wie alle Mohamedaner verabscheuen das Gold als Putzgegenstand am Leibe
und ziehen daher das Silber demselben vor. Der Ursprung dieser Scheu
liegt in dem Gebote des Korans, alles Gold beim Beten zu entfernen. Ihre
hinge, Siegel und Gebetzeiger oder kibléh-nèma sind daher von Silber. Als
Ringsteine tragen die Perser vor allen gern die bekanntlich in Persien gefundenen
Ttirkrse (firuzèh), die sie nach Gröfse, Farbe und Reinheit sehr
hoch schätzen. Selbst die Diener unseres Trosses trugen Türkise in Silberfassung
an den Fingern.
Der Teheraner Mehmendär, der über seinem persischen Unterkostüm
einen europäischen Diplomatenrock' mit reicher Goldstickerei trug, und
darüber einen grünkragigen Jägerrock gezogen hatte, gab die nothwendig-
sten Erklärungen über Land und Leute, denen wir zunächst begegnen
sollten. Der Schahzadèh und Vetter des Kaisers erkundigte sieh naeh europäischen
Verhältnissen und erzählte gelegentlich Geschichten von Persien
und Persern, um unser Urtheil über'sein Vaterland und seine Landsleute
zu erleichtern. So vergafs man den überaus traurigen Anblick der wilden,
wüsten Berglandschaft, durch welche'unser Weg führte. Kein Hähnchen
Gras erheiterte den dunklen, steinbesäten Grund und Boden, nur an einzelnen
Stellen bedeckte’eine weifsé, krystallinische Salzkruste (sch’ur) die
erdigen Plätze in der Nähe der Strafse.
In einer felsigen, kühlen Thalspalte, durch welche sich dem Aras zu
ein Bach hindurchdrängte, dessen Wasser zur Bewegung kleiner Mühlräder
benutzt wird, machten wir halbweges Halt. Die persischen Diener packten
ihre kalte Küche aus und deckten den Tisch auf dem blofsen Erdboden.
Ueber uns hatten sie ein viereckiges buntes Zelt aufgeschlagen,- das nach
allen vier Seiten hin mit Leichtigkeit geöffnet werden kann, so dafs man
gegen die Strahlen der Sonne geschützt wird. Diése Rèisezelte sind äufserst
bequem, da sie ohne-grofse Schwierigkeit transportirt und aufgestellt werden
können. Um 4 Uhr hatten wir, immer aufsteigend, das elendé Dorf
Eirandebil erreicht und für heute unsere Tagereise beendigt. Wir hatten
das Durchschnittsquantum eines gewöhnlichen Karawanen-Tagmärsches von
fünf Fersach zurückgelegt, etwas weniger als vier deutsche Meilen.
Die persische Fersach, heute zu Tage ein durchgehend gebrauchtes
Wegemaafs, ist uralten Ursprunges.. Schon der alte Herodot gedenkt
derselben unter der altpersischen Benennung Paräsanges, der näch seiner
glaubwürdigen Angabe dreifsig griechische Stadien, d. h. also 18,000 Fufs
entsprechen. Bereits zu Herodots Zeiten gab es in Persien Poststrafsen
mit „königlichen Rasten“ (araD-fini ßaaili]ini) und „sehr schönen Herbergen“
(xaralvoiEg xci'Ú.iaxai). Noch heute zu Tage besteht dieselbe Einrichtung
fort. Die „königlichen Rasten“ heifsen gegenwärtig Tschaparkhaneh,
den „Herbergen“ entsprechen die Karawansereien. • Wie Herodot nach Pa-
rasangen und Stationen rechnet, so zählen die Perser grofse Entfernungen
nach Fersachs und Tschaparkhanehs. Bei Herodot kam nach je vier bis fünf
Parasahgen eine-Rast, dasselbe Verhältnifs ist noch heute mafsgebend.
Vor Eirandebil fand ein kleiner Istakbal oder eine Einholung Statt. Acht
Mann Soldaten mit ihrem Wekil-baschi (Sergeant) an der Spitze hatten sich
vor dem elenden Dorfe aufgestellt und präsentirten das Gewehr. Trotzdem
sie in Paradeuniform erschienen waren, hatte ihr Anblick hingereicht, um
das Urtheil jenseits des Aras über persisches Soldatenthum nicht übertrieben
zü finden. Die Bewaffnung war alt und schlecht, ebenso das Lederzeug
und die Uniformstücke. Die Flinten, französischen Ursprunges, hatten
Feuerschlofs, waren aber meist unbrauchbar. Nachdem Frankreich die
Feuerschlofsgewehre abgeschafft hatte, wanderté die schlechte Waffe nach
Persien,- um hier die gesammte persische Infanterie mit dem unvermeidlichen
Schiefsprügel zu -versehen.
Das Volk von'Eirandebil hatte einen Aussehufs von etwa zehn Personen,
alle in'einem traurigen Aufzuge, zum Empfange entgegengesandt.
Die Leute hatten neben der kriegerischen Macht Platz genommen. Ein
ehrwürdiger Rischeséfid oder Graubart, wahrscheinlich der kedkhoda oäer Dorfschulze,
hielt ein Lamm unter dem Arme und erwartete die Ankunft des
Gesandten. Mit einem Ruck trennte ef den Kopf des Opferlammes vom
Rumpfe, und liefs nun zwischen Kopf und Körper auf dem .blutbespritzten
Boden den ganzen Zug hindurchreiten. Dieser Art, jemanden willkommen
zu heifsen, liegt der Gedanke zu Grunde, dafs die Opfernden in gleicher
Weise bereit seien, ihr Blut für den Gefeierten zu vergiefsen, als das hingeschlachtete
Lamm. Die Sitte, die sich bei unserer Weiterreise sehr häufig
wiederholte, scheint uralten Ursprunges zu sein, wenigstens lesen wir
bei Herodot etwas Aehnliches.
Als der Perserkönig Xerxes. sich anschickte, sein gewaltiges Heer von
Asien aus nach Europa auf der Schiffbrücke überzusetzen, liefs er in folgender
Weise ein Menschenopfer bringen. „Er befahl denen, wie Herodot
berichtet, die dazu bestellt waren, sie sollten den ältesten von Pythios