verwundeten wird nachgesetzt; einen unversehrten Straufs würde selbst der
schnellste Reiter vergebens einzuholen trachten. Der Scheik erlegte einst mit
seinem Vater und Schwager auf einem solchen Zuge, der neun Wochen
dauerte, einige vierzig Straufse, für deren abgezogene Häute mit den Federn
sie in Cairo gegen 1500 spanische Thaler bezahlt erhielten.
In der Nähe der Natronseen giebt es viel wilde Kühe, aus dem Geschlecht
der Antilopen, die von rother oder weifser Farbe, aber kleiner als die unsri-
gen sind. Sie haben lange spitzige Hörner und ihr Fleisch soll sehr .schmackhaft
seyn; allein sie sind aufserordentlich scheu und flüchtig. Ich stiefs auf
mehrere Heerden derselben, aber es war immer vergebens, ihnen nachzusetzen.
In der Nähe der trinkbaren Wasser fanden wir oft ihre Fährten,
mit denen der noch flüchtigeren Gazelle, und an solchen Plätzen dürfte
man am sichersten mit Erfolg ihnen nachstellen.
Der ganze Abschnitt der libyschen Wüste, den ich durchzog, wird von
sogenannten Fellahs oder Ackerbauern, von regelmäfsigen Beduinenstämmen
und von einzeln herumziehenden Arabern bewohnt.
Die Fellahs haben feste Wohnplätze in der Nähe der Brunnen und
Zisternen, nähren sich von etwas Ackerbau und von Viehzucht, gelten aber
für feig, knechtisch und träge. Sie sind von starkem Muskelbau, so dals
sie mit leichter Mühe sehr beträchtliche Lasten bewegen; man hört sie hei
jeder Arbeit singen und sich gegenseitig aufmuntern. Gewöhnlich sind sie
fanatische Muselmänner, und die Dürftigkeit, in die man sie versunken
sieht, mag eben so sehr von dem Druck einer habsüchtigen Regierung, als
von natürlicher Trägheit und Genügsamkeit herrühren. Hätten sie Aussicht,
die Früchte ihrer Arbeit unverkümmert zu geniefsen, so wäre der Boden,
den sie bauen, oft eines reicheren Ertrages fähig. Jetzt bietet ihr Zustand
ein Bild der versunkensten Armseligkeit; indefs sind sie, wie alle Araber,
mäfsig und gastfrei.
Die Beduinen wohnen niemals in Häusern, .sondern in beweglichen
Lägern, beschäftigen sich aber keinesweges ausschliefslich mit Viehzucht.
Einige Stämme besorgen den Transport des Natrons, andere den der Kohlen,
ährend noch andere der Geleitung der Karavanen sich unterziehen. Ihre
Sitten bilden mit denen der Fellahs, die sie verachten, einen auffallend
e n Gegensatz; das Gemälde, das ich von ihnen entwerfen mufs, verlangt
aber noch dunklere Schatten. Der Beduin ist durchdrungen von dem
Gefühl seiner Unabhängigkeit, herrisch und stolz; aber einem Stärkeren
gegenüber in eben dem Maafse kriechend und unterwürfig. Mäfsig und gastfrei
theilt er von seinem Vorrath dem Fremdling mit, der ihn anspricht,
ohne zu fragen, welches Glaubens und Volkes er sey, der ärmste unter
ihnen nimmt Platz an dem Tisch des Vornehmsten, ohne dafs er befürchten
darf, abgewiesen zu werden; allein er fordert auch, oder nimmt selbst
ohne Umstände, was er nöthig hat, und führt die Gastfreiheit gewaltsam
herbei, indem er fremden Kornes und Viehes, “wie dies unter meinen Augen
öfter geschah, nach dem Recht des Stärkern sich bemächtigt. Die patriarchalische
Sitte des gemeinschaftlichen Salz- und Brodt-Essens besiegelt noch
immer jeden Vertrag; allein der Beduin hält keinen Eid für bindend, sobald
Furcht oder Eigennutz ihn zum Verrath auffordern, er ist beständig auf der
Seite des Stärkeren oder der siegenden Parthei, wer ihm länger traut, als
er Gewalt über ihn hat, ist verloren. Ihr Hang zum Frohsinn ist auffallend;
aber Schadenfreude, sarkastische Bitterkeit, Betrug und Bosheit sind die
gewöhnlichsten Anlässe ihrer Lustigkeit Wie Kinder beneiden sie sich den
geringsten . Vorzug, und sind unter einander' in beständigem Zwist. Ihre
Rachsucht ist unversöhnlich und dürstet nach Blut; eines Besiegten zu schonen
verachten sie; wo sie ihr Uebergewicht können geltend machen, sind
sie unerträglich. Die Einfalt ihrer Sitten hindert sie nicht, sehr ausschweifend
zu seyn, syphilitische Krankheiten sind daher unter ihnen häufig, und
unnatürliche Wollüste fast allgemein herrschend.
Das hier Gesagte gilt von allen libyschen Beduinenstämmen, so weit ich
sie kennen lernte; doch mögen einzelne Individuen oder ganze Stämme
anderer Gegenden vielleicht eine Ausnahme machen. Ihre Sitten sind im
übrigen immer dieselben: sie mahlen das Korn mit Handmühlen, backen ihr
Brodt auf glühenden Steinen, geniefsen oft blos Datteln, selten Fleisch, trinken