Hals trug x). ‘Wahrscheinlich ist sie eine der ägyptischen Musen, deren Plutarch
zu Hermopolis erwähnt und sie Töchter eines Hermes nennt, dessen Namen
viele durch Prometheus am richtigsten zu übersetzen glaubten 2). In den
Darstellungen des Todtengerichts kommt häufig noch eine andere weibliche
Gestalt vor, gleichfalls mit einer Straufsfeder auf dem Haupt, aber immer
in freundlicher Bewegung gegen den Todten, und jener ernsteren gleichsam
zuredend 3). Vielleicht sehen wir in dieser die erste und höhere der angeführten
Musen, die nach Plutarch die Gerechtigkeit (A«ta/oo-t/vn), aber auch
die Weisheit (2o<p/a) genannt wurde, und die er auf Isis bezieht 4). Wahrscheinlich
hatten die Aegypter noch andere Musen, die dem Gesang und der
Musik vorstanden s); zu Hermopolis wurden aber nur jene beiden verehrt,
und diese dachte man sich zugleich als die Lehrerinnen der Geweihten:
Wahrheit und Weisheit!
Die von Horapolio angegebene Bedeutung der Straufsfeder bestätigt sich
noch durch einen merkwürdigen Umstand. In den Papyrusrollen erscheinen
bei der Darstellung des Todtengerichts 42 oder 43 Richter 6), als Beisitzer
1 ) A e l ia n . V ar. Hist. X IV , 34. Es war aus Sapphiry d.h. Lapis Lazuli, geschnitten, wobei
die Symbolik der Farbe nicht zu verkennen ist. cf. D io d o r . I , 48. und 75., wo es Çûhe» genannt
»wird. P l u ta r c h . de Is. et Osir. c. 68. Es ist das JJrim und Thummim, Licht und Recht, auf
der Brust des jüdischen Hohenpriesters: 2. Buch Mos. 28, 30. 4. B. Mos. 2 7 , 21. Man s. Herd
e r 1 s Geist der Ebräischen Poesie I I . p . 135.
2) P lu ta r c h . de Is . et Osir. c. 3. 3 ) Z. B. Description de PÈg. I I . pl. 35. Fig. 2.
4 ) Bei P lu ta r c h . I. c. ist statt rI rn xxi hxetia<rvn>i» xccXovn roipixi, oder ireiptit wie Bentley
wollte, ZU lesen ’I. x . xxi Aixcttotrv>n* xxXova-t xcc'i 2 ocptctr.
5) Ich schliefse dies theils aus Bildwerken, theils aus D io d o r . 1 , 18. cf. H e r o d o t.il, 50.
und T i b u ll. I , 7. 43. 44. Die bei H o r ä p o l lo I I , 29. erwähnte Muse ist zugleich also
eine Schicksalsgöttin, wie die hier dargestellte.
6) In den ganz mit Hieroglyphen geschriebenen Rollen sieht man 43 Richter, in denen mit
hieratischer Schrift nur 42. Man sehe; Copie figurée d'un rouleau de papyrus trouvé à Tl^es
dans les tombeaux des rois, publié p a r C a d e t , 1805, und. die im 2ten Bande der NpscripM*
de VEgypte gegebenen. In der Nachricht D io d o r 's von diesem Todtengericht ( I , 92. | bt fll»
die Zahl der Richter .Ait» tu, absichtlich unbestimmt und bedarf keiner Aenderung.
des Osiris, deren jeder beständig eine solche Feder auf dem Haupte trägt.
■Wahrscheinlich ist hiedurch auch der griechische Gebrauch veranlafst, die
Musen mit Federn über der Stirne zu bezeichnen; bei den Aegyptern haben
indefs die Musen der Tonkunst einen Kopfputz aus Blumen, ähnlich dem
des Maneros ').
Aus dem Namen Prometheus, welchen Plutarch, gleichsam zweifelnd,
ob es der richtige sey, dem Vater der Musen beilegt, ergiebt sich, dafs hier
nicht Theuth, der Begleiter des Osiris und Horus, sondern jener geheimnifs-
volle ältere Hermes gemeint sey, der ein Sohn des» Nil oder Agathodämon
heilst2), und sonach zu den Göttern höherer Ordnung gehört, als eines
Ursprunges mit dem Phtha und der Minerva; weshalb es wahrscheinlich
dieser Hermes war, der zu Sais so eifrig verehrt wurde 3). Seinen Namen
durften die Aegypter nicht aussprechen, oder man dachte sich vielmehr
diesen Gott als ein unnennbares Wesen 4). Die griechische Deutung durch
Prometheus, die hier ohne Zweifel im Wortverstande zu nehmen ist, lehrt
uns aber, dafs er die personificirte männliche Vorsehung darstellte. So
heilig dachte man sich dieses Wesen, dafs die Hymnen, die man ihm sang,
keine Worte enthalten durften, die gleichsam zu irdisch waren, um ihn
würdig zu preisen, sondern blos in einer rhythmischen Abwechselung der
sieben ägyptischen Vokale bestanden: ia o ea ou 5); deren jeder einer Himmelssphäre
geweiht war, so dafs wahrscheinlich aus diesen mystischen Gesängen sich
der Glaube von einer Musik der Sphären entwickelte. Nicht blos zahlreiche
geschnittene Steine beweisen jenen Gebrauch, sondern auch ein merkwürdiges
Epigramm, das nun ohne weitere Erklärung verständlich seyn wird:
1) Man sehe weiterhin' die Erklärung des untersten Figurenstreifens der rechten Seite ^ wo
Maneros vorkommt.
2) Cic ero de Nat. Deor. I I I , 22. 3 ) L a c t a n t . de fa ls a rel. I , 6t.
4) Cic ero l. c. quem glegyptii nefas habent nominare.
5) D em e tr . P h a l e r . c. 71. Andere Stellen über das mystische unarticulirte
Murmeln, die rr y p ti und , 1. etruffyoi xxi x r ilf tp e ,., Endet man bei l a b l o r t s k y Panr
theon, proleg. p. 55 — 59.