liehen Mauer, und zwar nach südlicher Richtung hin, mündet das „Thor
von Qazwin“ (Derwazeh-i-Qazvnn). Wie schon sein Name andeutet, führt
dieses Thor und die daran stofsende Strafse nach der Stadt Qazwin. Die
Stadt, welche einen Umfang von etwa deutschen Meilen hat und eine
Bewohnerschaft von SO bis 120 Tausend Seelen zählt, je1 nachdem es Sommer
oder Winter ist, besteht nach den Angaben einer uns befreundeten
persischen obrigkeitlichen Person aus 27,000 Haushaltungen, während unter
Feth-Ali-Schah nur 18,000 Khanewär, unter Muhammed-Schah dagegen bereits
25,000 vorhanden waren. Zur Ernährung der Bewohner bedürfen die
Bäcker täglich eines Quantums von 100 Khelwar Getreide (gendüm), um
das nöthige Brot zu backen. Das sind die einzigen statistischen Angaben,
die uns zu Gebote standen, und die nur den Werth annähernder Ricfitig-
Keit haben. Eine genaue Zählung der Bevölkerung wurde am Schlüsse
des Jahres 1860 vorbereitet, ist aber bis jetzt noch nicht in Ausführung
gebracht worden. Eingeschlossen in die obengenannten Zahlen sind noch
acht Fotsch oder Regimenter Serbäzen, die sich regelmäfsig in gleicher
Stärke in Teheran befinden.
Die Stadt ist in vier Mehaltih ' oder Quartiere eingetheilt. Das beste
und gesundeste in Bezug auf Wasser, Luft und Nahrung ist das Quartier
von Awdladschän (gewöhnlich Awladschün ausgesprochen), welches den
ganzen Stadttheil im Osten der Burg einnimmt. Das Quartier von Sen-
geledsch, im Westen von der Burg gelegen, bedeckt den ganzen westlichen
Raum des Stadtplanes. Das Mehalleh-i-bazar oder „das Quartier des Bazars“
erstreckt sich im Süden der Burg bis zur südlichen Stadtmauer hin.
Hierin liegen die Bazare und Karawanseraien. Das letzte Quartier, Tschäl-
i-meidan, niedrig gelegen, nimmt die Südost-Ecke des Stadtplanes ein.
Das Herz der Stadt bilden, wie in allen Städten des Orientes, die
Bazare, in welchen fortdauernd eine grofse Menschenmenge hin und her
wogt. Hier findet das öffentliche Leben seinen eigentlichen chardkteristischen
Ausdruck. Im Sommer gewähren die überwölbten Räume der Marktgassen
Kühle und Schatten, im Winter schützen sie gegen Regen und Schnee.
Von hier aus gehen wie Adern nach den einzelnen Thoren der Stadt die
Hauptstrafsen Teherans. Die kleinen rechts und links abbiegenden Gassen
derselben münden in einen Sack, so dafs man eine sehr genaue Kenntnifs
der Stadt haben mufs, um sich nicht zu verirren. Doch, ist, man stets auf
richtiger Fährte, sobald man einen Theil der Bazare erreicht hat.
An schönen luftigen Plätzen (meiddn) hat die Stadt grofsen Mangel.
Der heiterste und malerisch hübscheste ist der sogenannte Sehzeh-meiddn
oder „Grüne Platz“ dicht vor dem Eingangsthor der Burg von der innern
Stadtseite her.
Die letztere, ark-mubarek-sultuni „die gesegnete Kaiserburg“ genannt,
liegt auf der Nordseite der Stadt, eingeschlossen im Osten von dem Quartier
Awdladschän, westlich von dem Quartier von Sengeledsch. Ueber den
Sebzeh-meiddn mit seinen niedlichen Bazaren, in denen europäische Luxus-
waären, vor allen Glassachen, feijgeboten werden, und mit seinem grofsen
Wasserbassin in der Mitte, auf welchem Gänse und buntgefiederte Enten
umherschwimmen, gelangen wir durch ein merkwürdiges Thor aus bunt-
glasirten Steinen aufgeführt (die unter dem Reiehthum persischer Maurermalerei,
als Hauptfigur über dem Portale den persischen Löwen mit der
aufgehenden Sonne erkennen lassen), zu einem gut gepflasterten Gang,
der wie alle Strafsen und Gassen der Burg Abends durch Stearinkerzen in
Laternen erleuchtet wird. Derselbe mündet in den grofsen Meidän der
Burg (mit dem „gesegneten Kanonenhause“ oder dem Artilleriedepöt). Ueber
der Thür, welche den Eingang zum Meidän gestattet, befindet sich eine offene
Gallerie oder bala - khaneh, von den Persern unter dem Namen NegareK-
khan'eh in der ganzen Stadt weit und breit gekannt. Des Abends, sowie
die- Sonne untergeht, ertönt von hier aus eine eigenthümliche Musik. Trompeter,
die in die lange altpersische Posaune stofsen, Pauker, welche unaufhörlich
auf kleinen Handpauken trommeln, machen einen Höllenlärm,
der über die ganze Stadt hin ertönt. Tänzer in Frauentracht müssen unter
Begleitung kleiner Handcymbeln zu gleicher Zeit persische Tänze aufführen,
‘so dafs man glaubt, die ganze Bande auf der Gallerie gehöre einem
TollhauSe an. Und doch kann man diese Musik und diese Tänze allabendlich
in jeder gröfseren persischen Stadt hören und sehen, in welcher ein
Gouverneur oder Khan residirt. Alte Sitte und Gewohnheit hat den mu-
sikalisch-choregischen Scheidegrufs an die Sonne bis jetzt treu erhalten.
Von den drei Hauptseiten des mit Kanonen besetzten grofsen Platzes
gehen nach allen Richtungen hin Thore und Portale, die in die Wohnungen
des Schah, der Minister, der Beamten und der Soldaten führen. Zugleich
mündet hier auch die grofse Hauptstrafse, welche in nördlicher Richtung
nach dem „Reichsthore“ führt.
Der nach Osten gelegene Theil der Burg enthält die kaiserlichen