eine vollständige Bekanntmachung derselben dürfte daher sehr wünschens-
werth seyn.
Von einem zweiten Tempel liegen die Schafte granitner Säulen am
Boden zerstreut, verrathen aber römische Arbeit. Eine Nische, die einst
zum christlichen Gottesdienst benutzt und mit Heiligenbildern bemalt worden
war, und ein zweites fast zertrümmertes Gemach, blieben allein von
jenem Tempel noch übrig, der aus dem Material eines älteren ägyptischen
Baues aufgefiihrt ist. Eine kürzlich von den Arabern hier ausgegrabene
Statue eines Römers wurde mir käuflich angeboten, verrieth aber in der
Bearbeitung einen späten schlechten Styl.
Fünfzig Schritt östlich vom Tempel befindet sich ein ummauerter Teich,
zu welchem eine Treppe von zehn Stufen hinabführt. Einige halten denselben
für einen Nilmesser, da noch gegenwärtig das Wasser darin gleich-
mäfsig mit dem des Stromes steigt und fällt, andere für den Aufenthalt
eines heiligen Krokodils, indem Strabo gleich nach Hermonthis eine Stadt
der Krokodile (jc^ofco^/Acöv erwähnt, wo dieses Thier verehrt wurde.
Von Erment fuhr ich nach Esneh, einer wohl belegenen Stadt am lin|
k j j j j Ufer, wo man die besten Kameele in Aegypten antrifft, welche von den
Beduinen-Stämmen der Bischaryn und Ababdeh gezogen und hier zu
Markte gebracht werden. Seinen griechischen Namen Latopolis erhielt dieser
Ort von der Verehrung des Fisches Latos', aufser welchem besonders
Minerva hier angebetet wurde, der ohne Zweifel der im Innern der Stadt
noch erhaltene herrliche Tempel geweiht war. Alle Bildwerke desselben verrathen
den gerundeten späteren Styl der ägyptischen Kunst; aber nur der
Porticus ist jetzt zugänglich, alles andere zwischen den Häusern versteckt
und verschüttet. Jener besteht aus vierundzwanzig sehr schönen Säulen, je
sechs in vier Reihen, deren Architrave und Decke unversehrt sind. Wid-
derköpfige Gestalten, die sich auf Jupiter-Ammon und Minerva *) beziehen,
*) Dafs zu Latopolis Minerva verehrt worden sey, bemerkt S t r a b o X V I I . p. 817., und das
Vorherrschen des Widdersymbols in dem ihr geweihten Tempel bestätigt das oben über die Darstellung
der ägyptischen Minerva Nachgewiesene, m. s. oben p. 110 — 112. 135. 140. 141.
wiederholen sich allenthalben, und auch über der ins Innere des Tempels
führenden Thür erblickt man ein widderköpfiges Bild. Wegen der Dunkelheit
des Porticus erkennt man nur mit Mühe die siderischen Bildwerke an der
Decke desselben, die mit Staub bedeckt ist, wo sich auch die Tafel XXIV.
Fig. 3. mitgetheilte Gestalt mit vier vereinigten Widderköpfen befindet.
Anderthalb Stunden nordwestlich von Esneh befinden sich die Ruinen
eines anderen Tempels, an dessen Decke man ebenfalls Fragmente eines
Zodiakus antrifft. Ich besuchte indefs diese angeblich ganz zerfallenen
Reste nicht.
Die Stadt der Ilithyia, die wir zunächst erreichten,-lag am rechten Ufer
des Nil, wo der wahrscheinlich altägyptische Name derselben *) sich noch
in dem des schlechten Dorfes Eieids erhalten hat. Ihren alten Glanz beweisen
die Reste dreier Tempel und eine starke Umfassungsmauer aus ungebrannten
Ziegeln, von 24 bis 30 Fufs Dicke, die, obgleich man hin und
weder die Steine gewaltsam herausgebrochen hat, noch sehr fest ist. Jeder
dieser Ziegeln, aus Lehm mit gehacktem Stroh vermischt, ist 18 Zoll lang,
7 Zoll breit und 4 Zoll hoch. Der Umfang dieser Mauer beträgt an 2000 Fufs.
Innerhalb derselben liegen die Ruinen des Tempels der ägyptischen Lucina
Uder Geburtsgöttin, welche gewöhnlich den Namen Bubastis fuhrt und der
griechischen Diana für gleichbedeutend gehalten wurde **). Zwar haben
nur sechs Säulen und ein mit Bildwerken und Hieroglyphen geschmücktes
Gemach desselben sich erhalten , aber aus den vorhandenen Substructionen
geht hervor, dafs er sehr bedeutend gewesen seyn mufs, und, wie der
zu Edfou, mit einer Mauer von Quadern eingeschlossen war. Beträchtliche
Excavationen würden indefs erforderlich seyn, um über die Einrichtung
des Baues Aufschlüsse zu erhalten. In der Nähe des Tempels befinden sich
Beste anderer Gebäude und eines heiligen Teiches. Tafel XX. Fig. 3. ist
*) Der Name der Göttin LlMiB-via, obgleich gräeisirt, scheint nicht griechischen Ursprungs
zu seyn.
**) Man vergleiche die Erklärung von T a fel X X . Fig. 3. und T a fel X X I I I . Fig. 4.