sieht man dort Betende zum Theil mit Göttermasken, und auf der anderen
Seite wird von ähnlichen Gestalten ein Opfer dargebracht, wobei nur an
Priester gedacht werden kann.
’Wir wissen auch aus ausdrücklichen Zeugnissen, dafs die Priester und
Geweihten bei gewissen Gelegenheiten den Kopf mit den Masken heiliger
Thiere bedeckten. Volusius rettete sich bei der Proscription der Triunrvirn
in der Tracht eines der Isis Geweihten mit der Maske eines Hundekopfes zu
Sextus Pompejus r). In ähnlicher Verkleidung entkam Domitian in seiner
Jugend bei der Einnahme und Verbrennung des Capitols im Vespasianischen
Bürgerkriege den Vitellianern 2). Man nimmt sogar in der Art, wie die
thierköpfigen Gottheiten in den ägyptischen Denkmälern dargestellt sind,
deutlich wahr, dais den Künstlern dabei jene Priesterverkleidungen zu
Vorbildern dienten. Besonders wo Geier-, Schlangen- oder Ibisköpfe mit
menschlichen Leibern verbunden sind, bemerkt man deutlich den Raum, den
hinter der Maske der Kopf des Priesters einnahm. Darum fehlt bei solchen
Verkleidungen niemals die grofse Haube, die man, ohne Grund übrigens,
Calantica zu nennen pflegt. Selbst zu den Griechen pflanzte dieser Gebrauch
der Göttermasken sich fort. In den grölsem eleusinischen Mysterien trat hei
den Pheneaten der Priester in einer alten Maske der Ceres auf, die in einem
steinernen Behältnifs verwahrt wurde, bei dem man seiner Heiligkeit »wegen
zu schwören pflegte 3). Aehnliches scheint in allen Mysterien geschehen zu
seyn “); ja die Masken wurden dadurch gewissermaafsen Symbole der Heiligung,
welcher seltsame Glaube der Griechen, nebst den Gebräuchen, die
daraus hervorgingen, sich indels hier nicht weiter verfolgen läfst. Von den
ägyptischen Priestern bemerkt auch Diodor die Sitte der Maskirung 5) , und
mehrere Mythen erklären sich aus diesem Gebrauch 6).
1 ) A p p ia n . de bello civili, IV , 47. TV» tov xvras Xt<px\ij* iiriS-iTe.
2 ) S u e to n . D o m i t ia n , c. 1. cf. A p u l . M e tam . X I . p . 262. Elmenh.
3) P a u s a n . V I I I , 15. 4) Man sehe L u c i a n ’ s Pseudomantis.
5) D io d o r . I , 96. cf. H e r o d o t. I I , 122; P lu ta r c h . de Is. e t Osir. c. 72.
6) H e r o d o t. I I , 42. P l u ta r c h . de Is. et Osir. c. 19.
Auch hier scheint daher nicht Ammon, sondern der Hohepriester mit
der symbolischen Maske desselben dargestellt zu seyn, was durch das Zeichen
des Richteramts über den Mendeshörnern auf seinem Haupte bestätigt wird;
bei den Aegyptern waren nämlich die Hohenpriester zugleich Oberrichter r).
Vielleicht könnte man hiedurch zu der Annahme veranlafst werden, dafs
I überhaupt hier nicht Götter, sondern die Priesterschaft des ammonischen
Tempels dargestellt sey, wie sie an festlichen Tagen nach ihrer Rangordnung,
jeder mit dem Symbol der Gottheit, welcher er geweiht war, ausgezeichnet,
[bei den heiligen Gebräuchen auflrat. Für die Erklärung würde zwar durch
j diese Ansicht nichts verändert; Götter, oder als Götter verkleidete Priester,
[geben in der Darstellung dasselbe Bild. Allein die beiden Gestalten des
Osiris als Gott des Todes und Lebens an der rechten Tempelwand beweisen,
[dafs wenigstens in dem obersten Streifen nicht blos Priester, sondern die
[Götter selbst, welche Ammons Tempelgenossen waren, vereinigt sind. Wahr-
[scheinlich ist daher auch die Gestalt mit dem Widderkopf und dem Zeichen
des Richteramts nicht ein Oberpriester schlechthin, sondern ein mythisches
(Wesen-"
So wenig Zusammenhängendes wir auch von der ägyptischen Mythologie
wissen, so verrathen doch mehrere Spuren, dals die Erzählungen von den
[Geschichten und Kriegen ihrer Götter, die einen Zeitraum von vielen Jahr-
; tausenden ausfüllten, reich waren an einzelnen Begebenheiten und Personen.
Als mythische Ahnherren der erblichen Besitzer hoher Priesterwürden nannte
man Freunde der Götter, die von ihnen selbst damit beauftragt waren, da
¡jene noch auf Erden wandelten; und eben auf solche Ansprüche gründeten
weibliche und männliche Priesterklassen ihre Erblichkeit 2). Aehnliches
[findet sich bei den griechischen Priesterfamilien, besonders zu Athen, wo
die Eteobutaden, Eumolpiden, Kerykes, Lykomeden, Kynniden und viele
fandere sich mythischer Vorfahren rühmten, die von den Göttern selbst mit
1) A e lia n . Var. Hst. X IV , 34. D io d o r . I , 48.
[ 93 Hero d o t. I I , 65. 143. D io d o r , I I I , 72.