Am meisten bewunderte ich die von B e l z o n i entdeckte Katakombe
welche in jeder Hinsicht die schönsten bildlichen Darstellungen enthält
Sie ist theils mit Skulpturen, theils mit Freskomalereien geschmückt, besonders
sind die Decken sehr reich und geschmackvoll verziert. Der Gegensatz
der in den Feldern derselben angebrachten lebhaften Farben macht einen
sehr angenehmen, heiteren Eindruck. Da diese Katakombe vortrefflich
erhalten, aber nicht in allen ihren Theilen vollendet ist, so giebt sie zugleich
die beste Gelegenheit, sich über das von den Aegyptern beobachtete Kunst-
verfahren zu belehren.
Die ausgehauenen Wände wurden zuerst sorgfältig geebnet und schadhafte
Stellen mit Kalk, Gyps oder Kitt ausgefüllt, in welchen man nachher die Figuren
und Hieroglyphen eben so ausschnitt, wie in den Stein selbst, welches ich
durch mehrere mitgebrachte Proben darlhun kann. Wo der Kalkstein durch
eingesprengten Kiesel und durch Versteinerungen der Bearbeitung Hindernisse
entgegensetzte, wurden diese Stellen ausgehoben und bessere Steine eingesetzt.
Wände, die bemalt werden sollten, wurden vorher gewöhnlich mit Schlamm;
Kalk oder Gyps beworfen, und im ersten Falle geweifst; worauf ajsdann die
Malerei aufgetragen wurde. Man findet Wände, die zum Theil blos liniirt
sind; auf anderen ist die Zeichnung der Figuren und Hieroglyphen mit rotlier
Farbe entworfeii, und die nöthigen Correcturen sind schwarz aufgesetzt:
Sowohl in den Zeichnungen, als in den Correcturen ist die Freiheit und
Sicherheit der Hand bewundernswürdig, so dafs man den Aegyptern eine
grofse Meisterschaft der Ausführung nicht absprechen kann. Man findet selbst
schöne Köpfe und anmuthige Stellungen, soweit der ägyptische Kunststyl
beide zuliefs, wovon man sich aus einigen mitgebrachten Bruchstücken, die
leider schon herabgestürzt waren, überzeugen wird. Ein grofses Zimmer,
über 28 Fufs lang und 251 Fufs breit, ist nebst den beiden viereckigen Pfeilern,
welche die Decke desselben unterstützen, ganz mit solchen Zeichnungen
angefüllt, die Herr R i c c i , so weit sie noch vollständig sind, durch Oelpapier
sorgfältig kalkiren wird, so dafs ich einst diese in ihrer Art einzigen Denkmäler
der Welt vorlegen zu können hoffe.
In dem Zimmer, welches vor dem eben erwähnten belegen ist, befindet
s;ch eine merkwürdige Darstellung, in der vier durch Gesichtszüge und
T r a c h t auffallend unterschiedene Nationen vereinigt sind. Herr B e l z o s i
hat eine colorirte Abbildung derselben gegeben, in der aber die Schärfe der
Charakteristik des Originals bei weitem nicht erreicht ist Zuerst erscheinen
vier Aegypter in ihrer einfachen Nationaltracht und durch die ihnen eigene
sanfte Gesichtsbildung ausgezeichnet; dann folgen vier Babylonier mit weit
ausgewirkteren Zügen und in bunte Zeuge gekleidet, mit einem Schmuck
von Federn auf dem Haupt und einer herabhangenden Haarlocke; diesen
schliefsen vier Aethiopier sich an mit negerartigem Profil, und endlich kommen
vier Juden, deren unverkennbare Nationalbildung mit so komischer
Laune aufgefafst ist, dafs es einem jetzigen Künstler schwer fallen würde, in
ähnlicher Art etwas Vollkommneres zu leisten. Eine ägyptische Gestalt
mit der Maske eines Falkenhauptes scheint diese Völker anzuführen. In
keiner mir bekannten Darstellung zeigt sich die ägyptische Kunst in einem
g län z en d e ren Lichte.
Vor dem innersten, den jetzt nach England versetzten alabasternen Sarkophag
enthaltenden Gemache, dessen Decke sehr hoch und nach Art eines
Gewölbes ausgeschnitten ist, befindet sich ein anderes geräumiges Zimmer
mit sechs-viereckigen Pfeilern, an welches zu beiden Seiten zwei kleinere
stofen. In einem dieser letzteren sieht man ein vortrefflich gearbeitetes
Basrelief, die heilige Kuh in sehr merkwürdigen Umgebungen darstellend,
welche Herr S a l t nach Zeichnungen, deren Treue nichts zu wünschen übrig
lä $ f bekannt machen wird. An jeder Seite des Eingangs dieser Kammer
befand Sich die Darstellung eines heiligen Stieres, die ein Reisender aus der
Wand hatte brechen lassen; zum Glück erfuhr Herr S a l t diese Gewaltthä-
tigkeit und reklamirte die Stücke als sein Eigenthum, indem die Katakombe
auf seine Kosten geöffnet sey. Ich hatte daher Gelegenheit, diese Meisterwerke
der ägyptischen Kunst in seiner Sammlung zu Cairo zu bewundern.
An der glänzend verzierten gewölbten Decke des schon erwähnten
innersten Zimmers glaubte ich mehrere Sternbilder zu entdecken, deren