indem man im Thal Fayoum den libyschen Arm des Nil, durch Verschließung
seines nordwestlichen Abflusses, in einen großen Landsee verwandelte,
und dadurch eine ungeheure Wassermenge zur Bisposition erhielt, dig man
mittelst Schleusen nach Belieben vertheilen konnte. Dafs der See Möris auf
diese Art benutzt wurde, ist gewifs *); um aber auszumitteln, in wiefern
die Anlage desselben durch Kunst herbeigefuhrt worden sey, wie Herodot
und andere Schriftsteller behaupten, bedürfte es einer genauen Untersuchung
des Lokals, indem es sich fragt, ob die vorausgesetzte Verdämmung eines
Nilarms möglich war und wirklich ausgefuhrt wurde. Leider verstattete es
mir die ausgebrochene Pest nach meiner Rückkehr aus Oberägyptenänicht,
das Thal von Fayoum und den gegenwärtigen Zustand des Birket-Keroun,
wie jetzt der See Möris genannt wird, nebst dessen Umgebungen an Ort
und Stelle zu untersuchen.
Nachdem wir den Sandrücken, der den Bahr-Belä-Mä von dem Vaili
Natron trennt, überschritten hatten, durchzogen wir dieses letztere, Eine
Heerde wilder Kühe und Stiere, aus dem Geschlecht der Antilopen, reizte
hier meine Araber, sehr eifrig Jagd auf sie zu machen, indem sie zu Pferd
und zu Fufs nach allen Richtungen sich zerstreuten; die Thiere entsprangen
aber mit solcher Behendigkeit, dafs es unmöglich fiel, sie zum Schüfe zu
bringen. Gegen Abend fanden wir den öden salzigen Boden durch einige
Gesträuche belebt, und zogen bei einbrechender Nacht in das Lager der
Jovaisi-Araber ein, welches an einem der Natronseen aufgerichtet war, und
wohl eine Ausdehnung von einer halben Meile einnahm. Bas Oberhaupt
dieses Stammes war einer der Schwiegerväter meines Scheiks, und wir
wurden deshalb freudig empfangen.
Bas erleuchtete Lager gewährte einen sehr erfreulichen Anblick: überall
Leben und Bewegung, Pferde, Kameele, blökende Heerden, bellende Hunde,
schreiende Hühner, und am Feuer ruhende oder beschäftigte Männer und
'* ) H e r o d o t. I I , 149. S tr a b o X V I I . p. 810. 811. Man s. H i r t , Versuch ¡¡her den
allmähligen Anbau und den Wasserbau des alten Aegyptens. Berlin 1815.
Kinder; es war ein Bild patriarchalischer Sitten. Alles begrüfste uns freundlich
und erwiederte unsere Grüfse. Mein Scheik war vorausgeritten, Um
einem Schwiegervater unsere Ankunft anzuzeigen, welcher, als Oberhaupt
des’ Stammes, nach arabischer Sitte am äuisersten Ende des beweglichen
Dorfes wohnte. Wir mufsten also das ganze Lager durchziehen', und alle
Hunde desselben, deren Zahl sich immer zu vermehren schien, verfolgten
uns bellend von Zelt zu Zelt, bis an dessen Ende. Hier fiel ein Araber
meinem Pferd in die Zügel, nöthigte mich mit zudringlicher Herzlichkeit,
abzusteigen und in das Zelt des Scheiks einzutreten, wo ich mich auf einen
Teppich am lodernden Feuer niederlassen mußte.
Nicht lange hatte ich hier meine neue Gesellschaft mit dem Auge gemustert,
als ein unverschleiertes Frauenzimmer hereintrat, um etwas zu
kochen. Burch ihre Gegenwart ermuthigt, erschien bald ein Kind aus dem
Nebengemache, dem ich einiges Geld und ein kleines Messer schenkte,
welches, wie ich bemerkte, von der Familie sehr gut aufgenommen wurde.
Andere Weiber und Kinder blickten neugierig aus jenem Nebengemach, das
nur d u rc h einen Vorhang von dem, in welchem wir uns befanden, geschieden
war, auf mich herüber, und schienen über meine Gegenwart nicht wenig
erstaunt. Keine der Frauen und Mädchen fand es nöthig, sich zu, verschleiern;
wie ich denn Schon oben bemerkt habe, dafs die Weiber der
Beduinen viel weniger beschränkt sind, als die der Fellahs und der Städte-
bewohner.
Ich sah nun Anstalten machen zu einer stattlichen Bewirthung, die nach
]d e r kümmerlichen Diät .eines siebenwöchentlichen Zuges durch die Wüste
sehr einladend waren; allein ich fand die Temperatur des Zeltes unerträglich
heifs und gewisse Insecten in solcher Menge hier einheimisch, dafs ich nach
einem Vorwand suchte, mich baldigst zu entfernen./ Ich erzählte daher von
der Krankheit meines Gefährten, der seit dem Bivouak vom 20sten zum
2lsten sich noch nicht wieder erholt hatte, und stellte vor, dafs es meine
Pflicht sey, ihm Gesellschaft zu leisten und für sein Unterkommen zu sorgen.
Man liefs diese Entschuldigung, die überdies sehr gegründet war, gelten,
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