Indols freite ich mich, zu den dort gegebenen Erläuterungen schon jetzt nicht unwichtige
Nachträge liefern zu können. Eine durch Herrn Rüppell auf einer kleinen Insel bei
Philä entdeckte Inschrift, deren Original sich jetzt zu Frankfurt a. M. befindet, und die von
Herrn Letronne (Recherclies 1823. p. 341 und 480.) mitgctheilt und erklärt wird, belehrt
uns, dafs Ammon hei den Aegyptern auch Chnoubis hiqfs ( xnoybei tqi kai ammgni).
Bestätigt wird diese Angabe durch ein in den Granitbrüchen hei Sycnc gefundenes lateinisches
Monument, das mit den Worten: IOVI HAMMONI CHNVBIDI anfängt. Die
Zeit der Errichtung beider ist um mehr als drei Jahrhunderte von einander entfernt, so
dafs, wie Herr Letronne scharfsinnig bemerkt, an zufällige Abweichung von der allgemein
gültigen Lehre hier nicht zu denken ist. Mir waren jene Denkmäler um so willkommener,
weil ich nur aus Scheu, keinen Glauben zu finden, meine Ucberzcngung, dafs der
von Kronos besiegte zweite Agathodämon kein ancPerer als Ammon selber seyn könne,
nicht entschieden äufserte. (Oben S. 146- 151. 2S9.) Unwidcrsprechlich ergab es. sich
indefs aus dem nachgewiesenen Vcrhältnifs beider zu Kronos, ans der angeführten Stelle
des Eusebius (Praep. Evang. I I I , l?J, aus dem Tempel zu Elephantine, den Strabo
dem Knouphis zuschreibt ( l. X V I I . p. S17.J, während in demselben allenthalben das Bild
des Ammon wiederholt wird (oben S. 2890, aus der Nachricht Hcrodots l. I I . c. 74.
(oben p. 109«), und endlich aus einem Epigramm des Antipatcr von Sidon, welches ganz
unzweideutig dem Ammon die Schlangengestalt beilegt (Antliol. J a c o b s . Vol. I I . p. 6. Nr. ?.
*aftftv* Y¿{ttptßinras etpii). Allein diese Einheit des Ammon und Chnoubis, die als blofse
Folgerung vielleicht kaum zugegeben seyn würde, läfst jetzt, da sie durch unzweifelhafte
Denkmäler bewiesen ist, in ihrer ganzen Wichtigkeit sich darstellen.
Nicht mehr räthselhaft ist es mm, weshalb in keinem Tempel des Ammon die heilige
Nilbarke fehlen durfte (oben S. 113. 114. 121. Not.); denn dafs der Agathodämon der
Nil selber sey, wurde durch unzweifelhafte Gründe nachgewiesen (p. 135. ,146. )• Eben
deshalb ist Ta fel X . Fig. 2. der Wasserkrug zwischen den Filfsen der ruhenden Sphinx
mit dem "Widderhaupt des Ammon bezeichnet (S. 1070? und zu Tentyris erscheint Ammon
mit einem segelnden Schiff auf der ausgestreckten Hand (Descript. de IE g . I V pl. 26.fig. $.)•
Ferner erklärt, sich nun eine ganze Reihe griechischer Mysterienfaheln, nach denen Jupiter
in Schlangengestalt den Bacchus-Zagreus uncLSabazius erzeugt. Hermes - Theuth erscheint
nun auch im ägyptischen Mythus als ein Sohn Jupiters (S. 151.), nnd selbst der "Vater
des Ammon läfst jetzt ohne Mühe sich nachweiscn. 'Es ist kein anderer als jener geheim-
nifsvolle ältere Hermes - Prometheus, dessen oben gedacht ist (S. 139. 140. 1510, was
durch eine bisher unerklärliche Stelle des Johannes Lydus bestätigt wird (de mens. p. 96.
nsoftiS-iat IX V«’ [«' A''*]’ ••••* Vf»*!ctsi denn dafs dies nicht griechische
Lehre seyn könne, bedarf keiner Nachweisung). Auch einer der ägyptischen
Namen jener Göttin, die in unsern Bildwerken dem Ammon als Gattin zur Seite steht,
kann nicht mehr zweifelhaft seyn; da Menuthis oder Eumenuthis als Gattin des von
Kronos- gestürzten Agathodämon bereits erwähnt ist (oben S. 1460* Und sonach zeigt
sich hier eine neue Uehereinstimmung der ägyptischen mit der griechischen Mythologie,
indem aitch in jener eine Venus als Meeresgöttin erscheint.
1
1 .
Aber nicht hlofs der zweite Agathodämon, auch der erste, der zu den ewigen Göttern
gehört, führte den Namen Ammon; denn man darf, um die ägyptische Religion nicht
unbegreiflich zu finden, die Lehre von der Seelenwanderung und Wiedergeburt nie aus
den Augen verlieren (S. 132. 133.). Diodor unterscheidet aufs Deutlichste den Ammon,
welchen er als Vater des Osiris einführt, von dem himmlischen Gott desselben Namens;
nicht hlofs in der angeführten Stelle (Diod. I, 15.), sondern auch (c. 12. 13.), wo kein
Zweifel möglich ist, und ausdrücklich hinzugefügt wird, dafs mehrere Götter der ersten
Ordnung unter denen der zweiten wieder auftreten (retets \_fSt ez-iye/tw] oftavvftovs ¿ird^wiv
reis «vgctvlois). Vulcan und Minerva, aus dem ursprünglichen Agathodämon geboren, konnten
sonach auch bei den Aegyptern Kinder Ammons heifsen, und Diodor bemerkt sogar,
dafs Minerva, wie hei den Griechen, aus dem Haupte Jupiters hervorging (oben S. 135.).
Die von Herrn Rüppell entdeckte Inschrift giebt uns noch über andere Punkte willkommenen
Aufschlufs. Die für uns merkwürdigen Worte sind folgende:
XNOYBEI Tßl KAI AMM£2NI SATEI THI KAI HPAI
ANOYKEI THI KAI E2TIAI nETEMHAMENTEI Tfll KAI
AIONYSfll ÜETENSHTEI Till KAI KPONßl ÜETENEHNE (I)
Till KAI EPMEI ©EOI2 METAAOIS KAI TOI2 AAAOIZ TOIS
Eni TOY KATAPAKTOY AAIMOSIN x. t. A.
„Dem Chnoubis, der auch Ammon heifst,t der Satis, die auch Hera, der
Anukis, die auch Hestia, dem Petempamentes,. der auch Dionysus, dem
Pctensetes, der auch Kronos, dem Petcnsenes, der auch Hermes, den
grofsen Göttern, und den ändern Dämonen bei dem Katarakte des .Nil“ u. s. w.
Die Gattin Ammons hiefs also nicht hlofs Menuthis, sondern auch Satis; wobei \
ich nicht umhin kann, an die indische Schakti zu erinnern, die nach der Wortbedeutung
nichts anderes ist, als die personificirte Naturkraft; ohne jedoch aus solchen Aehnlich-
keiten eine nähere Verwandtschaft der indischen und ägyptischen Religion folgern zu
wollen, als oben nachgewiesen ist (S. 249-), wobei ich nicht fürchte, bei denen, die meine
Ansicht der Religionsgeschichte kennen, dem Vorwurf einer ungehörigen Mischung mich
auszusetzen. In der erwähnten lateinischen Inschrift heifst diese Satis Juno Regina,
und Herr Champollion giebt in dem Pantheon Egyptien (Paris 1823.) von ihr eine Abbildung,
für deren Richtigkeit er keine Beweise anführt. Es ist nämlich eben die Gestalt,
die von mir aus überwiegenden Gründen für die Aletheia erklärt ist (oben S. 136— 140.).
Ich brauche nicht zu wiederholen, dafs auf unsern Bildwerken' die Gattin Ammons zweimal
neben ihrem Gemahl vorkommt (S. 103. 104. 127. J35.), die Darstellung derselben also
unzweifelhaft ist.
Ueber die Göttin Anukis weifs ich nichts zu bemerken; Petempamentes aber ist
offenbar ein Beiname des Osiris, der nach der Wortbedeutung ihn als Herrn des
Amenthes oder des Todtenreiches bezeichnet (oben S. 129.). In dem Namen Petcn-
setes, der dem Saturn gegeben wird, läfst sich eine Composition mit Seth erkennen,
welches nach Plutarch (d e Is. et Osir. c. 37.) eine Benennung typhonischer Mächte ist.
Vielleicht bedeutet Pctensetes, mit CHT> in fra , zusammengesetzt, ganz einfach den