reichten, so genannt nach dem gleichnamigen Heiligen, dessen Grab und
Moschee, so wie ein von ihm gepflanzter Baum hier sichtbar ist. Die
Moschee leuchtet mit ihrer blauglasirten Kuppel weit über die Ebene hin,
und macht in der Ferne eine höchst malerische Wirkung. Wir stiegen mit
unseren Thieren bis zu ihr hinauf, traten in den Vorhof und setzten
uns in der Nähe des Einganges auf eine Art von Estrade, woselbst uns
die Kaliünhalter ( kalmn -furusch) eine Wasserpfeife anboten; bald hatten
sich um uns eine Menge anderer Personen versammelt, darunter einige
recht anständig gekleidete Mollahs, die es nicht unter ihrer Würde hielten,
uns anzubetteln. In eine Moschee einzutreten, ist jedem Christen verboten;
mag er immerhin in den Vorhof kommen, dagegen haben sie nichts
einzuwenden.
Nach einer kleinen Rast setzten wir unsere Reise fort, ritten durch
ein kleines Querthal über zwei, wenn auch niedrige, so doch sehr steile
und sonnige Hügel, bis wir zuletzt zu dem reizend gelegenen, von Felsen
eingeschlossenen baum- und wasserreichen Dorfe Derbend (so viel als Eng-
pafs bedeutend) mit unseren Pferden vorsichtig die abschüssigen Pfade hernieder
kletterten.
Am rieselnden Bache stiegen wir kurze Zeit ab, um die angenehme
Frische und Kühle in langen Zügen einzuathmen. Eben im Begriff aufzubrechen,
um die Weiterreise durch das Querthal über zwei ziemlich hohe,
steile Bergkuppen anzutreten, begegneten wir einem seltsamen Zuge.
Ein kleiner dicker Mann in einem blauseidenen Rocke, auf einem reichgeschirrten
Rosse sitzend, seinen goldenen Kaliün rauchend, begleitet von
zahlreichen Dienern und sechs verhüllten Frauengestalten, sämmtlich, auch
die Frauen, zu Pferde (die letzteren dabei nach Landessitte rittlings reitend),
stürmten den Berg hinan. Meine erstaunten Ohren vernahmen, dafs
dies der Bruder Sr. Maj. des Schahs, eine der Damen die Mutter desselben,
die übrigen seine Frauen seien. Oben auf der Höhe des Berges be-
gegüeten wir dem Zuge, der nach dem nahgelegenen Dorfe Paskaleh wan-
derte, noch einmal, und grüfsten höflich den kaiserlichen Bruder. Wir
hatten von der Kuppe des Berges zugleich einen wundersamen Anblick.
Zwischen den vegetationsleeren, vulkanischen, wie verbrannt aussehenden,
mit tiefen Abgründen zu unseren Füfsen erfüllten Bergen öffnete sich ein
enges, baumreiches, schattiges, liebliches Thal, durch welches mit starkem
Getöse ein Sturzbach dahinrauschte, derselbe, welcher durch Derbend seine
nasse Furche zieht. Im Thale, an der uns gegenüberliegenden Felswand,
lag das Dorf Paskaleh, seine Häuser wie Schwalbennester angeklebt und
gestützt, mit buntgekleideten Frauen und Kindern, welche auf den Dächern
lagerten. Wir stiegen hinunter, erfreuten uns nach sonnigem Ritte der
schattigsten Wege am Bache entlang, woselbst an einer besonders anmu-
thigen Stelle Decken und Geräth zum Empfang des prinzüches Zuges aufgeschlagen
waren. Von den dabei beschäftigten Dienern riefen uns zwei
ein schlecht ausgesprochenes bon jour, Monsieur! entgegen.
Von Paskaleh geht der steile Weg wiederum unter brennender Sonne
aufwärts. Allein auch dieser ward überwunden. Immer näher und näher
kamen wir dem Ende des Thaies, immer lauter und lauter tönte das Rauschen
des Wasserfalles,' vor dem wir endlich inmitten einer Fülle fruchttragender
Obstbäume (besonders Nufs- und Kirschbäume), zufriedenen
Blickes standen. An einer schattigen Stelle, neben riesigen Felsblöcken,
wurde das Lager aufgeschlagen, von dem aus der ganze Wasserfall {ab-i-
schurschur nennen ihn die hier anwohnenden Perser) bequem übersehen
werden konnte. Derselbe stürzt in einer Höhe von etwa 400 Fufs in 6
grofsen Absätzen hernieder, überall, wo das allbelebende Wasser den nackten
Stein berührt, von grünem Laub umkränzt. Wie ein hüpfender Knabe
springt er munter mit lautem Getöse vom Felsen zum Felsen, bis er endlich
in breitem Ergufs die erste Thalhöhe erreicht hat, wo er sich mühsam
und wirbelnd durch schwere Steinblöcke und enge Felsspalten hindurchwindet.
Pfade, wenn auch sehr schlechte, nur zum mühsamen Klettern eingerichtet,
führen bis zur Spitze des Berges in schwindelnder Höhe aufwärts.
Ueberall, wo Baum und Wasser zum Ruhen einladen, finden sich lagernde
Perser, welche die Kühle des Orts oft von weiter Ferne her anzieht, bei
dem Samowar und dem unvermeidlichen Kaliün. Auch wir, die Kälte
liebenden Nordländer, hatten uns neben unserem Standlager unter der Felsendecke
einer Grotte ein solches kühles Plätzchen ausgesucht und genossen
mit wahrem Behagen, was die gütige Natur an fast heimathlicher Frische bot.
Erst spät am Abend, nachdem der Mond längst am östlichen Himmel
aufgegangen war, ritten wir heimwärts.- Eine drückende öchwüle lastete
auf der ganzen Ebene, welche wir zu durchreiten hatten, bis ein schwaches
Gewitter mit Regen wenigstens einigermafsen nächtliche Frische verbreitete.