Takt aneinander geschlagen wurden. Wir wendeten uns nach der Richtung
hin, von wo uns, aus einer engen Gasse des Dorfes hei', die seltsame Musik
entgegentönte.
Ein wunderlicher Anblick überraschte uns da. Eine lange Reihe von
Knaben im Alter von acht bis zu vierzehn Jah ren , zu je zweien neben
einander gehend, sprangen auf' einem Fufse in die Höhe, - den Körper
bald nach rechts, bald nach links drehend, und mit Gestöhne die Worte:
„0 Hassan! 0 Hussein!“ ausstofsènd. Bei jedem Sprunge schlugen sie mit
beiden Händen zwei Hölzer zusammen, bald vorwärts, bald hinterwärts
nach dem Rücken zu, die Arme haltend. Der sonderbare Zug, der bisweilen
klagende Töne ausstiefs, näherte sich uns, tanzte, wie es sehieii,
mit erhöhter Lebhaftigkeit und forderte uns dann das unvermeidliche Geschenk
ab: Nothgedrungen mufsten wir die Börse ziehen und den Tänzern
ein angemessenes Geldgeschenk àuszahlen, ohne recht zu wissen, wofür
das Opfer gebracht wurde.
Wir sollten indefs nicht lange auf eine Erklärung warten. Man berichtete
uns nämlich, dafs dieser Tanz der Knaben eine Art von Einleitung
zu den obenerwähnten Trauerspielen bildete und dafs in Städten und Dörfern
die Kinder in ganzen Schaaren tanzend und mit Hölzern klappernd
die Ortschaften durchzögen, um an die nahe'bevorstehende'Feier zu erinnern.
Mir fielen unwillkührlich die Berliner Weihnachts-Waldteufel ein.
Es lag der Wunsch nahe, Zeuge dieser merkwürdigen Schauspiele zu
sein. Leider ist das Zuschauen gegenwärtig nicht so leicht, wie in den
früheren Zeiten. Noch vor wenigen Jahren erhielten die Mitglieder der
europäischen Gesandtschaften eine offizielle Aufforderung- zur TheilnaHme
und in besonderen Logen durften sie auf das Bequemste ;den festlichen
Schauspielen zuschauen. Man bot ihnen den Kaliün, Thee, Söherbets und
Eiswasser in den Zwischenpausen an, und erging sich in den höflichsten
Artigkeiten. Einige jüngere Mitglieder der Missionen von r„draufsen“ sollen
indefs während einer Vorstellung ihr Lachen nicht haben unterdrücken können,
und seitdem haben diè Perser, w e l c h e u n d mit Recht wohl — in
solchen Dingen zartfühlender Natur sind, aufgehört, den Europäern besondere
Einladungen zuzuschicken. Indefs können die Fremden privatim einer
Tazieh zuschauen, ja auf ihre Kosten eine oder mehrere Vorstellungen geben
lassen. Es wird sogar ein solches Schauspiel, däs ein Christ bezahlt und
zu dem er jedem Mohamedaner den Zutritt gewähren mufs, als etwas höchst
Verdienstliches ahgesehen, als ein frommes Werk, das ihm Gottes besondere
Gnade in der Zeitlichkeit und Ewigkeit erwirbt.
Schon in den nächsten Taget! war überall in Dörfern und Städten die
Vorbereitung zu den Theatervorstellungen sichtbar. Die Wände der Moscheen
wurden mit schwarzem Kattun überzogen, der Hof mit grofsen Zelttüchern
überdacht, Sitze-für die vornehmeren Zuschauer zurecht gezimmert,
die innere Umgebung mit Bildern, europäischen und persischen, Spiegeln,
Fahnen, Waffen, Thierfellen und sonstigem Plunder geschmückt. Auch die
Kaliandar’s ,: Obstverkäufer und Wasserspender rüsteten sich eifrig zu den
Schauspielen.
In Rüstern-abad herrschte vor allen eine gewisse Aufregung. Herr
Baron von Minutoli hatte die Kosten zu einer mehrtägigen Vorstellung gern
bewilligt, ja sogar den Schauspielern auf wiederholt ausgesprochene Bitten
europäische Uniformstücke und Waffen geliehen. Man bereitete sich —
da das Dorf arm ist und nicht viel anJ Schauspiele wenden kann,. — zu
einem 'ganz besonderen Genüsse vor.
Selbst in unserem kleinen Sommerfeldlager waren die Zeichen des angehenden''
Trauerfestes sichtbar: ' Unsere mohamedanischen Diener strenger
Glaubensriehtung hatten sich in kurze Röcke von schwarzem Glanzkattun
neu eingekleidet und trugen an Stelle des weifsen Bundes um den Leib
einen schwarzen Zeugstreifen. Die Soldaten stellten zum äufserlichen Zeichen
ihrer Trauer die Gewehre mit den Mündungen nach unten zusammen
und präsentirten in gleicher Weise, wobei sie den Kolben der Flinte nach
dem linken Oberarm richteten.
Am 20. Juli'gegen sechs U h r. Nachmittags schmetterten die starken
Töne der uralten,: fünf bis sechs Fufs langen persischen Posaunen durch
das Dorf hin, den Leuten den baldigen Anfang der heutigen Tazieh ankündend.
Dazwischen mischte sich der-Ton grofser Holzklappern, welche an-
einändergeschlagen wurden und einen Heidenlärm hervorriefen. Die Diener
näherten sich dem Gesandten, um ihm den Anfang des Spieles anzuzeigen;
wir folgten-ihm und befanden uns bald auf dem für uns bestimmten Platze
des Theaters. Man hatte in dem Hause der Moschen einen hochgelegenen
Raum zu einer Art Loge eingerichtet, den staubigen Fufsboden mit Teppichen
belegt, darauf Stühle gestellt, und so safsen wir denn bequem genug,
um Zuschäuer und Schauspieler auf das Ausführlichste zu betrachten und
zu mustern.