im Stande, trotz langen Kämpfens seinen Gegner zu überwinden, und so
trennten sich die Paare abgespannt und athemlos.
Ein Thierkampf zwischen fettschwänzigen Widdern schlofs sich dem
vorigen Schauspiele an. Die Leute hier zu Lande entwickeln eine eigene
Passion für derartige Kämpfe und setzen eine besondere Ehre und grofsen
Stolz auf den Besitz von Kameelen, Büffeln, Widdern und Hähnen, welche
im Kampfe mit ihresgleichen Siege davon getragen haben. Die Heerden
fettschwänziger Schafe, denen wir hier in Armenien zum erstenmale be-
gegneten, und die uns, zu meinem persönlichen Leidwesen, treue Begleiter
durch ganz Persien geblieben sind, zeichnen sich vor unserem gewöhnlichen
Schafe durch einen breiten, dicken, beweglichen Fettklumpen am
Hintertheil des Körpers aus, der sich an der Stelle des Schwanzes befindet
und einen sehr häfslichen, widerlichen Anblick gewährt. Die fettschwänzigen
Schafe, viel gröfser und stärker als unsere gewöhnlichen Hausschafe,
bilden den Hauptreichthum der Ilats oder nomadisirenden Wanderstämme
Mittel-Asiens bis zu dem chinesischen Peiche hin. Die Kampfwidder, ungewöhnlich
kräftig gebaute Thfere, fast so hoch und stark als das wilde
Bergschaf, das hier in Armenien und Persien in dem Gebirge lebt und
sich nicht scheut, angegriffen selbst auf den Menschen loszugehen, werden
von ihren Besitzern wie bissige Hunde an die Kette gelegt, da sie in ihrer
Wildheit alles Lebende als Feinde betrachten und mit den starken Hörnern
attakiren. Bei dem Wettkampf werden die beiden Partheien von der Kette
befreit und nun beginnt der merkwürdige Kampf. Die Thiere scheinen
sich anfangs messen zu wollen; sie stehen still und schauen sich unverwandt
an. Der Schwächere zieht es oft v o r, das, Feld zu räumen., wird
aber dann von dem Stärkeren verfolgt und unbarmherzig gestofsen. Bleiben
beide auf dem Platze stehen und nehmen den Kampf als ebenbürtige Gegner
auf, so treten sie zunächst einige Schritte zurück und stofsen dann mit
Stirn und Hörnern so heftig aufeinander, dafs man glauben sollte, die Schädel
müfsten auseinander bersten. Oft verwickeln sie sich mit den Hörnern
und sitzen wie angeleimt zusammen. Erst menschliche Hülfe vermag sie
aus dieser Lage, zu befreien. Der überwundene Theil, welcher die Stöfse
seines erbosten Gegners nicht auszuhalten vermag, zieht sich eiligen, Laufes
zurück, bei seinem Herrn Schutz suchend, wird aber vom Feinde verfolgt
und so hart an den Weichtheilen seines Körpers von dessen Stöfsen zugesetzt,
dafs das Blut durch den dicken Wollpelz zum Vorschein kommt.
Die menschliche Umgebung schaut den kämpfenden Thieren mit grofser
Neugierde und Spannung zu, und begrüfst den glücklichen Besitzer des
vierfüfsigen Siegers, der seinen Liebling an die eiserne Kette legt und mit
ihm stolz von dannen zieht.
Der Kampf der Gesänge folgte nach kurzer Pause. Zuerst kamen die
Tataren und Armenier an die Reihe. Den unmelodischen Klängen, welchen
ein Europäer an den Ufern des Nil, wie in der arabischen Wüste, in Konstantinopel
wie an den Ufern des Eupljrat und Tigris ebenso wenig Geschmack
abgewinnen kann, als in dem armenischen Fontanka, lauscht man
nur gern in stiller nächtlicher Einsamkeit. Da ist es nicht die Melodie,
sondern der Ton der Stimme, welche die Nähe menschlicher Wesen anzeigt
und dadurch beruhigend wirkt und gefällt. Bei Tage, besonders wenn
der Gesang und die begleitende Musik lange anhält, könnte man bis zur
Verzweiflung von den argen Mifstönen getrieben werden. Umgekehrt findet
der Morgenländer die europäische Musik abscheulich und geräth bei den
leisesten Tönen nationaler Melodieen in die eigënthümliehsten Verzückungen.
Den Schlufs der Gesangsvorträge bildeten sieben oder acht Kosaken,
wahre, Garde-Grenadier-Gestälten, an der. Spitze einen Unteroffizier als Vorsänger,
der in Bezug auf körperliche Gröfse trotz seines ungeheuren blonden
Schnurrbartes weit unter dem niedrigsten Militärmafse stand.
Die Kosaken hegen und pflegen eine in neuerer Zeit erst bekannter
gewordene Volkspoesie von eigenthümlich sentimaler Färbung, die in angenehmen
melodiösen Weisen von den fruchtbaren Ufern des Don an bis
zu den traurigen Gestaden des Araxes allabendlich von den blonden Söhnen
der Steppe abgesungen werden. Was die Leute dabei fühlen und empfinden,
davon kann die. Soirée musicale in Fontanka ein schlagendes Beispiel
liefern.
Die Sänger und der Vorsänger bildeten einen kleinen Kreis. Die Gegenwart
hoher und höchster Vorgesetzten veranlafste sie, eine vorschrifts-
mäfsige kerzengrade Stellung einzunehmen, unverwandten Auges, die Hände
grade an den Leib gelegt.
Der Gesang begann. Die Melodie hatte viel vom Choral, die Stimmen
waren durchweg gut. Die Melodie ging allmälig in schnelleren Tact über.
Der Unteroffizier-Vorsänger sang allein, die übrigen bildeten den Chor.
Von den gesungenen Worten war mir nur Napulian d. h. Napoléon verständlich.
Der Unteroffizier konnte die Macht der Empfindungen nicht mehr