einer Lanze etwas undeutlich gewordenes, vielleicht eine Schildkröte, die
nach mehreren Anzeichen für ein typhonisches Thier galt r).
Der hierauf erscheinende Gott kann nicht wohl ein anderer seyn, als
H e r k u l e s , nach ägyptischem Mythus ein Sohn des Ammon, zu den zwölf
Göttern der zweiten Ordnung gehörig *), und, wie Osiris, ein siegreicher Be-
kämpfer des-Antaus. Herkules ist nämlich die personificirte Kraft der Götter,
nach der Bedeutung seines ägyptischen Namens, Sjom; Diodor nennt ihn sogar
den Feldherrn des Osiris. Auf seinem Haupte scheint eine Sphäre zu ruhen,
in welchem symbolischen Zeichen vielleicht der Ursprung der griechischen
Fabel zu suchen ist, dafs Herkules einst das Gewölbe des Himmels getragen
habe. Die Aegypter dachten sich ihn aber, nach seiner Rückkehr zu den
Wohnungen der Götter, als schützenden Begleiter der Sonne 3), mit der
er den Thierkreis kämpfend durcheilt, und der Planet Mars (Artes oder
JZrtosi 4), von alten Schriftstellern bald der Tödter, bald der Befruchter gedeutet),
war ihm geweiht. Daher die zahlreichen Inschriften: HERCYII
INVIGTO COMITI, dem unüberwindlichen Begleiter Herkules!
Dafs übrigens die sphärische Darstellung des Sternenhimmels den
Äegyptern nicht unbekannt war, beweist die jetzt zu Paris befindliche Sphäre
aus dem Tempel der Venus Urania zu Tentyris, welche man unrichtig einen
Thierkreis zu nennen pflegt. Auf dem noch erhaltenen Grabe des Osymandyas,
Theben gegenüber an der libyschen Seite des Nil, war einst ein Sternenkreis
oder eine Sphäre von Ungeheuern Dimensionen aufgestellt s).
Höchst merkwürdig ist die folgende Göttin mit dem symbolischen Haupt
eines Schaafes oder Widders, auf welchem die Sonnenscheibe mit dem
Zeichen des Agathodämon ruht. Es kann nämlich keinem Zweifel unterliegen,
dafs hier, so unerwartet es scheinen mag, M i n e r v a dargestellt sey,
die geheimnifsvolle Göttin von Sais und Mutter der Sonne.
1 ) Man sehe unsere T a fel X X I . Fig. 2.-, nebst der Erklärung, cf. Descript. de PEg. •
pl. 59- Fig. 6.
2 ) H e r o d ö t. I I , 42. 43. 3) P l u ta r c h de Is. e t Osir. c. 4t.
4) J a b lo n s h y , Pantheon I I , p. 132. 133. 5) D io d o r . 1 , 49.
Nach Strabo verehrten die Thebaiten und Saiter das Schaafgeschlecht '),
I und Münzen bestätigen diese Angabe; der Minerva wie dem Ammon war
I das Himmelszeichen des Widders geheiligt 2): da nun der Gott von Theben
I aus diesen Gründen mit dem Widderkopf erscheint, so ergiebt sich daraus
I fiir die Bildung der Saitischen Göttin eine nicht abzuweisende Folgerung.
I Der widrige Nebenbegriff, der uns auf den ersten Blick eine solche Darstel-
I lung der Minerva bedenklich und unangenehm macht, verschwindet bei der
[ Betrachtung, dafs eben in dieser symbolischen Bildung der mannweiblichen 3)
I Sonnenmutter der Ursprung des Glaubens zu suchen ist: Minerva sey die
IVorsteherin aller Webereien und Wollenarbeit 4), die friedliche Werk-
Imeistcrin. An dem erhaltenen Friese des Tempels, welchen Domitian ihr zu
(Rom an dem Forum, welches davon das palladische hiefs, errichtete, sehen
Iwir noch jetzt alle Arbeiten der Wollebereitung in schönen Reliefs dargestellt.
(Selbst in griechischen Werken der höchsten Kunst sind auf dem Vorsprunge
■des Helmes der Minerva nicht selten Widderköpfe gebildet s); in welcher
(Beziehung, bedarf jetzt keines Zwistes mehr.
Ob übrigens die Tempelstatue der Minerva zu Sais, mit-jener geheimnifs-
Ivollen Inschrift, durch den Kopf des ihr geheiligten Thieres bezeichnet War,
■kann niemand zu behaupten sich getrauen; ihre Bildung war Mysterium.
(Nur selten erblicken wir die Isis mit dem Kopfe der ihr geweihten Kuh
lausgestattet, gewöhnlich erscheint sie in rein menschlicher Bildung; Osiris
(und Horus werden falkenköpfig dargestellt, aber auch ganz als menschliche
Könige. Für die Richtigkeit der Auslegung des uns jetzt beschäftigenden
(Wesens, als Mmerva, bürgt übrigens die Sonnenscheibe auf dem Haupte der
(Göttin, die als Mutter des Helios schon oben genannt ist Wir werden im
1) S tr a io X V I I . pag. 812. H e r o d o t. I I , 42. C lim . A l e x . P r o tr . p. 25. Sylb.
I 2) M a n il iu s I I , 439. l y , ,2 4— 135. 3) H o r a p o l io I , 12.
I V ü v id . fa s t. I I I , 817 — 822..
[aus! Z B a” ei" er sc*'önen ®“ste <ler Minerva im Pio- Clementinisehen Museum, bei deren
f S 'fT® VlscoMl zweifelhaft ist. Auch ein Paar Minervenlöp^ der Königlich Preußischen Samm-
■ "® ben len® symbolische Helmzierde.