Unerwartet trat gegen Abend A b u - B r ik in mein Zelt, der oben
erwähnte Morabeth, welchen Herr E l - G a r b i mir mitgegeben, und dessen
Abwesenheit ich bei der Verwirrung unsers Zuges, wo alle vereinzelt umherschweiften,
gar nicht bemerkt hatte. Er brachte mir einen Brief von Herrn
D r o v e t t i , worin mir angezeigt wurde, der tripolitanische Consul habe
sich geäußert, dafs er, wofern wir ohne diesen Menschen unsere Reise fortsetzten,
für nichts haften könne. Es ergab sich nun, der Scheik habe ihn
schon von Marabout ohne mein Vorwissen nach Alexandrien zurückgesandt
A b u - B r ik hatte sich dort bei seinem Consul gemeldet, und war nach
Verabredung desselben mit Herrn D r o v e t t i mir wieder nachgeschickt.
Die Contestation, die hierüber mit dem Scheik entstand, wurde sehr
ernsthaft. Er weigerte sich, ihn mitzunehmen, indem es seiner Ehre zuwider
sey, einem fremden Führer zu folgen. Er könne den Weg selber
finden, und werde auf keinen Fall das Einreden eines Morabethen zugeben,
noch ihn bezahlen, wozu er sich doch in Alexandrien verpflichtet hatte.
Ich dagegen erklärte, ohne denselben keinen Tag länger mich und meine
Begleiter ihm anzuvertrauen. Er solle auf seine Kosten sofort ein Kameel
für A b u - B r i k herbeischaffen und ihm das versprochene Honorar zahlen,
widrigenfalls sey die Expedition hiermit geendigt. Meine Gefährten stimm,
ten mir hierin vollkommen bei; und da .der Scheik fortfuhr, sich aufs
übermüthigste zu weigern, liefs ich die Zelte abbrechen, und alles zur
Rückkehr vorbereiten.
Wüthend berief nun der Scheik die ältesten der Araber zu einem
Divan, der bald sehr stürmisch wurde. Unter sich uneins, brachen sie ihn
zweimal ab, erneuerten aber immer ihr Gezänk, ohne dafs der Gegenstand
ihrer Verhandlungen uns deutlich wurde.
Eiligst kam während derselben der Mameluck zu mir mit der Warnung,
es sey Zeit, die Waffen zu ergreifen. Bei den Arabern Würden
Vorschläge gehört, die das Aeufserste befürchten liefsen. Man wolle uns
ermorden und ins Tripolitanische flüchten. Wir nahmen unsere Waffen
zur Hand, traten zusammen und erwarteten ruhig den Ausgang.
Unsere Kaltblütigkeit und die getroffenen Vorsichtsmaafsregeln hatten
indefs dem Scheik imponirt, und seine Wuth schien besänftigt. Er trat
freundlich zu mir, erbot sich, den Magrebinen mitzunehmen, und es der
Entscheidung derjenigen Herren, welche die Karavane organisirt hatten, zu
überlassen, ob er oder wir ihn bezahlen sollten, und im ersten Falle ihm
bei der Rückkehr nach Alexandrien noch ein reichliches Geschenk zu geben.
Ich fafste nun die Hoffnung, der Scheik werde, wenn auch nicht aus gutem
Willen, doch aus Furcht, sich künftig geziemender beweisen. Er versprach,
die versäumte Zeit durch eiligere Märsche nachzuholen. Es war allen, so
;wie mir selber, unangenehm, ein lange vorher entworfenes und besprochenes
Unternehmen so bald aufzugeben. Wir beschlossen daher, weiter zu
■ziehn, und der Aufbruch wurde von mir auf den folgenden Morgen um
■ 4 Uhr angesetzt.
Der Lagerplatz El~Harnam, wo wir einen so unangenehmen Tag hin-
ibrachten, war reich an kleinen Vögeln, unter denen die gar zudringliche
■Bachstelze, sich auszeichnete. Eine zahllose Menge von Fliegen schien sie
Ihieher zu locken; auch fanden sich häufig Scorpionen.
Statt am 12ten um 4 Uhr aufzubrechen, konnten wir erst gegen 7 uns
■in Bewegung setzen. Der Scheik behauptete zwar, Kameele eingekauft zu
■haben, allein die Zahl der unsrigen hatte sich gleichwohl verringert. Dies
fenachte eine Umpackung nöthig, wobei neue Schelmereien vorfielen, wie
■sich später auswies. Wir mufsten auf zwei Tage Wasser mitnehmen; die
Beduinen sorgten aber dafür, die Wasserschläuche auf unsere Proviantsäcke
Izu legen, wodurch unsere Efswaaren verdarben, indem das Wasser auslief.
Kie hatten nämlich die Schläuche nicht geölt — -eine nothwendige uns
■unbekannte Vorsicht — und solche früher scharf gefaltet unter die Sättel
feelegt, wodurch sie brüchig geworden waren.
Die Gegend, welche wir darauf durchzogen, unterschied sich nicht
■wesentlich von der vorigen. In einiger Entfernung zur Linken erblickte
■man wieder einen Höhenzug mit einem Absätze.