voranlaufenden Jais rufen von allen Seiten: Regleh! (nehmt die Füfte in
Acht!) Al-Ems du (zur Rechten!) Schmalek (zur Linken!) Um nicht aufgehalten
zu werden, thut man wohl, sich der Esel zu bedienen, deren der
Angabe nach 20- bis 30,000 zum Vermiethen bereit stehen, und die von
eignen Bereitern zu einem schnellen Pafsschritt eingeübt sind. Die besten
kommen aus Oberägypten, besonders aus der Gegend von Akhmim, sind
grofs und stark, und ein gut berittener Esel wird oft mit fünfzig bis hundert
spanischen Thalem bezahlt. Für einen Piaster, nach jetzigem Cours
etwa zwei und einen halben Groschen Preufsisch, kann man einen bedeutenden
Ritt machen, und der Besitzer oder Führer des Thiers rennt, jene
Warnungsworte schreiend, voran.
Die Höhe der Häuser verbannt aus den Strafsen das Sonnenlicht, und
wo diese sich nur etwas erweitern oder Bazars angelegt sind, wird ein Dach
von sehilfmatten aufgestellt, um allenthalben im Schatten zu wandeln. Von
beiden Seiten sind die Gassen mit Buden und Waaren verlegt, die meisten
Künstler und Kaufleute treiben ihr Gewerbe vor den Thüren, und das
Getümmel ist betäubend.
Die Bauart der Häuser ist schlecht, höchstens wird das unterste Stockwerk
aus Quadern aufgefiihrt oder damit verkleidet; die obern Stockwerke
und häufig ganze Häuser, die aufserdem mit Erkern und Kiosks überladen
sind, werden blos aus Lehm und Holz erbaut, so dafe viele, den Einsturz
drohen oder wirklich in ihrem Schutte liegen. . Dies ist um so unverzeihlicher,
da der nahegelegene Mokatamberg wohlfeiles Material zu dauerhaften
Bauten im Ueberflufs liefert. Bei meiner Ankunft in Cairo waren einige
Hauptplätze der Stadt, durch das übertretende Wasser des Nil, noch m
stehende Pfuhle verwandelt, bei meiner Rückkehr aus Oberägypten fand ich
sie grün bewachsen. Dies kann der Gesundheit der Einwohner unmöglich
zuträglich seyn; man würde wohl thun, die sich immer vermehrenden Schuttberge
vor den Thoren zur Erhöhung dieser tiefliegenden Plätze zu verwenden.
Die vielen Moscheen sind zum Theil wahre Muster der s a r a z e n i s c h e n
Architectur; ich besuchte zwei derselben in Gesellschaft des s c h w e d i s c h e n
General-Consuls Herrn B o k ty , eines geborenen Levantiners. Besonders
usgezeichnet ist die des Sultan Ahmed-Ebn-Telun, nach dem Muster der
großen Moschee zu Mekka, jedoch etwas kleiner, angelegt; aber sie verfällt
und nichts geschieht, um sie in baulichem Stand zu erhalten. Die herrliche
Moschee des fatimitischen Kalifen El-Hakem liegt halb in Trümmern und
w'rj zum Gottesdienst nicht mehr benutzt, viele Theile sind sogar wegge-
b r o c h e n , um s;e bei neuen Gebäuden zu verwenden. An dieser und anderen
Moscheen sind die Fronten, Thüren, Thürme, Kuppeln, besonders die
Verzierungen oft höchst geschmackvoll und reizend *). Ich bemerkte auch
architectonische Spielereien, zwei Minarets, die, nach Art der Thurme von
Pisa, Bologna und Gelnhausen, schiefhängend erbaut sind.
In der Citadelle befindet sich der, von einem Kalifen des Namens angelegte,
Josephs - Brunnen, dessen Sohle 276 Fufe tief seyn soll; er ist in zwei
Stockwerken im Felsen ausgehauen, und ein sehr jäher Wendelgafig fuhrt
bis ganz hinab. Eine Oeffnung über der ersten Terrasse gilt für das Grab
des Patriarchen Joseph. Das Wasser wird durch einen sogenannten Rosenkranz
aus Töpfen in die Höhe gebracht; wer aber Brunnen, wie den des
Königsteins in Sachsen und andere ähnliche, gesehen hat, geräth über die-
sen in kein Erstaunen.
Auch die sogenannten Kornspeicher Josephs werden auf der Citadelle
gezeigt, und sind von demselben Kalifen erbaut. Ihre gröfste Merkwürdigkeit
sind die hohen Säulen, welche die luftigen Hallen derselben unterstützen,
indem die meisten aus den Ruinen von Memphis herrühren, so wie drei
andere, welche vor einer abgebrannten Moschee noch aufrecht stehen; dui ch
Ueberarbeiten haben sie ihre antike Form indefs zum Theil eingebüfst.
Der abgebrannte Palast des Pascha, der ebenfalls auf der Citadelle liegt,
ist ziemlich wieder hergestellt und ganz hübsch. Von seinen Sälen, Ge-
*) Ich habe einem sehr geschickten Zeichner den Auftrag ertheilt, das Interessanteste dieser
Gebäude zu zeichnen, und schmeichle mir, falls nicht besondere Hindernisse eintreten, dem kunstliebenden
Publikum vielleicht schon bald das erste Kupferheft hiervon übergeben zu können.
A. d. V.