wohl erhaltene Statue dieser Art aus schwarzem Granit erwarb ich für meine
Sammlung *); die noch vorhandenen sind durchgängig verstümmelt, da man
sich beeilt hat, die besten Exemplare nach Europa zu versetzen.
Bei Karnak befanden sich zwei heilige Teiche, deren steinerne Einfas,
süng zum Theil noch übrig ist; bei dem einen derselben bemerkt man auch
den Kanal, durch welchen das Wasser in das Innere der Tempelgfebäude
geleitet wurde. In der Nähe der Ruinen verrathen viele Schutthügel das
Vorhandenseyn anderer Denkmäler. Am Eingänge eines ganz zerstörten
Tempels fand ich die Gestalt des Typhon **).. Die Ausdehnung dieser
Trümmer schien mir indefs den Beschreibungen von der Gröfse der alten
Hauptstadt Aegyptens sehr wenig zu entsprechen ***); von Gebäuden des
öffentlichen Nutzens und Vergnügens bemerkt man keine Spur, und die
Privatwohnungen waren vielleicht, wie noch jetzt in Aegypten, aus sehr
vergänglichem Material aufgeführt.
Am westlichen Nilufer besuchte ich zuerst ,-die bei dem Dorfe; Gumou
vorhandenen Ruinen, die fast ganz vernichtet sind, wofern das Denkmal,
dem sie angehören, wirklich vollendet worden ist. Die Hieroglyphen an den
erhaltenen Resten sind von ausgezeichnet schöner Arbeit.
Neben diesen gegen Süden liegt das Memnonium ****), welches einst in
seiner völligen Erhaltung eins der herrlichsten Gebäude der Welt gewesen
seyn mufs. Ein innerer Hof, der später in eine Kirche umgeformt wurde,
war mit einem Porticus umgeben, vor dessen Säulen kolossale Karyatiden
*) Diese Statue befindet sich jetzt im Konigl: Preufsiscben Museum, das bereits früher durch
den Herrn Kammerherm Grafen v o n S a c k mit zwei ähnlichen Statuen, e b e n f a l l s a u s ; schwarzem
Granit, und dem Fragment einer dritten bereichert wurde. Ueber ihre Bedeutung s. m. ob. p. 145. etc.
**) Wahrscheinlich einen Kabiren, m. s. oben p. 251.
***) Schon zu Strabo’s Zeit, also vor heinahe zwei Jahrtausenden, wurde Theben nur noch
stellenweis bewohnt.
****) Das Grab des Osymandyas. Aus den Hieroglyphen ergiebt sieb,' dals der hier bestattete
König derselbe war, welcher die Obelisken zu Luxor, die wahrscheinlich später versetzt sind, errichtet
hatte. Man s. die Erklärung von T a fel X V . und X X . Fig. 2.
standen, die gröfstentheils zerstört sind. An den sogenannten Pylonen und
tan den erhaltenen Wänden des Porticus befinden sich höchst merkwütdige
Darstellungen von Schlachten, Siegen und Triumphen. Die Gefangenen
werden in langen Zügen gefesselt vor den siegreichen König geführt, und
die den gebliebenen Feinden abgehauenen Hände'und Schaamtheile *) in
Haufen aufgeschüttet und ihre Anzahl verzeichnet. Die am häufigsten vorkommende
Gottheit ist auch hier die zu Karnak beschriebene; viele Darstellungen
sind aber von den Christen mit Schlamm beworfen oder vernichtet.
Besonders interessant schien mir das Tafel XXII. Fig. 2. mitgetheilte Relief,
welches von Herrn S e g a to gezeichnet ist; der Baum, in dessen Schatten
der König sitzt, ist vielleicht die heilige Persea, die jetzt in Aegypten sich
nicht mehr finden soll.
Im ersten Hofe dieses Gebäudes liegen die Trümmer des ungeheuren
Kolosses des Osymandyas am Boden umher, der in sitzender Stellung 64 Fufs
hoch gewesen seyn soll, und aus einem rothen Granithlock gearbeitet war.
Ich versuchte, ein Fragment des einen Fufses, dessen Breite heim Anfang
der Zehen 4 | Fufs betrüg, wegschaffen zu lassen; es war aber zu schwer,
und ich begnügte mich deshalb mit einem kleineren Bruchstück. Nach Dio-
dor trug diese Statue folgende Inschrift: „Ich bin Osymandyas, König der
Könige, wer wissen will, wie grofs ich war und wo ich ruhe, der zerstöre eins
meiner TVerke**).“ Die Aufforderung, die in diesen stolzen Worten zu liegen
scheint, ist in vollem Maafse erfüllt worden. Am Eingänge der Pforte,
welche von dem zweiten Hofe ins Innere fiihrt, findet man die Reste eines
ändern Kolosses aus schwarzem Granit.
*) Dieser barbarische Gebrauch, die Gebliebenen zu verstümmeln, welchen die Juden von den
Aegyptern angenommen hatten, z. B. I.Sam. 18; 15. 27., dauert im christlichen Aethiopien noch
jetzt fort,, S a l i , voyage to Abyssinia ("1814) p. 2.92. 293. Nach einem Siege über die Galla im
Jahre ,1806 wurden im Lager bei Zingilla die Schaamtheile von 1865 gebliebenen Feinden vor den
Sieger, geworfen, wie es auf den ägyptischen Denkmälern dargestellt ist. Auch bei den Kaffern soll
dieser Gebrauch sich erhalten haben.
**) D io d o r . I , 47.