alten Stadt, die nach einer flüchtigen Schätzung wohl einen Flächenraum
von beinah einer halben deutschen Meile bedecken, aber blos in Schutthügeln,
Bruchstücken von Säulen, Mauersteinen und irdenem Geschirr bestehen.
Man glaubt noch die Richtung einiger Strafsen und die Lage der
Hauptplätze der Stadt zu erkennen. In dem jetzigen Dorfe sah ich Säulenstücke
von Marmor und anderem Stein, als Thürschwellen und Pfeiler angewandt;
und Herr D r o v e t t i versicherte mir, vor mehreren Jahren einen
schön gearbeiteten Typhon aus der Mauer eines Bauerhofes herausgenom-
men zu haben. Ich fand hier einige Stücke von Glasmosaik und ändere
unbedeutende Alterthümer; auch die früher erwähnte merkwürdige Glashife
gel *) wurde hier entdeckt. In dem Innern eines Hofes bemerkte ich den,
Tafel XXIX. Fig. 7. mitgetheilten, zierlichen Säulenknauf, dem ich mir aber
kein Zeitalter anzuweisen getraue.
Auf der weiteren Fahrt liefsen wir die kleine Stadt Mitltamr zur Rechten,
und weiter unten Semenoud, das alte Sebennytus, jetzt eine unbedeutende
Stadt, zur Linken; unterhalb welcher, etwa eine halbe Meile landeinwärts
bei JBohbait, in der Mitte mehrerer Schutthügel, aus denen hin und wieder
grolse Granitblöcke hervorragen, die Trümmer eines herrlichen Tempels
sich erhalten haben, der aus rothem, grauem und schwarzem Granit erbaut
war. Die Blöcke sind von ungeheurer Gröfse, die Hieroglyphen und Verzierungen
im schönsten Styl gearbeitet; nirgend fand ich so bedeutende und
so meisterhaft behandelte Granitmassen. Da sie einen sehr beträchtlichen
Raum einnehmen, so mufs dieser Tempel einer der ausgezeichnetsten in
Aegypten gewesen seyn. Die meisten Darstellungen beziehen sich, auf die
Isis, der wahrscheinlich dieser Prachtbau geheiligt war. Die Säulenknäufe
haben Aehnlichkeit mit denen von Tentyris. Das Sanctuarium, aus schwarzem
Granit gehauen, scheint nur aus wenigen Stücken erbaut gewesen zu
seyn, da man noch Massen findet, welche ausgehöhlt und mit Stufen versehen
sind, von einer Gröfse, dafs sie beinahe die Hälfte desselben gebildet
*) Oben p. 281.
haben dürften. Einzelne mit Hieroglyphen bedeckte Säulenstücke aus: rothem
und schwarzem Granit, die zu dem verjüngten oberen Theil der Schafte
gehört zu haben, scheinen, hatten beinah 4 Fufs im Durchmesser. Tafel XXIX.
Fig. 1. bis 6. sind einige Fragmente dieses Tempels, die mir besonders auf-
fielen,- gezeichnet.
Leider verstattete die Kürze meines Aufenthalts mir keine genaue Untersuchung;
kundige Reisende würden durch Beschreibung und Darstellung
dieser Trümmer sich ein grölses Verdienst erwerben, und an wenigen Stellen
Aegyptens dürften Nachgrabungen wünschenswerter und belohnender
seyn. Rätselhaft aber ist es, durch welche Gewalt diese bewundernswürdigen
Trümmer in ' so wilder Unordnung durch einander geworfen wurden,
als wäre der Tempel durch eine künstliche Explosion oder durch ein Erdbeben
zusammen gestürzt; denn so kann nicht die Zeit oder die gewöhnliche
Zerstörungslust der Menschen gewütet haben, da die einzelnen Theile
und die sie schmückenden Bildwerke durchgängig sehr wohl erhalten sind.
Im Alterthum stand hier das Oppidum Isidis, welches von Plinius und Stephanus
von Byzant erwähnt wird *).
Wir erreichten dann Mansura, wo ich einige Stunden verweilte, da
dieser Ort durch die Niederlage und Gefangennehmung Ludwigs IX. merkwürdig
ist, und fuhren darauf Farescone vorbei, wo der unvorsichtig kühne
Angriff der Tempelherren, dessen schwer errungene Vortheile Ludwig nicht
zu benutzen verstand, jene Katastrophe herbeiführte.
*) Dafs ein nur von zwei Geographen, und sonst von keinem alten Schriftsteller erwähnter
Ort einen solchen Tempel enthalten habe, ist nicht wahrscheinlich, obgleich diese Meinung durch
dyA n v ill e 's Autorität die allgemeine geworden ist. Nach H e r o d o t lag der prächtigste aller
Isistempel, bei welchem das Volk zu dem gröfsten Landesfest, der Isistrauer, aus ganz Aegypten
zusammenströmte, zu Busiris ( H e r o d o t. I I ,- 40. 59. 61.J , und nichts scheint der Annahme entgegen
zu stehen, dafs die Ruinen bei Bohbait dem alten Busiris angehören, dessen Lage in der Mitte
des Delta angegeben wird, wo diese prächtigen Trümmer wirklich sich finden. Vielleicht ist auch
das Iseum des S t e p h a n u s und das Isidis oppidum, welches P l i n i u s unmittelbar neben Busiris
nennt (H. N. V, 11.), nichts anderes als jener berühmte Isistempel selbst. Die Stadt Busiris wurde
von D io c l e t ia n zerstört. Man s. die Erklärung der X X IX .s te n Tafel.