auf Gräbern schöner Werke steht. Wie jämmerlich schauen gegen die
Bauten der Altvorderen die türkischen Häuser und Hütten im Grunde aus,
die ihre Besitzer, um eine Hinterwand zu sparen, an die massiven Mauern
des Ivomnenen-Palastes angekleckst haben. Fast fürchtet man , der Wind
möchte die Kartenhäuschen losreifsen und in die Lüfte forttragen.
Auf der Höhe, in der Nähe der Warte, liegt auf einer Lafette von
halb verfaultem Holze ein grofses Kanonenrohr. Als wir hier ein wenig
ansruhten, erschien ein ältlicher Türke in Feiertags-Anzug, in Begleitung
mehrerer Knaben, die sich wild herumtummelten. Ein Bursche von sieben
Jahren zeichnete sich von den übrigen durch stolz-vornehmes Benehmen
und dureh sein kostbares Habit aus. Sein rother Tarbusch war mit alten
goldenen Münzen, auf welche unser Dragoman sofort seine wissenschaftliche
Jagd eröifnete, und mit weifsen Perlschnüren geschmückt. An der
hinteren Seite der Kopfbedeckung waren drei lange Haarzöpfe mit eingeflochtenen
Goldmünzen befestigt, die ihm lang auf den Kücken fielen.
Der Kopf des Knaben war so glatt geschoren, dafs kein Härchen zu erblicken
war. Seine Weste war von violetter Seide; ein sauber zusammengelegtes
Taschentuch mit Goldstickerei an den Rändern stack in der Oeff-
nung auf der Brust. Jacke und Hose von feinem hellbraunem Tuche, und
rothe Schuhe vervollständigten den Anzug. Der Mann erzählte uns mit
väterlicher Freude, dsfs der Knabe heute noch beschnitten werden solle
und dafs man diese Operation durch Näschereien und Kleiderpracht eini-
germafsen versüfse.
Beim Hinabsteigen bettelten uns liebliche Kinder an. Ich sah ein
Bettelmädchen von sieben bis acht Jahren mit einem wahren Engelsgesicht.
Dafs man da gern doppelt giebt, versteht sich von selbst.
Ein Knabe führte uns einen ändern Weg nach Hause zurück, und
zwar der Seite entgegengesetzt, welche wir gekommen waren. Wir pas-
sirten ein Thor, gelangten zu einer zweiten Brücke, oberhalb der vorher
erwähnten, und befanden uns bald in dem gegenüberliegenden Stadttheil.
Auch hier sind, in der Nähe eines grofsen Friedhofes mit schönen Denkmälern
der Neuzeit, manche solide Ueberreste der Komnenen - Zeit zu erblicken.
Ehe wir Trapezunt verlassen, wollen wir noch einen Blick auf die
Bevölkerung, auf Klima und sonstiges Wissenswerthe werfen. Die Zahl
der Einwohner beträgt nach uns gewordenen Angaben an Ort und Stelle
etwa 30,000 Seelen, von der die bei weitem gröfsere Zahl der mohame-
danischen Welt angehört. Unter den Christen nehmen die Griechen eine
Hauptstelle ein, es sind Nachkommen der e h e m a l i g e n Byzantiner-Familien.
Die Türken tragen sich wie in Konstantinopel, die Griechen haben ihr
National-Kostüm, ihre Frauen zeichnen sich durch Eigenthümlichkeit der
Tracht aus. Sie verschleiern sich auf der Strafse und im Hause vor unbekannten
Männern. Ich sah junge Mädchen, die sich mit einem grofsen
weifsen Manteltuche verhüllten, das unten einen breiten violetten Streifen
hatte. Jüngere Frauen bedecken das Gesicht mit einem schwarzen Gazeschleier,
so dafs sie aussahen als trügen sie schwarze Masken. Unver-
schleiert sah Schreiber dieses nur alte, häfsliche Frauen. Wieder andere
Frauen tragen ein langes, karirtes (meist blau und weifs) Tuch, das den
ganzen Körper verhüllt und über den Kopf gezogen wird. So schleicht
denn das ganze Geschlecht wie eine Schaar von Nachtwandlerinnen einher.
Obgleich die Mehrzahl der christlichen Bevölkerung der griechischen
und armenischen Kirche angehört, so unterhält die katholische Kirche
dennoch eine Anzahl von Kapuziner-Mönchen, die unter einem Pater-Prae-
fectus stehen, und von Stadt zu Stadt wandern und das Wort Gottes predigen
müssen. Ja sogar barmherzige Schwestern sind in Trapezunt anzutreffen,
welche daselbst eine Mädchenschule eingerichtet haben. Protestantische
Geistliche sind nicht vorhanden, sondern müssen erst bei besonderen
Gelegenheiten, wie bei Kindtaufen und Trauungen, aus Konstantinopel
verschrieben werden.
Das Klima ist in Trapezunt und der umliegenden Gegend eigenthüm-
lich genug. Der Sommer dauert oft bis in den Monat December hinein.
Der Winter ist kurz und meist durch Stürme eingeleitet. Yon einem Frühling
ist eigentlich nicht die Rede. Er wird durch einen beständigen
Wechsel der Temperatur vertreten: bald Regen, bald Sonnenschein. Im
Mai treten dichte Nebel auf. Dann erst fängt der heifse Sommer an.
Unter den Krankheiten ist die Geifsel Asiens, das Fieber, vor allen vorherrschend.
Zu den Plagen des Landes gehört auch das Ungeziefer, grofses und
kleines. Die Ratten sind in so bedeutender Stärke vorhanden, dafs sie
des Nachts rottenweise gegen die Katzen erbitterte Angriffe ausführen.
Yor den Menschen haben sie so wenig Angst oder Scheu, dafs sie in unseren
Zimmern allnächtlich die geräuschvollsten Visiten auf und untei