Während der Zeit unseres Aufenthaltes im Garten vor dem Thore
von Schimran, in welche die glückliche Ankunft des Militär-Attache’s
der K. Mission, des jetzigen Hauptmannes Hrn. v. G ro lm a n fällt, der
allein und ohne alle Anfechtung auf Eisenbahn, Dampfschiff, Telega und
Courier-Klepper die grofse Reise von Berlin bis Teheran zurückgelegt hatte,
und am 30. Mai Abends wie eine Zaubergestalt in unsern erstaunten und
erfreuten Kreis ganz unerwartet eintrat, S c h a tte n wir hinlänglich Müfse und
Gelegenheit, die ersten Würdenträger des persischen Reiches und das Personal
der europäischen Vertretungen am Hofe des Schah zu Teheran kennen
zu lernen.
Die hohe Perserwelt befand sich zwar nicht in der besten Stimmung.
Ein Tschapar hatte am 10. Mai die Schreckenskunde nach Teheran gebracht,
dafs die Armee des Schah,- eine Truppe von 40,000 Mann, von den
Turkomanen in Khorassen vollständig geschlagen und aufgerieben worden
sei und dafs man gar nicht wisse, wo sich die Führer derselben befänden.
Man suchte in Teheran diese Kunde zu vertuschein, doch bald hatte sich
der Bazar dieser Hiobspost bemächtigt und so manche Lästerzunge zog
spöttisch über das neueste Ereignifs der persischen Geschichte einher.. In
den höheren Sphären fanden Versammlungen und Berathungen im Mesch-
feret-khaneh statt, die, wie gewöhnlich, mit dem weisen Tröste endeten,
dafs Ä- inschallah! — die Sache nicht so schlimm Sein würde.
Die sämmtlichen Minister des persischen Hofes befanden sich grade
in einer solchen Versammlung, als die preufsische Mission in der guten
Absicht gekommen war, den Einzelnen in der Behausung einen Besuch abzustatten.
Merken wir uns vorläufig ihre Adresse, da wir später das Glück
haben werden, die Persönlichkeiten, darunter so manches „Mark im Rückgrat
der Vollkommenheit“ genauer kennen zu lernen.
1. M irza -S a id -K h a n , Minister der auswärtigen Angelegenheiten, mit
dem Titel: Motemmin-es-sultan „welchem die Behandlung der auswärtigen
Politik mit Ausschliefsung jeder Einmischung, eines ändern zusteht. Die
Herren Gesandten der befreundeten Mächte1 haben hinsichtlich ihrer Geschäfte
und Anliegen mit keinem ändern als Hochdemselben zu verkehren
(Persische Regierungs-Zeitung, Kabinetsschreiben des Schah vom Tage des
30. August 1858; vergl. Wiener Zeitung vom 20. November 1858).
2. Mirza- M u h am m e d - Khan, Chef der ArviieQ(Sepah'salar-Emir asker).
Als Kriegsminister führt selbiger den Titel: Emir-el-omra. „Sämmtliche
K. reguläre Infanterie-Regimenter, die gesammte reguläre und irreguläre
Reiterei, die K. Stückgiefserei im ganzen Umfange, die Inspection des Arsenals
im ganzen Umfange, die Inspection der Artillerie und des Fuhrwesens
(!), so wie die Inspection des Monturwesens der K. Armee“, gehört
zu seiner Amtswirkung.
3. M ir z a - J u s s u f, Minister der Finanzen, mit dem Ehrennamen
Mustofi-el-memalik. „Alle auf die Buchführung und Kontrole bezüglichen
Geschäfte werden Hochdessen selbstständiger Leitung mit Ausschliefsung
jeglicher Einmischung eines ändern anvertraut bleiben.“
4. F e r r u k h -K h a n , Minister des Innern, mit dem Titel Emin-ed-
dauleh., Die Ausdehnung seiner amtlichen Thätigkeit ist durch folgende
Vorschrift bestimmt: „Die Ehrenbezeugungen sämmtlicher Staatsdiener und,
in den Versammlungen, den Vorrang vor allen ändern zü geniefsen, bei
den allgemeinen Audienzen sich eines Ehrenplatzes zu erfreuen und bei
festlichen Gelegenheiten die unte rtänigste Ansprache an Se. Majestät zu
halten, die Verwaltung des K. Hofes zu führen, für den Glanz und die
Pracht desselben zu sorgen und darüber Sr. Majestät Rechenschaft zu geben;
bei der Ernennung der Gouverneure der Provinzen die Instructionen
für deren Verwaltung von Sr. Majestät entgegenzunehmen und denselben
zu e rte ile n , so wie an ihre Regierungssitze abzuordnen, desgleichen bezüglich
der Abberufung derselben. Schuldbriefe des Staates, welche mit
dem K. Siegel ausgefertigt werden, unpartheiisch und ordnungsgemäfs bei
der Kriegskasse oder der betreffenden Landeskasse anzuweisen und Se. Majestät
zu unterbreiten, damit sie die Allerhöchste Signatur erhalten und
dann bei der Kasse erhoben werden; endlich alle Angelegenheiten, welche
nicht die, eigenen Ministern übertragenen Geschäfte des Heeres, der Kontrole,
des Aeufseren, der Justiz und der Stiftungen berühren, wie die Angelegenheiten
der K. Prinzen, des Kultus ,und seiner Diener, so wie der
öffentlichen Bauten.“
5. A b b a s -Q u li-K h a n , Justiz-Minister, mit dem Titel Mu'temid-ed-
dauleh „Hochderselbe wird in der Allerhöchst vorgezeichneten Weise mit
strenger Genauigkeit und voller Unparteilichkeit die Rechte der Untert
a n e n aller Stände ohne Unterschied zu wahren bestrebt sein und die Behandlung
dieser Angelegenheiten wird keinem Ändern als ihm allein zustehen.
Sämmtliche Gerichtshöfe in den Krönlanden sind dem obersten
K. Gerichtshöfe untergeordnet.“