Wenn der Umzug vollendet ist, so wird das Kameel nach der Stadt zurückgeführt,
geschlachtet und nach altem Brauche unter die Zünfte der Handwerker
vertheilt: die Schmiede erhalten die Beine, die-Schneider den Kopf,
andere andere Stücke, bis das ganze Kameel handwerkszünftig zergliedert
ist.
Die Perser sehen das Fest als eine Freudenfeier an, bei der man vor
allen seine Kleider wechseln und Geschenke gehen mufs. Bei den Türken
hat es^ eine höhere, politische Bedeutung und es ist'Sitte ^geworden , dafs
man den Vertretern S. M. des Sultans im Auslande - dazu gratulirt. Wir
ritten unsererseits^ en grahde tenue nach der Stadt, um dem türkischen
Charge d’affaires Mr. ¡Tee^-Effendi unsere Glückwünsche im Namen
Preufsens auszudrücken. Allgemeiner Jubel herrschte in den Strafsen und
Bazaren Teherans.- Die meisten Läden waren geschlossen, überall roch eS
nach Hammel-AeJaS (Braten), die Magen der geschlachteten Hammel waien
unfestlich genug mitten auf die Strafse geworfen, Händler von'Hammelfellen
wunderten Strafse. auf Strafse ab, um die Häute der frisch geschlachteten
Hammel aufzukaufen, und ganze Heerden mit Henneh. roth gefärbter
Fettschwänze liefen nach allen Richtungen hin, um ihrer'Opferung entgegenzusehen.
Ueberall geputzte Perser, Musik, Aufzüge- mit Fahnen,
Schreien und Lärmen, bisweilen won dein hohlen Donner der Kanone
übertönt, welche von der Citadelle her in kürzen Pausen abgefeuert wurde.
Beim Türken war das Haus voll Gratulirender;. Zuckerwerk und Gebäck
auf den Teppichen und Tischen gab den Eintretenden von vornherein deutlich
genug zu verstehen, dafs es. .sich an diesem Tage um eine, ganz besondere
Feierlichkeit handelte.
Beim Nachhausereiten fiel uns wie gewöhnlich die Schaar der' persischen
Bettler an. Ausnahmsweise hatte sich ihnen heut ein alter armer
Türke zugesellt, der . sich die Ohren mit Baumwolle zu verstopfen pflegte,
um nicht als guter Sunnit die Lästerungen und Schmähungen seiner schiiti-
schen Geschäftsfreunde hören zu müssen. Hente durfte er billigerweise
eine Ausnahme machen und ohne Baumwollenstopfen in der sohiitischeü
Masse sto}z einhergehen. Nicht so festlich wie den, ändern mufste einem
persischen Wachtposten zu Muthe sein, der unser ganzes Mitleid durch eine
militärische Execution -erregte,, die an ihm in dem Augenblicke unseres
Vorüberreitens vollzogen wurde. E r präsentirte das Gewehr, ein Soldat
schlug ihm mit einem dicken Knüttel auf den Rücken, ein persischer Offizier
hielt nicht weit davon zu Pferde, und die vorübergehenden Perser mit
einem Lammbraten in der Hand blieben stehen, um in aller Vollständigkeit
Zeuge des unschönen Schauspieles zu sein. Bei solchen Gelegenheiten zeigt
sich gewöhnlich sehr deutlich der rohe, barbarische Charakter des Asiaten.
Mag -Jemand gesèhlagen oder gepeinigt und gemartert oder getödtet werden,
alles dies geschieht nämlich öffentlich, — die Menge, , aus Männern,
Frauen und Kindern bestehend, schaut in höchster Seelenruhe zu und macht
Bemerkungen, vor denen der roheste Europäer zurückschaudern würde.
•Nachdem wir Teheran im Rücken hattenj erwartete unserer auf der
offenen Strafse, die beim Qasr-Kadsehar vorbei nach Rüstern-abad führt,
e in 'seh r sonderbares Schauspiel. Eine Anzahl junger und alter Weiber,
von dunkelbràunepHautfarbe, schwarze stechende Augen im lachenden Gesichte,
mit bunten Lappen behängt , die den gröfsten Theil des tätowirten
Körpers freiliefsen, stürzten unter dem Rufe piru nedsehah („Gott schenke
euch Gesundheit“) fröhlich und heiter auf uns zu, klammerten sich am
Sattel unserer Pferde fest, rissen die Brust auf und sägten uns in einer
fremden Sprache nach ihren Mienen zu urtheilen wahrscheinlich Dinge, von
denen wir Gott sèi Dank kein Wort verstanden. Diese Weiber, welche
anstatt durch Geldgeschenke vertrieben zu werden, in ihrem Gebahren immer
hitziger wurden,- bildeten einen sonderbaren Gegensatz zu der tief verschleierten,
sich in der Oeffentlichkeit stets schamhaft und schüchtern zeigenden
persischen Frauenwelt und konnten unmöglich iranischen Ursprunges
sein. In der That ward uns später die Sache klar. Ein Stamm der no-
madisirenden Kar'adachi oder Zigeuner hatte vor kurzem sein Lager in der
Nähe von Schimran aufgeschlagen und brandschatzte durch seine Weiber
und Töchter in der beschriebenen Weise ziemlich unfreiwillig die vorüberziehende
Männerwelt. Wenn ich in der Folge eine Karadschi-Dame von
weitem erblickte, so gab ich meinem Pferde die Sporen, als wenn der
Gottseibeiuns leibhaftig hinter mir gewesen wäre.
Acht Tage später als das Fest, von welchem wir so eben gesprochen
haben, war ein neuer wichtiger Feiertag im persischen Taqwlm oder Kalender
angezeigt. Es war der 18. des Monats Zi-1-hedschèh- (der 8. Juli),
an welchem das a'id ghadtr '(¿Fest der Nachfolge“) Statt fand. An diesem
Tage, 35 Jahre nach der Flucht Muhammed’s (18. Juni (Ì5G nach Chr.),
war nämlich der Khalif Osman, dem die Perser Teufelssegen anwünschen,
ermordet worden, und da erst gelang es Ali, dem Schwiegersohn des arabi