vollen Wege mehrere Quellen passirt werden, ehe man das kleine Plateau
erreichte, wo auf einige Tage das Lager aufgeschlagen werden sollte.
Die Sonne war eben zu Rüste gegangen, die Luft, anfangs so angenehm
kühlend, wurde immer schärfer, der Wind immer eisiger. Man kroch
unter das winzig kleine, in einer Steinumwallung aufgeschlagene Zelt, um
Schutz zu finden; es machte sich diese Nacht und die folgenden über bei der
Mehrzahl der Mitglieder eine eigentümliche, wie der Alp drückende Brustbeklemmung
bemerkbar, wahrscheinlich eine Folge der verdünnten Luft. Diesen
und die beiden folgenden Tage zeigte das Thermometer des Morgens im
Schatten 44 bis 59 0 F., in der Sonne 59 bis 63 °, bei Sonnenuntergang 41 °.
Bei einer Temperatur von 44 0 F. kochte, ? Uhr Morgens, das Wasser bei
189,2 und 190 0 F. Von Thieren bemerkten wir hier kleine Erdspinnen,
Schmetterlinge, sammetartig glänzende .schwarze Bienen und hier und da
eine Fliege.
Am folgenden Tage, d. 29..,. begann die eigentliche Besteigung. Man
brach um fi| Uhr Morgens auf, blieb auf der südlichen Seite und erkletterte
einen mächtigen Steinhügel, dessen hohe und steile, wild durcheinander
geworfenen Blöcke das durch die Athmungsbeschwerden schon genugsam
schwierige Vorwärtskommen immer mehr und mehr verlangsamten und oftmalige
Ruhepunkte erheischten. Drei Stunden hatte der Weg gedauert,
wobei die Füfse auf das Empfindlichste schmerzten, als der eigentliche
Lavakegel begann, auf dessen krustenförmigen Absätzen, über halbflüssige
Schneelagen hin, das Klettern nur mit grofser Vorsicht möglich war. Kopfweh
und Uebelkeit trat schon hier bei einigen der Reisenden ein. Der
dritte Theil der Besteigung, wie es schien der ermüdendste, mufste auf
schlüpfrigem Geröll unternommen werden; hier und da gewährten schräg
liegende Blöcke mächtigen Umfangs die einzigen Stützpunkte den Fallenden.
Die Luft war eisig kalt, fortwährend jagten Wolken und Nebel über
den Gipfel des Berges hin und verhinderten die vielgewünschte freie Aussicht
nach Manzenderan und dem kaspischen Meere. >
Trotz der vielfachen Beschwerden, von denen am meisten die Athmungs-
werkzeuge betroffen wurden, forderte Baron v. Minutoli die übrigen Reisenden
zur Ueberwindung des letzten, freilich schwersten Hindernisses auf
und ging auf einstimmige Acclamation mit dem besten Beispiele voran. Das
Schneefeld, das wir vor uns hatten, und unter dessen wässeriger Oberfläche
sich tiefe Spalten und Schlünde bergen konnten, wurde glücklich
überwunden, obgleich einer unserer englischen. Mitreisenden plötzlich verschwand
und nur durch die Geistesgegenwart und schnelle Hülfe eines der
Führer vor dem Versinken gerettet werden konnte, — der Kamm mit
gröfster Mühe erklettert und, o' Täuschung, ein neues, allmählig ansteigendes
Schneefeld erhob sich vor den Blicken der beinahe todtmüden Reisenden.
Eine ganze Stunde erforderte die Passage desselben. Da zeigte sich
erst der eigentliche kegelförmige Gipfel, gelblich grün schimmernd, eine
Folge der glänzenden Schwefelkruste, mit welcher das ganze Gestein bedeckt
war. Aus jeder Felsspalte sahen reine Schweielkfistalle heraus, an
welchen sich wieder Schnee- und-Eisblumen'angesetzt hatten, die in grünlichem
Farbenglanze spielten. Beim Besteigen des Kegels machte sich die
erhöhte Erdwärme unter den Füfsen und der Schwefelgeruch in auffallendster
Weise bemerkbar. Die Nordostseite des Kegels fällt steil ab und es
tritt hier zwischen der Asche und dem Schwefel der rothe Trachyt zu Tage.
Der Krater, der um 1 Uhr erreicht wurde, war in seiner ganzen innern
Ausdehnung mit Schnee angefüllt und senkte sich auf etwa 20— 30 Fufs.
Durch seine Mitte lief, muthmafslich durch zwei scharfe Winde gebildet,
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