grofse Stadt des Apollo, Apollinopolis magna; es wurde nämlich hier der
ägyptische Horus verehrt. Der grofse Tempel desselben gehört zu den besterhalten
en Denkmälern der ägyptischen Baukunst, die vorliegenden Flügel
desselben übertrelFen alle anderen an Höhe. Sie ragen noch jetzt 70 bis
80 Fufs über der Oberfläche empor, und durften an 30 Fufs tief darunter
begraben seyn. Im Inneren derselben zählte ich nicht sechs Stockwerke von
Zimmern, wie Pococke angiebt, sondern neun über und neben einander,
und in dem verschütteten unteren Theil finden sich wahrscheinlich noch
drei andere. Ueber dem Thorweg, der beide Flügel verbindet, ist eine Art
steinerner Brustwehr angebracht, wie zur Vertheidigung, und oben sind die
Plattformen der Flügel ebenfalls mit einer steinerneu Wehr umgeben und
zwei queerüberliegende grofse Steine scheinen zur Aufnahme von Gerüsten
gedient zu haben. (Man sehe Tafel XXIX. Fig. 15.).
Nach meiner Rückkehr aus Ober-Aegypten stiefs Herr Ripaut, welcher
für Herrn D k o v k t i i hier Nachgrabungen leitete, auf eine Allee von Sphinxen,
die er Auftrag erhalten hat, ganz zu Tage zu fördern.
Der majestätische mit Säulen umgebene Hof, in welchen man durch
jene Tempelflügel gelangt, enthält die Wohnungen von etwa dreißig Mohä-
medaner- und Kopten-Familien, und ist durch Mauern und hölzerne Ver-
schläge entstellt. Handwerker haben hier ihre Werkstätten, besonders wird
viel irdenes Geschirr verfertigt. Der Porticus des Tempels; von achtzehn
Säulen in drei Reihen, ist zum Theil bis ah die Knäufe verschüttet; die
innern Gemächer, welche zu Vorrathskammern dienen; waren mir unzugänglich.
Eine 20 Fufs hohe und 6 Fufs dicke Mauer umgiebt den Tempel
in einer Entfernung von 12 Fufs, und ist, wie dieser selbst, nebst den Flij-
gelgebäuden, Säulen und Portiken, allenthalben mit Bildwerk und Hieroglyphen
bedeckt; ähnliche Einfassungen haben nur in Nubien sich noch
erhalten. Auf der äufseren Tempelwand befindet sich die Darstellung
Tafel XXIV. Fig. 6. »).
.*) Sie findet sich schon in der Descripticn de VEg. I. p l. 59. fig . 6., ist aber hier zur Erda
rong von pag. 110. und T a fel X X I . Fig. 2. wiederholt.
Ein Paar hundert Schritt gegen Süden der Flügelgebäude des Haupttempels
trifft man einen peripterisch gebauten kleineren, in dessen Inneren, so wie an
den S äu le n , pygmäenartige Gestalten der Kabiren sehr häufig Vorkommen *).
Die angeblich im Tempel zu Edfou befindliche Darstellung des Phönix
konnte ich nicht entdecken, und Herr R i c c i versicherte mir, daß er und
Herr B a n k s auch im Innern des Tempels vergebens danach gesucht hätten.
Ich war aber so glücklich, eine hier zu Edfou gefundene Glasmosaik zu
erhalten, in der jener mythische Vogel in bunten Farben gebildet ist. Die
Federn sind gelb, grün und blau, die Krone roth, die Flügel ausgebreitet.
(M. s. Tafel XXI. Fig. 12.). Auf mehreren Säulen des Tempels zu Karnak
sieht man ihn eben so dargestellt, und neben ihm beständig einen Stern,
der auch auf meiner Paste angebracht ist (M. s. Tafel XX. Fig. 6., wo
indefs die Farben nicht angegeben sind, weil sie in den Originalen meistens
verwischt waren.) Bekanntlich war der Phönix das Symbol der 1461 Jahre
d au e rn d e n Sotbisperiode oder des grofsen Jahres, nach dessen Ablauf der
Anfang des beweglichen ägyptischen Jahres wieder mit dem des festen
zu sam m en tra f.
Könnten über das hohe Alter der Glasmosaik noch irgend Zweifel
obwalten, s<S würden sie durch diese offenbar altägyptische Darstellung zur
Genüge widerlegt. Sie ist aber nicht das einzige Kunstwerk dieser Art, das
ich in Aegypten erwarb; Tafel XXI. Fig. 10. zeigt eine solche Mosaik, die
zu Memphis, Fig. 6. 7. 9. und 12. vier andere, die zu Theben gefunden
wurden. Ich besitze eine zu Athribis ausgegrabene farbige Glaskugel, eine
kleine Urne von ähnlicher Arbeit, Bruchstücke von Gefafsen und eine bedeutende
Anzahl farbiger Glaskorallen aus zusammen gewundenen bunten Glasfäden,
die fast in allen Nomen des alten Aegyptens gefunden sind **). Am
*) Oben pag. 152. 153. 251.
**) Von Herrn Professor John angestellte chemische Xnalysen dieser farbigen Glasflüsse, die,
nach dem Geschmack der Verzierungen zu urrheilen, häufiger griechischen, als altägyptischen Ursprunges
seyn durften, findet man unter den Beilagen, Der angebliche Phönix scheint ein Vogel mit
Menschenhänden zu seyn, was mit den alten Beschreibungen nicht zusammentrifft.
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