Lycopolis, wo dieser Sieg entschieden wurde, den Wolf, der auf -vielen
ägyptischen Münzen dem Horus-Apollo zur Seite steht, und sogar zu Delphi
für heilig galt r).
Wenn man nach diesen Erklärungen die Bildwerke des ammonischen
Heiligthums in einen Ueberblick zusammenfafst, so entdeckt sich in ihnen
ein überraschender Zusammenhang. An der Vorderseite waren die Dedica-
tion des Tempels, die Symbole seiner Heiligkeit und die Gebräuche, mit
denen man ihm sich nahen soll, -dargestellt. An den äufseren Seiten fanden
wir die Geschichte des Kampfs, wodurch Ammon.seinen Feinden obsiegte
und die Herrschaft errang. Im Innern enthielt die obere Reihe zur Rechten
den nach überstandenen Kämpfen den Thron einnehmenden Ammon und
die Götter, die, als seine Genossen und Kinder, Mitinhaber des Tempels
sind; die zur Linken dagegen die höchsten Priesterwürden und die gegen
Ammon feindseligen Gottheiten, denen er nach ihrer Bezwingung sich
gnädig erwies. Im mittleren Streifen ist das Opferritual des Tempels und
die Ordnung des Gebets, in Priestern und heiligen Frauen dargestellt, wobei
auch der gedemüthigten Götter nicht vergessen ist. In der untersten Reihe
befand sich zur Rechten der Tod des Osiris und die Trauer um ihn; zur
Linken die Besiegung Typhon’s, des letzten Feindes, durch Horus. Alle
Bildwerke des Tempels bildeten also einen vollständigen Cyclus heiliger
Lehre, in symbolischen Figuren dargestellt; das Gotteshaus selbst war
gleichsam das Lehrbuch des priesterlichen Unterrichts.
Die Kleidungen sind überaus einfach; d e n n obgleich Denkmäler beweisen,
dafs den Aegyptem der Luxus kostbarer Gewänder nicht unbekannt blieb,
so behielt man doch stets in der Darstellung der Götter die durch -uralten
Gebrauch geheiligte früheste Tracht bei, die wenig mehr als die nothdürf-
tigste Verhüllung gewährt. Alle Männer haben blos einen Schurz, oder
vielmehr eine kurze Schenkelbekleidung, deren Gürtel hinten h e r a b f illt-
Man hat in den Gürtelenden einen thierischen Ansatz und sogar das Vorbild
1 ) A e l ia n . H. A n . X I I , 40.
der griechischen Satyrschweife zu sehen geglaubt; allein in den Katakomben
findet man noch jetzt solche Gürtel aufbewahrt, deren feierliche Anlegung,
vie bei den Persern und Indern, vielleicht symbolische Bedeutung hatte.
Sie sind aus feinem, dreifach gefaltetem Leder, mit aufgeprefsten Hieroglyphen
bezeichnet und bisweilen vergoldet; mehrere derselben befanden sich
hei dem verloren gegangenen Theil der Sammlung, nur ein unbedeutendes
Stück ist gerettet Die Tracht der Frauen besteht in einem eng anliegenden
Leibrock, der bis auf die Knöchel reicht. Die grofse Haube bezeichnet
eigentlich die vermählte Frau '), hat aber auch symbolische Bedeutung,
weshalb bisweilen Priester und Geweihte sie tragen, so wie alle Mumien aus
altägyptischer Zeit. Was von Waffen in unsern Bildwerken sich erhalten
hat, einige Helme nämlich, scheint von Erz und zweckmäfsiger Form. Die
Bewaffnung der Aegypter wird überhaupt als sehr vollkommen geschildert 2) ;
nach Herodot hatten die Griechen von ihnen die Gestalt der Helme und
Schilde entlehnt 3); die ägyptische Lanze war von sehr festem Holz und von
ungewöhnlicher Länge.
Noch ein Zeichen darf hier nicht übergangen werden, das, wegen seines
häufigen Vorkommens in ägyptischen Denkmälern, zu fast endlosen Vermu-,
thungen Anlafs gegeben hat; ich meine den mystischen Schlüssel, der auch
hier in den Händen fast aller Gottheiten und Priester erscheint. Bei heidnischen
Schriftstellern geschieht desselben nirgends Erwähnung, ein Beweis,
dafs er nur den Geweihten bekannt wurde. Als aber gegen das Ende des
vierten Jahrhunderts auf Befehl Theodosius des Grofsen der Tempel des
Sarapis in Alexandrien zerstört wurde, kam auch dies Zeichen an das Licht
und veranlafste sehr merkwürdige Erörterungen. Die Christen glaubten ein
wahres Kreuz darin zu erblicken, und bezogen es auf den Heiland, als eine
selbst den Heiden . gewordene prophetische Verkündigung desselben; die
Heiden dagegen behaupteten, es sey ein uraltes Symbol ihrer Religion und
i !Ü|1- Corinth, X I , 5. 10. 13.
2) X e n o p h . C y r o p a e d . V I I , 1. 17. ’3) H e r o d o t. IV , ISO.