bedeute das künftige Leben r). Als Zeichen des Heils und der Rettung fand
man es auch in einer Prophezeiung des Ezechiel, wo' die, welche dem
Verderben entrinnen sollen, nach der lateinischen Vulgata, mit einem Thau
an ihrer Stirne bezeichnet werden 2); bei welcher Uebersetzüng, oder -vielmehr
Beibehaltung des ursprünglichen Wortes, Hieronymus sich auf die
älteste Form jenes Buchstabens beruft, wie sie wirklich auf phönizischen
Münzen vorkommt.
Allein ungeachtet seiner Aehnlichkeit mit dem Buchstaben T des frühesten
wie des jetzigen Alphabets, ist dieses Zeichen unstreitig • älter als alle
Buchstabenschrift. Hier bietet nun ein griechisches Symbol, das man in
seinem Zusammenhänge mit jenem ägyptischen nicht genug beachtet zu
haben scheint, uns einen willkommenen Aufsehlufs. Die Griechen legen
mehreren ihrer Götter in mystischer Beziehung einen Schlüssel bei (S™
xAsiioi^o;), und einen Schlüssel führten auch die Priesterinnen der Ceres
als Zeichen ihrer Würde 3). In älterer Zeit geschieht desselben nur selten
Erwähnung, Aeschylus nennt Minerva die Schlüsselfuhrerin der Heergeräthe
Jupiters 4), Euripides den Eros den Kleiduchen der Lagerstätten Aphroditens fj
Häufiger wird er von Späteren erwähnt, theils weil die Religion immer mehr
Ausländisches aufnahm, und die griechischen Schriftsteller sehr oft nicht
mehr Hellenen, sondern Aegypter, Syrer und Phönizier waren, theils auch
weil durch Indiscretion der Geweihten ein mystisches Symbol nach dem
anderen aus dem Geheimnifs hervortrat. Nirgends aber kommt der Schlüssel
öfter vor, als in den orphischen Hymnen, die, wenn gleich zum Theil in
später Zeit, doch offenbar zum Gebrauch bei den Mysterien gedichtet wurden.
Dort nun führt Eros den Schlüssel des Weltalls 6), und wie er auch
1 ) R u f in u s Hist. Eccles. I I , 29. enc! aus ihm S o c r a t e s E , 17. und S o z om em V U 116,
2) E z e c h . I X , 4. E t signa th a u super fro n te t viforum gementium. Ibid. v, 6- thnnem
autem, super tpiem videritis th a u ., ne occidatis. Man sehe die Bemerkungen von Grotim
und M i c h a e l i s zu dieser Stelle; jener stimmt im Wesentlichen dem Hieronymus bei.
3) C a llim . hymn. in Cer. 45. 4) A e s c h y l . E um e n . 827. 828.
5) E u r ip . H ip p o l y t . 542 — 544. 6) H ym n . O rp h . L E I I I .
H e k a t e u n d Prothyräa z), Aidoneus den Schlüssel der Unterwelt 2), Proteus
Jen Schlijssel des Meeres 3), der Genius den Schlüssel der Trauer und
Lust4)- Der Sinn ist sonach klar: der Schlüssel bezeichnet bei jedem Gott
den Kreis seiner Herrschaft, und erhält seine nähere Bedeutung erst durch
die Hand die ihn fuhrt. Bei der Cerespriesterin aber ist er das Symbol der
Weihe, der Bewahrung der Geheimnisse und des göttlichen Schutzes.
Dies alles gilt nun auch von dem ägyptischen Zeichen, und nur auf
diese Weise gefafst, wird das beständige Vorkommen desselben erklärlich.
In der Hand des Hermes ist es der Schlüssel der Weisheit, bei Ammon und
Osiris Nil- und Jahresschlüssel, bei Typhon Schlüssel des Unheils, bei
Sarapis Schlüssel der Behausung der Abgeschiedenen, also Zeichen des
künftigen Lebens, und so durch alle Reihen der Götter. Ueber den Königen
schwebend ist es Symbol der göttlichen Obhut, in der Hand der Priester
Zeichen der Weihe und des Heils. Daher erscheint es, auf der vor mir
hegenden Zeichnung eines Reliefs zu Luxor, sogar an den Enden der Stricke,
woran Opferstiere geführt werden, und in den Tempeln sehr häufig blos
als heiliger Zierath, aber einst nur den Geweihten sichtbar und verständlich.
Dafs es wirklich ein Schlüssel, und nicht etwa blos ein symbolisches
Geräth sey (was es später unstreitig wurde), ergiebt sich aus der Einrichtung
des ägyptischen Schlosses, das auch bei den älteren Griechen in Gebrauch
war. Der Riegel an diesem wird nämlich beim Vorschieben und Verschliefsen
durch einen metallenen Zapfen, der in ein Loch desselben herabfällt, festgehalten,
und will man ihn wieder beweglich machen, um die Thüre öffnen
zu können, so mufs jener Zapfen zurückgeschoben werden 5). Darum hat
auch der Schlüssel kein Bärtchen, wie die unsrigen, sondern einen Queer-
1) H ym n . I I . und I I I . 2_) H ym n . X V I I I . cf. P q u s a n . V , 20.
3) H ymn. X X V . 4) H ym n . L X X I1 I.
5) Ein solches Schloß; das noch jetzt in Siwah und bei den libyschen Beduinen in Gebrauch
ist, liegt vor mir, der herabfallenden Zapfen an demselben sind fünf. Ueber das altgriechische
Schlofs sehe man bei S c h n e id e r die Worte: ßixottos, ßet\*i<»y^ec, "(¿»i etc, cf. O d y s s . I , 442.
HHI, 46 • 50.
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