten Dichter
singt:
An Hä&lichkeit gleicht
Hier dem Alter die Kindheit,