aufgestellt. Dicht aufserhalb der Ringmauer befindet sich ein sumpfiges
Wasser, dessen widrige Ausdünstungen, die besonders Morgens und Abemh
sehr beschwerlich waren, der Gesundheit nachtheilig seyn müssen. Dje
Einwohner von Siwah werden auch jährlich, wahrscheinlich aus diesem
Grunde, von bösartigen Fiebern heimgesucht, wovon sich bei meiner Anwesenheit
noch Spuren fanden. Sogar der ganze Boden des geräumigen Platzes
wo ich gelagert war, schien mir mephitische Dünste auszuhauchen; kein
Wunder, dafs die hiesige Luft, besonders Fremden, wie Browne bemerkt,
leicht verderblich wird. Merkwürdig aber schien mir die Behauptung, die
ich gleich anfangs hörte und die mir später bestätigt wurde, dafs die Pest
in Siwah niemals herrsche. Ein Beweis mehr, dafs dieses Miasma sich nicht
durch verdorbene Luft erzeugt, sondern blos durch körperliche Berührung
fortpflanzt, also im Orient, wie es in Europa geschehen ist, durch fortgesetzte
Sorgfalt ausgerottet werden könnte.
Sobald mein Zelt errichtet war, liefs ich die angesehensten Männer des
kleinen Staates, nämlich das schon erwähnte erste Oberhaupt der Religion
und einige Scheiks zu mir einladen. Sie kamen ungesäumt, und ein förmlicher
Divan wurde eröffnet, zu welchem sie auf die Fersen niederhockten,
oder mit untergeschlagenen Beinen umhersafsen. Ich trug ihnen vor, „daß
ich zu einem friedlichen Besuch zu ihnen gekommen sey, bezog mich auf
die schon übergebenen Empfehlungsschreiben des Pascha, und ersuchte sie,
mir die Besichtigung aller Merkwürdigkeiten ihres Landes zu verstauen, zu
welchem Ende sie mir einige sachkundige Führer aus ihrer Mitte beigeben
möchten.“ Sie erklärten sich zwar dazu bereit, äufserten aber zugleich
ihre vielfachen Bedenklichkeiten. Nichts ging deutlicher daraus hervor, als
die unendliche Wichtigkeit, welche dies abgesonderte Völkchen seinem
Lande und Allem darin befindlichen beilegt. Besonders schienen sie io
Furcht, dafs ich zauberische Kräfte zu ihrem Verderben in meiner Gewalt
habe; denn alle Denkmäler in und um Siwah, besonders die Katakomben,
sind nach ihrer Meinung gleichsam gebannt und in dem Schutz geheimnils*
voller, feenartiger Mächte.
Ihre abergläubische Eifersucht äufserte sich darüber ganz unbefangen:
■„Nach dem Besuch des ersten Franken, der zu ihnen gekommen und
»ogieich in die unterirdischen Wohnungen eingedrungen sey, habe eine
■Quelle zu fliefsen aufgehört, und auch später, wie sie behaupteten, nicht
■mehr so viel Wasser gegeben, als vorher.“ Kein anderer kann dieser Reilende
gewesen seyn, als Herr Browne, der 1792 zuerst nach Siwah vordrang.
l,Auf einer Insel des Birket-El-Araschi, eines kleinen Landsees, der in
■beträchtlicher Entfernung nordwestlich von Siwah liegt, sey der Bing, das
mßchivert und die Krone des Königs Solomon vergraben,“ dieses Erzzauberers
■nach der Meinung des ganzen Orients, „und ihnen stehe das gröfste Ver-
■derben bevor, wenn diese Stücke entwendet würden; es sey aber eine
■ebensgefährliche, schreckliche «»Unternehmung, die sie mir wohlmeinend
fcviderriethen. “ Sie fürchteten diese Entwendung übrigens blos durch Zau-
fcergewalt; denn da es auf dem ganzen See kein Boot giebt, und kein Holz
Kn der Nähe ist, um eines zu verfertigen, so müfste man wirklich ein Hexen-
■meister seyn, um hinzugelangen.
Vor einigen Jahren wurden sie indefs sehr ernstlich wegen dieser Schätze
Kn Schrecken gesetzt. Ein französischer Oberst, Herr Biitin, der später in
■Syrien ermordet wurde, kam nämlich in Siwah mit einem tragbaren Boot
ln , welches er zur Beschiffung des Birket-El-Araschi, und zur Untersuchung
■der angeblichen Denkmäler jener Insel, bei sich führte. Nicht so bald hatten
ibe Siwaher die Bestimmung dieses Geräthes bemerkt, als sie gegen den
lermeinten Zauberer .die Waffen ergriffen. Herr Bütin rettete nur mit
Blühe sein Leben, und das Boot wurde verbrannt. Jetzt erlauben sie den
Besuch des Sees, soweit sie es hindern können, gar nicht mehr, und hätten
lieh auch sehr gern der Verbindlichkeit entzogen, mir ihre anderen Herrlichleiten
zu zeigen. Allein da ich zu ihrem Erstaunen nach allem Bekannten
»agte, so fingen sie an zu glauben, es werde vergebens seyn, mir etwas zu
■erheimlichen, und die Furcht vor dem Pascha that das übrige. Ich erhielt
■olle Freiheit, alles zu Untersuchen und zu zeichnen, wodurch sie, nach
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