durch das offene Fenster vom Garten her zu uns herein. Neben mächtigen
Platanen, kleinen Pappeln und anderen mir unbekannten Bäumen
standen dichte weifs und rothblühende Gebüsche (vor allen der bekannte
S c h n e e b a l l ) und duftende Rosenhecken zerstreut im Garten, und Nachtigallen
liefsen, verborgen im Dickicht der Blätter, ihren reinen, melodischen
Schlag ertönen. Das war so ein Stück Persien, wie ich es in Europa geträumt
hatte. Von dem Thurme auf dem Dache des Lnarbt aus hatten wir
eine prächtige Fernsicht nach dem Elburs und der Hochebene von Teheran
hin. So weit das Auge zu reichen im Stande war, gab es keine Spur von
Bäumen oder grünen Feldern; alles öde, leer, eine todte Steinfläche, die
sich aufwärts bis zu den schneebedeckten Kämmen des Elburs .hinzieht.
Der Seraiddr oder Kastellan unseres Schlosses, ein .langbärtiger bejahrter
Perser, verrichtete sein Amt als augenblicklicher Wirth mit vieler
Höflichkeit und Zuvorkommenheit. Wir nahmen am nächsten Morgen um
3 Uhr herzlichen Abschied von ihm, um Teheran baldmöglichst zu erreichen.
Eine besondere Freude war uns m'Suleimanijeh durch die Ankunft
europäischer Briefe und Zeitungen Vorbehalten, welche ein persischer
Tachapar übergab, der sie von Täbriz aus für uns mitgenommen hatte. Den
weiten Weg von Berlin bis hieher hatten sie in 28 Tagen zurückgelegt.
Die glücklichen Nachrichten aus der Heimath hatten uns in die beste
Reisestimmung versetzt und wir hörten mit doppeltem Vergnügen den
Schilderungen persischer Sitten und Gewohnheiten zu, ''die uns ein Europäer,
Deutscher von Abstammung, zum Besten gab, der von Teheran bis
Suleimanijeh zur Begrüfsung entgegengeritten war. Er hatte Persien so
satt, dafs er in den nächsten Monaten nach Europa zurückzugehen beabsichtigte,
ein Entschlufs, den er später wirklich in Ausführung brachte.
Der Weg bis Kent (ein Jagdschlofs und Dorf zwei Fersaeh vor Teheran),
nur 4 | Fersaeh lang, wurde wiederum im Trabe zurückgelegt. Die
Hitze nach dem Aufgang der Sonne wurde beinahe unerträglich, der Abddr
hatte vollauf zu thun, unsern Durst durch gespendetes Eiswasser zu löschen.
Wir ritten um die westlichen Ausläufer des Elburs nach der Hochfläche
zu, sahen dann die mächtige Kette zur linken Hand liegen und bewunderten
die eigenthümliche Kegelgestalt des schneebedeckten Demawend, der
sein Haupt in den reinen blauen Aether riesig hoch emporstreckte.
Unmittelbar vor Kent ist ein tiefes, steinreiches, beinahe trockenes
Flufsbett (rudkhaneh). Grofse mächtige Felsblöcke liegen in ziemlicher
Fülle auf dem Grunde des Bettes. Sie liefern den Beweis, dafs in der
Zeit grofser Regen das Wasser mit so bedeutendem Ungestüm von den
steilen Wänden des nahegelegenen Elburs in die Ebene herniederstürzt,
dafs es ganze Felsblöcke mit sieh fortreifst, die den Wohnungen der Menschen
Verderben bereiten. Der Flufs, jetzt kaum ein Bach zu nennen,
verliert sich wie die meisten Wasseradern auf der Südseite des Elburs (wie
z. B. die gleich hinter Suleimanijeh liegenden) in die grofse Salz wüste hinter
Teherán.
Kent überraschte noch mehr als Suleimanijeh durch die üppige Fülle
seiner Vegetation, die in dem schönsten Monate 'des Jahres eine unglaubliche
Pracht erreicht hatte. Der steile Aufgang zum Dorfe war mit lebendigen
Hecken weifser und rother Rosen eingefafst. Schattige Bäume verbreiteten,
angenehme Kühlung, zahlreiche Obstbäume in den Gärten an der
Strafse schienen unter der Last buntsehimmernder, bald reifer Flüchte.
Kirschen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche u. s. w. brechen zu wollen. Laut
murmelnde Quellen, welche nach allen Richtungen hin die Strafsen des
kleinen Dorfes berieseln und unter den Mauern der Gärten verschwinden,
liefsen uns die woblthuendste Frische kosten. Das kleine Jagdschlofs des
Schah, rechts von der Hauptstrafse des Dorfes am Ende eines reizenden
Gulistan oder Rosengartens gelogen, ward uns als Quartier angewiesen. Wir
bezogen die einfachen, aber sauber gehaltenen Räume des Schlosses, in
dem die allbekannten Zuckergeschenke aufgestellt waren, schlugen an der
sprudelnden Quelle im Garten neben duftenden Rosengebüschen ein Zelt
auf und verbrachten in den lieblichsten Selbsttäuschungen unter dem reinen
blauen Himmel einen der bezauberndsten Nachmittage, die w ir überhaupt
in Persien erlebt hatten.
Die Vorbereitungen zu dem folgenden Tage nahmen unsere Thätigkeit
ganz besonders in Anspruch. Es war das der Ehrentag der Gesandtschaft
in Persien und wir mufsten aueh unsererseits dazu beitragen, den persischen
Glanz durch unser äufseres Auftreten zu erhöhen.
In aller Frühe, d. 7. Mai, wurden wir von den Leuten unseres Meh-
mendärs aus den Betten oder vielmehr aus den Decken herausgetrommelt,
unser ganzes Gepäck wanderte auf die geduldigen Rücken der Lastpferde,
Maulthiere und Esel, um voraus in Teheran einzumarschiren. Fast beneidete
ich meine stummen, zerstofsenen Koffer um diesen Vorrang. Wir
selber standen nun in voller glänzender Uniform bereits um 4 Uhr in dem